Williams: Von Superhelden, Besserwissern und dem Wettergott

Das Williams-Team wurde im Silverstone-Qualifying unsanft auf den Boden der Realität zurückgeholt - Das erklärte Motto im Rennen: Angriff!

(Motorsport-Total.com) - 14 und 15. Die Startplätze der Williams-Piloten beim Großen Preis von Großbritannien lassen bereits erahnen, wie die Stimmung bei allen Beteiligten sein muss. Felipe Massa kann es nach dem Qualifying in Silverstone kaum glauben: "Wir hatten heute nicht die richtige Strategie. Wir haben definitiv einen Fehler gemacht. Damit haben wir auch die Chance verloren auf einem Startplatz zu stehen, wo wir eigentlich hingehören würden. Viel weiter vorne." Die Entscheidung, für den zweiten Versuch so lange zu warten, sei einfach komplett falsch gewesen, so der Brasilianer enttäuscht.

Titel-Bild zur News: Valtteri Bottas, Rob Smedley

Krisengespräch bei Williams: Valtteri Bottas und Rob Smedley Zoom

Schuld hat auch das Wetterradar der Williams-Mannschaft: "In Q1 hat es auf unserem Radar nicht mehr geregnet. Dem haben sie vertraut, deshalb haben wir so lange gewartet bis wir rausgingen. Trotzdem war es nicht so schlecht. Wir waren Fünfter und Sechstes, dann sind wir wieder reingefahren und danach haben wir zu lange gebraucht in der Garage um die Reifen zu wechseln. Es waren vielleicht eineinhalb Minuten zu viel." Massa glaubt, dass das Team die Situation unterschätzt und auf die leichte Schulter genommen hat. Man habe einfach nicht schnell genug reagiert.

Auf die Frage, ob das Team sich erst wieder an Erfolge und Siege gewöhnen muss, sagt Massa: "Ja, sicherlich." Man müsse sich stetig verbessern und lernen. Die Strategie und die Organisation müssen noch optimiert werden, so der Brasilianer.

Massa: Punkte sind immer noch möglich

"Wir haben für morgen eine Chance im Rennen verloren. Ferrari hat den gleichen Fehler gemacht wie wir. Wir dürfen nicht denken: 'Okay, Ferrari ist hinter uns. Wir kämpfen nun gegen sie.' Nein, so dürfen wir nicht denken", meint Massa. Man müsse sich immer an der Spitze orientieren.

Für morgen heißt sein Zauberwort: Angriff. "Wenn du von hinten startest, dann darfst du keine konservative Herangehensweise wählen. Wir müssen Schadensbegrenzung betreiben." Aber er nimmt trotzdem auch etwas Positives aus der Situation mit: "Wir starten nicht von hinten, weil das Auto nicht konkurrenzfähig ist. Sondern weil wir einen Fehler gemacht haben. Das ist Positiv für das Rennen." Auch Punkte schließt der 33-Jährige nicht aus.

Ob es frustrierend ist mit einem guten Auto so weit hinten zu stehen? "Ja natürlich. Aber es ist besser ein gutes Auto zu haben mit dem man Plätze gewinnen und Leute überholen kann. Man kann zumindest kämpfen. Das ist leichter, als wenn du von hinten startest und du weißt, dass dein Auto nicht gut ist." Insgesamt lobt Massa sein Team. Er habe bereits große Verbesserungen gesehen. Druck verspürt der Brasilianer keinen.


Fotos: Williams, Großer Preis von Großbritannien


Bottas: Am Ende hat das Team das Sagen

Teamkollege Valtteri Bottas resümiert das Qualifying ähnlich nüchtern: "Wie waren unglücklich mit dem Regen am Ende von Q1. Aber manche Autos kamen einfach weiter und mit unserem Auto hätten wir das auch müssen. Das ist im Nachhinein einfach zu sagen. Wir hätten früher rausfahren sollen. Wir müssen noch überprüfen warum wir so lange gewartet haben, um rauszufahren."

Der Finne möchte die Schuld nicht auf das Team schieben. Er erklärt, dass der Fahrer immer in den Entscheidungsprozess eingebunden ist. Und trotzdem verrät er: "Am Ende kommt die Ansage von der Boxenmauer." Bottas spricht ebenfalls das Wetterradar des Teams an, das tatsächlich für Verwirrung gesorgt haben dürfte: "Man sah nichts am Radar, auch als es am Ende des Q1 bereits regnete."

Doch auch mit freiem Auge sei es schwierig gewesen den Regen zu erkennen. "Man konnte nicht so weit sehen, weil der meiste Regen in Kurve sechs und sieben runterkam. Als ich rausfuhr, dachte ich noch, dass das gut werden könnte, aber dann am Ausgang von Kurve fünf sah ich den Regen kommen und es wurde immer mehr und mehr."

Ferrari und Williams gleich schnell?

Sein Ziel für das morgige Rennen ist klar: "Mit dem Auto werden wir morgen trotzdem gute Punkte machen können. Die Ferraris sind hinter uns. Button ist sehr weit vorne, aber wir wissen, dass sein Renntempo nicht so gut ist, also hält er vielleicht ein paar Leute auf. Das könnte eine Chance für uns sein." Außerdem hat der 24-Jährige in Sachen Starts aus den hinteren Reihen Erfahrung: "Ich bin in diesem Jahr schon ein paar Mal von weiter hinten gestartet, und das meist ganz gut. Mit dem Top-Speed sollte es möglich sein zu überholen."

