• 23.05.2008 12:05

  • von Dieter Rencken

Williams: "Die Dinge werden sich ändern"

Frank Williams spricht über die aktuelle Situation in der Formel 1 und die Pläne für die Zukunft des Grand-Prix-Sports

(Motorsport-Total.com) - Frank Williams ist in Monaco ein gefragter Mann. Der Teamchef feiert ein besonderes Jubiläum: Der Grand Prix im Fürstentum ist seine 600. Teilnahme an einem Formel-1-Rennen. Die runde Zahl lässt den erfahrenen Mann kalt. Als Chef eines der letzten privaten Teams hat Williams andere Sorgen. Über die aktuelle finanzielle Situation und die Pläne für die zukünftige Formel 1 sprach der 66-Jährige im Rahmen eines Pressemeetings in Monaco.

Titel-Bild zur News: Frank Williams (Teamchef)

Frank Williams sieht sein Privatteam zurzeit in ruhiges Gewässern

Frage: "Frank, sie leiten eines der letzten verbliebenen privaten Formel-1-Teams. Wie schwierig ist für sie die aktuelle Situation? Kann ihnen die geplante Budget-Obergrenze helfen?"
Frank Williams: "Es ist ein schwieriges Geschäft, weil es ein technischer Sport ist. Er ist extrem kompetitiv und wenn man überleben will, muss man recht gut sein und man braucht auch viel Geld. Die Hersteller versuchen die Kosten nach oben zu treiben, denn sie können mehr ausgeben. Gleichzeitig hoffe ich aber, dass die Hersteller lange in der Formel 1 bleiben."#w1#

"Für uns ist einfach wichtig, dass wir die Motoren zu einem erträglichen Preis bekommen können. Das ist das, was uns betrifft und uns interessiert. Wir wollen nicht zu Ferrari gehen müssen, um uns Motoren zu kaufen. Wir müssen einfach bemüht sein, in Zukunft unsere Einnahmen zu erhöhen. Und das ist völlig unabhängig von einer Budget-Obergrenze."

Force India als Schlüssel zu neuen Märkten

"Für uns ist einfach wichtig, dass wir die Motoren zu einem erträglichen Preis bekommen können." Frank Williams

Frage: "Vor einigen Jahren hat Max Mosley das Reglement dahingehend geändert, dass unabhängigere Teams in die Formel 1 kommen können. Jetzt haben wir kleinere Teams, die Milliardären gehören. Sehen Sie die Chance, dass kleinere, unabhängige Teams künftig in der Formel 1 fahren?"
Williams: "Es ist schwierig zu sagen, nichts ist unmöglich. Force India ist ein kleines, unabhängiges Team, oder zumindest eine Art eines solchen Teams. Wenn sie halbwegs erfolgreich sind, wäre das gut für die Formel 1 in Indien. Indien ist in den nächsten zehn Jahren ein gutes Ziel für die Formel 1 - vielleicht das beste. Die Mittelklasse besteht dort aus 150 bis 200 Millionen Menschen. Die Dinge werden sich ändern."

Frage: "Denken Sie, dass die KERS-Technologie wieder ein Bereich ist, in dem ihre Ingenieure trotz eines kleines Budgets mit Cleverness einiges erreichen können?"
Williams: "Wir haben clevere Leute, angefangen bei Patrick Head. Wir könnten uns schon darüber Gedanken machen, ob sie da einen guten Job machen werden. Aber wir können uns nicht hinsetzen und abwarten, ob man sich auf KERS einigt oder ob wir Glück haben und es doch noch verschoben wird. Die Dinge müssen vorangehen. Wir sind bei Weitem noch nicht bereit dafür, aber wir haben ganz gut aufgeholt. Ich hoffe, dass wir bereit sind, wenn wir es sein müssen. Vielleicht sind wird es dann, aber jetzt noch nicht."

Frage: "Besteht die Möglichkeit, dass das Reglement zum Beispiel für die Aerodynamik für kommendes Jahr so geändert wird, dass Überholen wieder einfacher wird und die Formel 1 damit wieder spannender? Man spricht ja sogar von der Einführung verstellbarer Frontflügel, die der Fahrer regeln kann, wenn er hinter einem anderen Auto fährt..."
Williams: "Das wären wichtige Änderungen am Aerodynamik-Reglement. Es besteht zumindest eine geringe Möglichkeit, dass es da im nächsten Jahr etwas Neues gibt, aber jetzt wäre es zu früh."

