Williams: "Hand passte auf Anhieb in den Handschuh"
Noch einmal nimmt Sir Frank Williams zur Button-Affäre Stellung - Geld war in den Verhandlungen kein großes Thema
(Motorsport-Total.com) - Frage: "Frank, die letzten Tage waren die Schlagzeilen voll mit der Affäre um Jenson Button. Hast du dazu etwas zu sagen?"
Sir Frank Williams: "Der erste klare und eindeutige Punkt ist, dass wir einen Vertrag mit Jenson haben. Es scheint, dass BAR das anfechten will, aber wir sind der festen Überzeugung - auch auf juristische Beratung hin -, dass BAR die Möglichkeit verloren hat, Jenson zu behalten. Ich habe keinen Zweifel daran, dass Jenson 2005 für das Williams-BMW-Team fahren wird. Was immer auch über vertragliche Angelegenheiten gesagt werden mag, an einer Tatsache gibt es keinen Zweifel - nämlich daran, dass Jenson erhofft und erwartet, 2005 und 2006 für uns an den Start zu gehen. Wir haben zu Jenson ein langes, offenes und ehrliches Verhältnis, seit er mit uns in die Formel 1 gekommen ist. Außerdem haben wir auch vertraglich den Kontakt bis heute nie abreißen lassen. Wir wollten einen privaten Dialog mit BAR, um die vertraglichen Dinge besprechen zu können, aber BAR ist uns zuvorgekommen und an die Presse gegangen und dadurch waren auch wir gezwungen, unsere Pläne an die Öffentlichkeit zu tragen."#w1#

© xpb.cc
Sir Frank Williams sieht sein Team in der Button-Affäre im Recht
Frage: "Kannst du näher auf die vertragliche Bindung zu Jenson eingehen? Wie lange besteht diese schon?"
Williams: "Ich möchte darauf nicht näher eingehen, aber man kann mich beim Wort nehmen. Ich kann nur wiederholen, was ich schon gesagt habe. Seit der Saison 2000 gibt es eine Option, die immer Bestand hatte, und die seit der zweiten Hälfte des Jahres 2002 auch beim 'Contract Recognition Board' hinterlegt ist."
Williams kontaktierte sofort BAR-Boss David Richards
Frage: "Für BAR ist die ganze Sache so etwas wie Verrat..."
Williams: "Das könnte ihr Standpunkt sein und das ist verständlich. John Byfield, Jensons Manager, hat uns aber einen Brief geschrieben, in dem er schilderte, dass Jensons Option nicht gültig ist, da sie nicht ordnungsgemäß eingelöst wurde, und das führte schon zu einem dazu in Konflikt stehenden Vertrag mit Williams. Punkt eins. Punkt zwei. Wir wollten das hinter verschlossenen Türen regeln und ich habe David Richards ungefähr fünf Minuten nachdem angerufen, dass ich wusste, dass er den Brief von Jensons Manager erhalten hatte. Ich habe David in dieser Unterhaltung gesagt, dass ich glaube, dass wir das unter uns regeln sollten. Wenn es keine Übereinstimmung gibt, führt der erste Weg zum 'Contract Recognition Board'. Gibt es auch dort keine klare Entscheidung, müssen wir vor ein ordentliches Gericht, aber das hoffen wir nicht. Wir wollten nicht an die Presse gehen, aber wir erhielten einen Tipp, dass die Story am Freitagmorgen in der Woche vor Ungarn von der 'Times' gebracht werden könnte, was dann in der Tat der Fall war."
Frage: "Bereust du es, dass ihr Jenson 2000 nicht behalten habt?"
Williams: "Gewissermaßen schon, aber wie alle wissen, haben wir uns damals klar für Juan-Pablo Montoya entschieden. Wir hatten einen Vertrag mit einer Option auf Juan-Pablo, in den wir viele Millionen Dollar investiert hatten. Also ließen wir Jenson zu Gunsten von Juan-Pablo vorübergehend ziehen."
Frage: "War es immer deine Absicht, Jenson - natürlich abhängig von seiner Entwicklung als Fahrer - irgendwann zurückzuholen?"
Williams: "Zustimmend."
Frage: "Mit Mark Webber haben eigentlich alle gerechnet, aber über den zweiten Fahrer wurde viel spekuliert. Wann entstand erstmals ein Kontakt zu Jensons Manager John Byfield?"
Williams: "Ein paar Tage vor dem Grand Prix von Deutschland wurden wir von Jensons Management kontaktiert."
"Haben angenommen, dass Jenson keine Möglichkeit sein würde
Frage: "War er einer eurer Kandidaten oder hieltst du das nicht für eine Möglichkeit?"
Williams: "Wir haben angenommen, dass das keine Möglichkeit sein würde."
Frage: "Wie sehr hat es dich überrascht, von Jensons Verfügbarkeit zu erfahren?"
Williams: "Es war schon eine große Überraschung. Man muss an diesem Punkt sagen, dass wir ein Rennteam sind, wir stehen im Wettbewerb. Das war eine Möglichkeit, wie ich sie schon mehrere Male in meiner Laufbahn hatte, muss ich sagen, und als Rennteam haben wir diese Möglichkeit ergriffen. Wir bereuen nichts."
