Wurz: "Haben einen großen Schritt gemacht"
Honda-Edeltester Alexander Wurz im exklusiven 'Motorsport-Total.com'-Interview über Fortschritte, Aufgaben und Aussichten
(Motorsport-Total.com) - Die Hoffnung bei Honda ist zurzeit ganz besonders mit zwei Namen verbunden: Ross Brawn und Alexander Wurz. Während der neue Teamchef die Strukturen beim japanischen Rennstall anpassen soll, hat der Österreicher die Aufgabe, den neuen Honda RA108 schneller zu machen. Der 34-Jährige beschreibt im Interview mit 'Motorsport-Total.com' die aktuellen Fortschritte und vor allem die Aussichten für Honda.

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Alexander Wurz hat das Potenzial des neuen Honda RA108 fest im Blick
Frage: "Alex, bevor wir über die neue Saison sprechen, bitte noch einmal ein kurzer Rückblick. Wo lag beim letztjährigen Honda das Hauptproblem?"
Alexander Wurz: "Da gab es die große Umstellung auf die Bridgestone-Reifen vor zwei Jahren und im Zuge dieser Umstellung war es unwahrscheinlich schwierig, die eigentlichen Schwachstellen am Auto herauszufinden. Ich denke aber, dass jetzt alle den Ernst der Situation erkennen und sehr motiviert arbeiten. Aber in der Formel 1 aufzuholen, ist nie einfach."#w1#
Aeropaket bringt Honda nach vorn
Frage: "Ihr habt bei einem Privattest in Jerez ein neues Aeropaket probiert. Welche Ergebnisse hat das gebracht?"
Wurz: "Normalerweise bringt so ein Paket ein bis zwei Zehntelsekunden, aber ich glaube, wir haben in diesem Fall einen großen Schritt nach vorne gemacht. Der war auch nötig, weil wir bei den Wintertests einfach zu langsam waren. Wir können jetzt noch nicht so wirklich einschätzen, ob uns das neue Paket ins Mittelfeld bringt. Wichtig war erst einmal, dass die Neuerungen aus dem Windkanal auch dieselbe Wirkung auf der Strecke zeigten. Wir können mit dem neuen Aeropaket das Auto ganz anders abstimmen."
Frage: "Wo liegen denn zurzeit beim aktuellem Honda RA108 die Stärken und Schwächen?"
Wurz: "Also ein Rennauto kann nie gut genug sein, das ist logisch. Beim RA108 müssen wir ganz einfach an Details feilen und diese verbessern. Heutzutage ist es nicht mehr so einfach zu sagen: 'Aha, das ist der Schwachpunkt.' Es geht immer um die Summe vieler Einzelheiten und Details."
Frage: "Wie viel kannst du vor dem Hintergrund der Testbeschränkungen noch zur Entwicklung in dieser Saison beitragen?"
Wurz: "Gute Frage, die sich schwer beantworten lässt. Vielleicht wäre hier die Antwort von Frank Williams am besten angebracht, als er gefragt wurde, wie er meine Arbeit in meinen zwei Williams-Jahren beurteilt, wo er sagte: 'Alex hat uns bei der Entwicklung des Autos und Teams maßgeblich geholfen.' Dasselbe wird hoffentlich Ross Brawn in Zukunft sagen können."
Testfahrer mit besonderen Aufgaben
Frage: "Wie ist denn deine Arbeit bei Honda überhaupt genau definiert?"
Wurz: "Meine persönliche Arbeit ist immer darauf ausgelegt, die Details zu beleuchten, die Schwachstellen zu erkennen, zu analysieren und dann bei der Lösung aktiv mitzudenken und die Kommunikation bis zur Behebung des Problems mitzuverfolgen. Dies geht jetzt etwas mehr über das normale Testfahrerdasein hinaus, aber das ist die Marktlücke, die ich verstanden habe zu belegen."
Frage: "Kommen wir zum aktuellen Grand-Prix-Geschehen hier in Australien. Die Sonne scheint hier in Melbourne, es weht der Wind, der Strand ist in der Nähe. So kann die Saison ruhig anfangen, oder?"
Wurz: "Mit taugt es super hier in Melbourne, obercool. Allein schon die Stadt, dann Saisonauftakt, coole Stimmung - ich bin sehr gerne hier."
Frage: "Wie empfindet du die neuen Regeln in dieser Saison?"
Wurz: "Wir haben jetzt keine Traktionskontrolle mehr, das wird vor allem beim Start sehr spannend werden. Da kann man als Fahrer einiges verhauen, wenn einem die Nerven durchgehen. Da kannst du gleich einmal einige Plätze verlieren. Es wird für den Zuschauer sicher spannender. Was man nicht erwarten kann, ist, dass wir Drifts haben werden wie in den 70er-Jahren, denn dafür sind die Autos nicht konstruiert und die Reifen und die Aerodynamik nicht passend. Grundsätzlich haben wir aber eine Konstellation, die eine spannende Formel-1-Saison verspricht."
Räikkönen der Favorit zum Auftakt
Frage: "Wie sieht deine Prognose für den Saisonauftakt aus?"
Wurz: "Es wird einen Zweikampf zwischen Ferrari und McLaren-Mercedes geben. Ich tippe einfach mal auf Kimi (Räikkönen; Anm. d. Red.)."

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Alex Wurz in seinem Element: intensive Analyse des Fahrverhaltens Zoom
Frage: "Worauf freust du dich in diesem Jahr am meisten?"
Wurz: "Auf die Testfahrten und natürlich freue ich mich auf Le Mans, aber das ist ein separates Thema. Ich bin echt happy, bei Honda untergekommen zu sein, weil da ist viel Arbeit zu tun und das ist das, was mir Spaß macht. Im Hintergrund an der Technik zu tüfteln und alles zusammenzubringen, damit wir schneller werden, das mag ich."
Frage: "Schauen wir mal etwas weiter in die Zukunft. Wir haben in diesem Jahr erstmals Singapur im Kalender und zwar als Nachtrennen. Wie wird das sein?"
Wurz: "Das ist natürlich noch weit weg. Wir haben neue Rennen im Kalender mit Valencia und Singapur. Das wird lässig sein und für die Show ist es gut. Und wenn Bernie (Ecclestone; Anm. d. Red.) mehr Geld verdient, sind wir alle happy."
Frage: "Viele Teams fangen schon sehr früh mit der Entwicklung des Autos für 2009 an, weil es dann tief greifende Regeländerungen geben wird. Bist du in die Entwicklung dieses Fahrzeugs auch mit eingebunden?"
Wurz: "Es ist noch etwas zeitig für das 2009er-Auto, aber ich gehe davon aus, dort eingebunden zu werden."

