Wurz: Räikkönen ist ein "unverstandener Charakter"

Alexander Wurz erklärt, warum sein Ex-Teamkollege Kimi Räikkönen in der Krise steckt, und räumt auf mit dem Image vom emotionslosen "Iceman"

(Motorsport-Total.com/Premiere) - Sollte Kimi Räikkönen heute in Spa-Francorchamps nicht zum vierten Mal hintereinander gewinnen, dann wäre das schon sein neunter Grand Prix ohne Sieg - für den Finnen die längste Durstrecke seit der komplett sieglosen Abschiedssaison 2006 bei McLaren-Mercedes. Sollte er sich nicht bald wieder aufraffen, dann wird der WM-Zug ohne ihn abfahren.

Titel-Bild zur News: Alexander Wurz

Zweifelt nicht am Fahrtalent von Kimi Räikkönen: Alexander Wurz

Die Probleme des Ferrari-Piloten sind ähnliche wie die von Nick Heidfeld: Auf eine schnelle Runde im Qualifying bekommt er die Reifen nicht richtig auf Temperatur, was einen schlechteren Startplatz bedeutet und dann im Rennen meistens entscheidenden Verkehr. Für diese Temperaturprobleme ausschlaggebend ist die seit 2007 veränderte Konstruktion der Bridgestone-Vorderreifen, mit der Räikkönen, Nick Heidfeld und Co. nicht umgehen können.#w1#

Räikkönen ein unverstandener Charakter?

"Er ist ein unverstandener Charakter, weil er wenig Emotionen zeigt und oft falsch interpretiert wird." Alexander Wurz

Einer, der sich gut in den Weltmeister hineinversetzen kann, ist sein ehemaliger McLaren-Mercedes-Teamkollege Alexander Wurz: "Ich kenne Kimi gut, denn ich habe mehrere Jahre mit ihm bei McLaren verbracht. Ich persönlich habe eine Freundschaft mit ihm. Er ist ein sehr unverstandener Charakter, weil er sehr wenig Emotionen nach außen zeigt und dadurch oft falsch interpretiert wird", erklärte der Österreicher.

"Ich erkenne, dass er sich momentan schwer tut und auf der Welle hinten draufsitzt und sie nicht vorne reiten kann", so Hobbysurfer Wurz. "Er läuft seiner eigenen Form nach - und dann wird in der Formel 1 alles viel schwieriger. Eines ist klar: Er ist ein absolutes Naturtalent, das habe ich selbst gesehen. Er hat wenige Schwächen, aber im Augenblick kämpft er - schon seit Saisonbeginn oder seit letztem Jahr eigentlich - mit den Bridgestone-Reifen, die für seinen Fahrstil nicht gut sind."

Beginn einer Abwärtsspirale

"Das war bei mir ähnlich." Alexander Wurz

"Das kann ich auch aus eigener Erfahrung sagen, denn das war bei mir ähnlich. Dann musst du anfangen, die Setups zu ändern, du versuchst dich im Kopf umzustellen, dir einen anderen Fahrstil anzueignen. Das sind alles Dinge, die bremsen dich und kosten ein, zwei Zehntel", erläuterte der heutige Honda-Testfahrer. Diese ein, zwei Zehntel können in der heutigen Formel 1, die so umkämpft ist wie nie zuvor, den Unterschied zwischen Hero oder Zero machen.

Und dann ist da noch der psychologische Faktor: "Die Tatsache, dass wir darüber reden, kommt auch dazu, denn das macht ja derzeit die ganze Motorsportmedienwelt. Das geht nicht spurlos an einem vorüber. Kimi ist kein "Iceman" in dem Sinn, sondern ihn trifft das auch. Er ist ein Mensch wie du und ich. Das macht das Leben viel schwerer", so Wurz, der 2007 bei Williams an der Seite von Nico Rosberg eine ähnliche Situation erlebt hat.