Frage: "Erwartest du angesichts der bisherigen Reaktion von David Richards eine einvernehmliche Lösung?"
Williams: "Das ist schwer zu beantworten. Ich weiß es nicht."
Frage: "Glaubst du, dass Jenson einmal Weltmeister werden kann und wie siehst du die Beziehung zwischen euren beiden Fahrern in der kommenden Saison?"
Williams: "Jenson hat unser Team ganz genau unter die Lupe genommen, er hat seine Möglichkeiten und unser Potenzial analysiert und wir hoffen und glauben, dass wir seine beste Möglichkeit sind, Weltmeister zu werden. Das scheint aufgrund von seiner Unterschrift unter den Vertrag seine Einschätzung zu sein. Ob unser Team mit Mark und Jenson stark genug sein wird, um Ferrari zu besiegen, ist nicht zu beantworten, denn das hängt auch von unserem Auto ab. Natürlich empfinden wir unsere Leistungen in diesem Jahr als beschämend und es gibt im Moment jede Menge Ärger und harte Arbeit innerhalb der Organisation, um die Situation für nächstes Jahr umkehren zu können."
Button pokerte nicht lange um sein Gehalt
Frage: "Man weiß, dass Williams nicht gerne große Summen ausgibt. Gab es mit Jenson lange Diskussionen über das Gehalt? War das ein Thema in den Verhandlungen mit ihm?"
Williams: "Nein. Die Hand hat auf Anhieb sehr gut in den Handschuh gepasst. Dieses Thema nahm in den Diskussionen keinen hohen Rang ein."
Frage: "Jenson zu verpflichten, war ein Goldgriff, denn es sind ansonsten nicht mehr allzu viele gute Alternativen auf dem Markt, nicht wahr?"
Williams: "Vielleicht bin ich nur ein Träumer, aber ich habe immer an die Möglichkeit geglaubt, dass die Formel 1 immer wieder überraschen kann, dass wir eine erfolgreiche Lösung finden würden. Vielleicht ist das jetzt so. Es ist sogar sicher so..."
Frage: "Glaubst du, dass Jenson schon vor Saisonende zur Verfügung stehen wird?"
Williams: "Das ist mir noch nicht in den Sinn gekommen, aber ich kann es mir überhaupt nicht vorstellen."
Frage: "Wenn er verfügbar wäre, würdest du ihn haben wollen?"
Williams: "Man darf nicht vergessen, dass wir einen bestehenden Vertrag mit Ralf Schumacher haben."
Frage: "Du hast gesagt, dass die BAR-Option nicht ordnungsgemäß gezogen wurde. Was genau meinst du damit?"
Williams: "Dazu sage ich nichts, denn ich diskutiere unsere Verträge nie in der Öffentlichkeit und schon gar nicht die Verträge anderer Teams. Vielleicht kann David Richards mehr dazu sagen, aber das ist seine Entscheidung."
Frage: "Hat es mit Honda zu tun?"
Williams: "Mit Honda gibt es da überhaupt keinen Zusammenhang."
Frage: "Glaubst du, dass Williams und John Byfield ehrenhaft gehandelt haben?"
Williams: "Ich kann mich nicht genau erinnern, was er gesagt hat, aber was ich noch weiß, ist, dass ich David Richards fünf Minuten angerufen habe, nachdem er das Fax von Jensons Management erhalten hatte. Ich war ihm gegenüber sehr geradlinig. Es ist unsere Verpflichtung als Rennteam, sich eröffnende Möglichkeiten zu ergreifen. Das haben wir in diesem Fall getan."
Richards reagierte laut Williams "sehr enttäuscht"
Frage: "Wie hat David reagiert?"
Williams: "Er war sehr enttäuscht, dass er den Brief von Jensons Umfeld erhalten hat. Das war natürlich ein Schock für ihn. Ich möchte noch einmal betonen, dass ich nur Minuten nach dem Schicken des Faxes von Jensons Management mit ihm telefoniert habe."
Frage: "Wurde Mark Webber in der Frage um seine Meinung gebeten?"
Williams: "Nein, aber seine Reaktion im Nachhinein war sehr positiv."
Frage: "Bisher habt ihr euren Fahrern immer freie Hand gelassen, aber das war in vergangenen Jahren manchmal destruktiv. Werdet ihr Jenson und Mark speziell anpacken?"
Williams: "Das hängt immer vom Charakter der Fahrer im Team ab. Ich glaube, dass Jenson und Mark gute Jungs sind. Wir kennen Jenson sehr gut und hatten eine schöne Zeit mit ihm. Patrick hat einmal gesagt, 'Das ist ein Junge, der in ein Rennauto gehört, den wollen wir haben', und ich glaube, dass Mark genauso ist."
Frage: "Ihr hattet angeblich eine Option auf Jenson beim 'Contract Recognition Board' hinterlegt, dennoch kam es als Überraschung, dass Jenson verfügbar wurde. Kannst du das erklären?"
Williams: "Der Vertrag liegt schon seit ein paar Jahren beim 'Contract Recognition Board'. Ich habe nicht damit gerechnet, dass Jenson verfügbar sein würde."
Frage: "Wie sah die Option von euch aus?"
Williams: "Sie war der BAR-Option untergeordnet."

