Williams ist "aus dem Tiefschlaf erwacht"

Chefingenieur Rob Smedley erklärt, wie der gewaltige Performance-Sprung bei Williams Realität wurde: Der Schlüssel liegt nicht im Auto allein

(Motorsport-Total.com) - Nach der desolaten Saison 2013 befindet sich das britische Traditionsteam Williams in der laufenden Saison 2014 endlich wieder auf einem sportlichen Hoch. In Spielberg fuhren Felipe Massa und Valtteri Bottas in die erste Startreihe. Der Finne glänzte seither mit zwei Podestplätzen. Massa hätte vom reinen Tempo her ebenfalls schon mehrfach in diesem Jahr aufs Podium fahren müssen, doch wieder und wieder machten dem Brasilianer technische Probleme, Kollisionen oder falsche Strategien einen Strich durch die Rechnung.

Titel-Bild zur News: Valtteri Bottas

Valtteri Bottas verpasste die Hockenheim-Pole nur knapp Zoom

An diesem Wochenende in Hockenheim ist Williams erneut Mercedes-Verfolger Nummer eins. Im Qualifying verpasste Bottas die erste Pole-Position seiner Karriere nur um etwas mehr als zwei Zehntelsekunden. Teamkollege Massa qualifizierte sich direkt hinter dem Finnen für Startplatz drei. So zeigt man sich bei Williams optimistisch, den Aufwärtstrend der zurückliegenden Wochen weiterhin bestätigten, wenn nicht sogar noch steigern zu können.

"Es ist ein laufender Prozess", bemerkt Chefingenieur Rob Smedley. "Dabei geht es nicht um einen einzelnen Bereich des Teams, sondern darum, aus allen Bereichen das Maximum herauszuholen. Nur so bringt man es zu einem sehr schnellen Formel-1-Auto. Ich habe schon mehrfach betont, dass wir diesbezüglich auf einem guten Weg sind."

Smedley noch nicht zufrieden

"Es ist aber nicht so, dass wir derzeit schon ein sehr schnelles Auto hätten. Schließlich gibt es noch ein anderes Auto, das vor uns liegt", spricht Smedley auf die auch in Hockenheim andauernde Vormachtstellung von Mercedes an und macht gleichzeitig deutlich, dass man bei Williams weiterhin alles daransetzen wird, auch die Silberpfeile noch einzuholen.

"Ich weiß nicht, ob es hier für die Pole gereicht hätte. Ich weiß aber, dass wir vorankommen. Bei Saisonbeginn war der Rückstand auf das schnellste Auto deutlich größer als er jetzt ist", führt der Williams-Chefingenieur an und insistiert: "Es läuft gut. Wir kennen unsere Vorgaben und Ziele. So konzentrieren wir uns in puncto Weiterentwicklung nicht auf einen bestimmten Bereich, sondern auf sämtliche Bereiche. Dabei geht es uns nicht darum, auf den gleichen Level wie die Konkurrenz zu kommen, sondern einen Vorsprung zu erarbeiten."

"Es geht nicht darum, auf den gleichen Level wie die Konkurrenz zu kommen, sondern einen Vorsprung zu erarbeiten." Williams-Chefingenieur Rob Smedley

Als der langjährige Ferrari-Renningenieur von Massa seinen Job als Chefingenieur bei Williams antrat, fand er eigener Aussage zufolge "eine Mischung aus einem Team, das umgekrempelt und einem Team, das einfach nur aufgeweckt werden müsste" vor: "Bestimmte Bereiche des Teams brauchten einfach eine Richtung. Gleichzeitig gab es andere Bereiche, die ihr Potenzial einfach entfalten mussten. Genau das passiert gerade. Man könnte sagen, dass das Team ein im Tiefschlaf befindlicher Riese war."

Schon in der Vergangenheit gute Williams-Autos, aber...

Mit Blick auf die jüngste Vergangenheit bevor er selbst dazustieß, macht Smedley als größtes Hindernis in der Williams-Performance die fehlende Konstanz aus. "Sie haben 2012 einen Grand Prix gewonnen (mit Pastor Maldonado in Barcelona; Anm. d. Red.). Das passiert in diesem erstklassigen Feld nicht mal eben durch Zufall. Das Auto war gut, wirklich gut. Woran es fehlte, das war die Konstanz im gesamten Team. Das sieht man daran, dass sie sich beim Rennen nach dem Sieg schon im zweiten Qualifying-Segment schwertaten", analysiert der Brite.

"Jetzt aber ist die Konstanz da", meint Smedley und unterstreicht nachhaltig, dass bei Williams nicht erst für die Saison 2014 ein schnelle Auto auf die Beine gestellt wurde. "Das Problem in den vergangenen Jahren war aber, dass bei der Weiterentwicklung zuweilen ein falscher Weg eingeschlagen wurde und man dann nicht schnell genug reagieren konnte."

Rob Smedley

Rob Smedley blickt zurück und analysiert die Williams-Schwächen der Vorjahre Zoom

So sei es nicht zwangsläufig immer eine Reihe von Upgrades, die ein Auto im Vergleich zur Konkurrenz nach vorn bringt. "Natürlich haben wir unser Aerodynamikpaket sukzessive verbessert. Auch die Reifen verstehen wir inzwischen deutlich besser. Vor allem aber haben wir unsere Prozesse optimiert", erklärt Smedley und stellt in diesem Zusammenhang die Verdienste von Pat Symonds heraus.

"Als Technikchef findet er genau die Punkte, an denen angesetzt werden muss. Er ist jemand, der genau weiß, was wichtig und was weniger wichtig ist. Auch ich habe viel von ihm gelernt. Wie dürfen den Einfluss, den er auf die Trendwende im Team hat, keinesfalls unterschätzen", so Smedleys Loblied auf Symonds.

Für den anstehenden Grand Prix von Ungarn in Budapest hat man bei Williams "neue Teile im Gepäck", wie der Chefingenieur abschließend betont. Der im britischen Grove beheimatete Riese ist endgültig aus dem Tiefschlaf erwacht.