"Morgen wird die Strategie sehr wichtig sein", so Bottas weiter. Könnte er Wettergott spielen, dann würde sich der Finne trockene Bedingungen wünschen. "Wenn ich wählen könnte, würde ich trockene Bedingungen bevorzugen. Mit dem Auto sollten wir dann in eine gute Position kommen. Gemischte Verhältnisse machen es immer ein bisschen schwieriger."

Fernando Alonso, Kimi Räikkönen

Werden sich Williams und Ferrari gemeinsam durch das Feld kämpfen? Zoom

Wie steht Williams im Vergleich zu den Ferraris da? "Wir sollten mit Ferrari relativ gleichschnell und schneller als der ganze Rest sein (ausgenommen Red Bull und Mercedes; Anm. d. Red.). Wir wissen, dass wir morgen noch immer eine gute Chance haben Punkte zu holen." Und auch er sieht es positiv, dass man in diesem Jahr ein konkurrenzfähiges Auto hat: "Im letzten Jahr haben wir uns auch um diese Positionen herum qualifiziert, aber wir wussten, dass wir das Auto nicht haben würden, um in die Top-Zehn zu fahren. Jetzt haben wir die Chance, das ist gut zu wissen. Es liegt jetzt an uns diese Punkte zu bekommen."

Smedley: Fehleranalyse ist angesagt

Williams-Chefingenieur Rob Smedley bringt das Fehlverhalten der Williams-Mannschaft auf den Punkt: "Es ist sehr einfach: Beim letzten Umlauf sind wir zu spät rausgefahren und sind vom Wetter überrascht worden." Es seien eben immer mehrere Faktoren, die dazu führen, dass Dinge nicht so passieren, wie geplant, so Smedley.

Die Aufarbeitung passiert, laut dem Chefingenieur, folgendermaßen: "Wir werden alles analysieren - den Entscheidungsprozess und wie wir alles ausgeführt haben. Man muss rational zurückblicken und fragen, was man mit den Informationen, die man zu diesem Zeitpunkt hatte, besser machen hätte können." Es gehe nicht darum eine einzelne Person ausfindig zu machen, ergänzt der Brite.

"Hätte es geklappt, hätten wir ausgesehen wie Superhelden, aber das ist nicht passiert." Rob Smedley über das Qualifying

Immerhin hätten auch Red Bull und Ferrari Fehler gemacht. "Wir alle kämpfen in der Weltmeisterschaft um die Plätze zwei, drei, vier, fünf. Da muss man viel Risiko auf sich nehmen. Heute hat es nicht geklappt. Hätte es geklappt, hätten wir ausgesehen wie Superhelden, aber das ist nicht passiert. So ist das Leben, so ist die Formel 1."

Im Nachhinein ist man immer schlauer

Es sei auch kein unnötiges Risiko gewesen, das man im Qualifying eingegangen ist, denn wenn es aufgegangen wäre, dann stünde man eben in der ersten Startreihe, erklärt Smedley weiter. "Und um das geht es: die Spitze anstreben. Und manchmal fällt man dabei eben hin", so seine Philosophie. "Du musst durch den Schmerz gehen und auf der anderen Seite herauskommen und etwas gelernt haben."

Smedley erklärt, dass man im Zeittraining die Strategie hatte mit einem Versuch weiterzukommen. Doch man hätte nicht gewusst, dass es auftrocknen würde, daher wurde der Plan durchkreuzt. Er ergänzt etwas stichelnd: "Im Nachhinein ist es einfach zu sagen, dass das die falsche Entscheidung war. Aber wir leben in einer realen Welt. Und ich habe das schon erwartet von den weniger rational denkenden Menschen, dass sie alles perfekt gemacht hätten. Nur muss man bedenken, welche Informationen wir zu diesem Zeitpunkt hatten und wie wir agiert haben."

Rob Smedley

Smedley übernimmt all die Verantwortung für die Fehler im Qualifying Zoom

Für das schlechte Abschneiden der weißen Boliden übernimmt Smedley die volle Verantwortung. "Dafür hat mich Williams geholt. Ich übernehme Verantwortung nach außen hin und auch innerhalb. Es nimmt Druck von den Leuten und es hilft ihnen rationaler zu arbeiten. Ich mag es so zu arbeiten. Um ehrlich zu sein macht mir das nichts aus."

Gutes Auto + gute Strategie = gutes Rennen?

Für das Rennen am Sonntag erwartet er unterschiedliche strategische Zugänge. Auch aufgrund der wechselhaften Bedingungen. "Ich bin mir nicht sicher, ob es eine klare Zweistoppstrategie werden wird. Das hängt davon ab, wie sich die Strecke entwickelt." Eines verrät er doch: "Die ersten zehn Plätze werden auf einer Zweistoppstrategie fahren."

"Was können wir von den Plätzen 15 und 16 machen? Wir haben ein sehr gutes Auto im Renntrimm. Das haben wir am Freitag gesehen." Mit den Rennsimulationen sei er sehr zufrieden gewesen. Und auch weitere Faktoren spielen in die Williams-Karten: "Auch wie das Auto mit den Reifen umgegangen ist. Das kann uns morgen helfen. Und wir haben ein Auto, das überholen kann. Wir haben auch gute Starts gehabt in letzter Zeit."