• 20.04.2013 20:52

  • von Dieter Rencken & Dominik Sharaf

Williams im Schlamassel: Aus die Märchenstunde!

Chefingenieur Xevi Pujolar erklärt, wieso bei Williams nichts läuft, wie es laufen sollte - Problem angeblich gefunden, eine Lösung ist aber nicht in Sicht

(Motorsport-Total.com) - Es ist nur rund ein Jahr her, dass Pastor Maldonado die Williams-Truppe mit seinem Sieg beim Spanien-Grand-Prix in Barcelona aus der Versenkung riss. 2013 ist von der Euphorie um die Traditionsmannschaft nicht viel übrig geblieben. Im Gegenteil: Die Blau-Weißen befinden sich in einer Krise, die in ihrem Ausmaß an das Debakel vergangener Jahre erinnert. Auch beim Qualifying in Bahrain am Samstag machten Valtteri Bottas und der Venezolaner selbst als 15. und 17. keinen Schritt nach vorne.

Titel-Bild zur News: Pastor Maldonado

Maldonado schiebt Frust: Die Pirelli-Reifen wollen einfach nicht funktionieren Zoom

Während Williams zum Saisonauftakt noch im Dunkeln tappte, woran es beim neuen Auto hapert, will Xevi Pujolar mittlerweile einen Schritt nach vorne unternommen haben - zumindest in der Theorie. "Wir verstehen besser, was das Problem ist und wo der effizienteste Lösungsweg ist", bestätigt der Chefingenieur. Worum es ihm genau geht, bleibt ein Betriebsgeheimnis. Nur so viel: Der Katalane will auf keinen Fall das gesamte Personal auf einen Bereich konzentrieren. Es soll weiter an allen Komponenten gearbeitet werden, obwohl man intern einen "Schwerpunkt" ausgemacht hat.

Nachdem der zweigeteilte Coanda-Schacht, den Williams dem FW35 spendiert hatte, von der FIA im Vorfeld der Saison für illegal erklärt worden war, würde es nahe liegen, die Schwachstelle dort zu suchen: "Die Mehrheit des Feldes hat schon im vergangenen Jahr den Coanda-Effekt genutzt. Wir lernen in diesem Punkt noch, während uns die anderen einen Schritt voraus sind. Aber das ist nicht der Grund", entgegnet Pujolar. Auch die neue Bremsanlage habe nichts damit zu tun, warum sich Williams derzeit nicht in der Lage befindet, den zweiten Qualifyingabschnitt respektive WM-Punkte in Angriff zu nehmen.

Fahrer frustriert, Harlow abgesprungen

Durchalteparolen: "Im Moment geht es in die richtige Richtung", verkündet Pujolar, räumt aber ein, dass das Entwicklungstempo nicht stimmt. Nach vier Qualifyings scheint Williams auf der Stelle zu treten. Pujolar ist so ehrlich und räumt ein, dass die Startplätze von Bahrain widerspiegeln, wo sich Williams derzeit in der Hackordnung befindet - zumindest auf einer schnellen Runde. "Die Longruns liegen uns mehr. Nach allem, was wir am Freitag gesehen haben, sollten wir im Rennen stärker sein." Offenbar gibt es neben einem Problem am Chassis auch noch Schwierigkeiten, die Pirelli-Reifen richtig zu nutzen.

Der Chefingenieur, früher nur für Maldonado verantwortlich, räumt ein, dass die Situation für die Piloten alles andere als einfach ist. "Für die Fahrer ist es schwierig, obwohl sie beide sehr ähnliche Leistungen abliefern. Pastor kennt es aus dem vergangenen Jahr, aber er kann nicht so attackieren wie damals. Er verliert mit den Reifen an Selbstbewusstsein", hadert Pujolar, der mit der Bodenfreiheit und der Steifigkeit experimentieren will, um das Setup für andere Kurse passend zu machen. Die Quadratur des Kreises angesichts der empfindlichen Pneus: "Wir müssen etwas fundamental anders machen, obwohl das Fenster dafür extrem schmal ist."


Fotos: Williams, Großer Preis von Bahrain


Außerdem hat mit Dominic Harlow ein leitender Ingenieur Williams nach nur etwas mehr als einem Jahr den Rücken gekehrt. Damals hatten die Verantwortlichen ihn bei Force India abgeworben. "Es stimmt, dass Dominic das Team verlassen hat. Er wollte etwas anderes machen, also haben wir ihn gehen lassen", bestätigt Technikchef Mike Coughlan. Eine Neuverpflichtung hat es nicht gegeben. "Wir haben den Systemingenieur, den wir schon im vergangenen Jahr hatten", erklärt Pujolar, dass man sich in Grove mit einer Neuzuweisung von Aufgaben begnüge anstatt auf dem Personalmarkt aktiv zu werden.

Auto für 2014 (noch) nicht betroffen

"Wir erwarten, in Spanien besser zu sein", sagt Pujolar mit Verweis darauf, dass man sich während der Europa-Saison näher an der Fabrik befände und so schneller Teile liefern könne. Wenn man denn wüsste, welche man ins Flugzeug respektive den Truck packen sollte. "Die Rennen sind sehr dicht beieinander und jeder Grand Prix ist anders, sogar während der Wochenenden verändert sich alles", erklärt der Williams-Mann, für den das Märchen von 2012 längst Schnee von gestern ist. "Wir müssen realistisch sein und einen Schritt nach dem anderen gehen." Beim Wintertest auf dem Circuit de Catalunya gab es bei Williams massives Körnen der Reifen.

Valtteri Bottas

Valtteri Bottas hätte sich wohl einen erfolgreicheren Einstand vorgestellt Zoom

Allem zaghaften Optimismus zum Trotz scheint Williams in dieser Saison beinahe ausgezählt, zumal sich laut Pujolar mit jeder Strecke neue Herausforderungen stellen, bei denen die Truppe von Null beginnen muss. In Grove wird man hoffen, wenigstens dann auf der Höhe zu sein, wenn 2014 die große Regelnovelle mitsamt den Turbomotoren ansteht. "Die aktuelle Situation hat keinen Einfluss auf unser nächstjähriges Projekt", unterstreicht Pujolar, ohne eine Garantieerklärung dafür abzugeben, dass es nicht doch noch soweit kommt. Dann sähe es für Williams wahrlich düster aus.