Frage: "Wann denken Sie, werden Sie ihr KERS-System zum ersten Mal einsetzen?"
Williams: "Das weiß ich wirklich nicht. Ich denke, dass es noch ein bisschen dauern wird, wir stehen noch nicht kurz davor."

Nakajima auf einem soliden Weg

"Monaco ist immer noch ein aufregendes Rennen." Frank Williams

Frage: "Wie würden Sie den Monaco-Grand-Prix in der heutigen Zeit beurteilen? Ist er immer noch so bedeutend wie früher?"
Williams: "Auf der einen Seite wollen die Leite immer noch gern zeigen, was sie so alles besitzen (lacht). Monaco ist immer noch ein aufregendes Rennen. Ich komme morgens in die Box und schaue mit das in Ruhe an. Aber für Mechaniker ist es extrem harte Arbeit, ein sehr stressiges Wochenende. Aber für Sponsoren ist es natürlich ein wichtiger Event."

Frage: "Haben Sie eine bestimmte Erinnerung an Monaco aus den früheren Zeiten?"
Williams: "Ich erinnere mich an 1970 - 1969 auch, das waren meine ersten beiden Male in Monaco. Da saßen wir im Grunde mit unserem Equipment hier auf der Straße. Das war schon etwas ganz besonders. Auch der Sieg mit Montoya ist eine tolle Erinnerung."

Frage: "Barcelona war das erste Rennen, in dem Kazuki Nakajima schneller war als Nico Rosberg - im Qualifying und im Rennen. Macht er Fortschritte oder war das nur ein Strohfeuer?"
Williams: "Wir warten erst einmal ab. Aber er hat - sagen wir mal so - Potenzial. Seine Rennpace ist inzwischen in manchen Trainings-Sessions und in manchen Rennen auch schon ganz gut. Ja, er könnte es durchaus schaffen."

Frage: "Was ist mit Nico? Barcelona war sehr enttäuschend für ihn."
Williams: "Ich denke, dass er da keine gute Balance mit dem Auto hatte, vor allem in den langen Kurven. Das merkt man dann im Rennen schon."

Frage: "Wie schätzen Sie ihn generell ein?"
Williams: "Er ist cool und schnell. Das ist nicht sein Problem. Das Problem ist das Auto, das noch nicht konkurrenzfähig genug ist."

Unabhängigkeit als Problemfeld?

"Wir brauchen Erfolge, dann bekommen wir mehr Einnahmen." Frank Williams

Frage: "Ist das eine große Enttäuschung nach den erfolgreichen Wintertests?"
Williams: "Verstehen Sie mich nicht falsch, ich übe keine Kritik und sage nicht, dass das Auto nicht schnell genug ist. Es ist genauso schnell wie der McLaren oder der Ferrari - wir beklagen uns darüber, dass die beiden immer noch in einer eigenen Liga fahren."

Frage: "Was kann man tun, um die Lücke zwischen den Teams zu schließen? Muss man da etwas am Reglement ändern?"
Williams: "Wenn man die Performance der Autos oder Teams regulieren würde, dann wären wir nicht mehr in der Formel 1."

Frage: "Ist die Formel 1 noch eine Traumwelt, wie sie es früher war?"
Williams: "Die jungen Fahrer träumen alle davon, in die Formel 1 zu kommen. Das ist die Serie, in die sie wollen."

Frage: "Es war im Gespräch, dass der Serbe Milos Pavlovic Ihr Testfahrer wird. Was war da Sache?"
Williams: "Wir haben ihn einmal getroffen und haben ihm gesagt, was es kostet, um den Vertrag zu bekommen und wie viel GP2-Tests er vorher absolvieren muss und danach haben wir nie wieder etwas von ihm gehört. Also war es ihm entweder zu teuer oder er hat das Geld nicht zusammenbekommen. Es ist leider recht teuer."

Frage: "Wenn wir gerade vom Geld sprechen - Sie haben gesagt, dass Sie nicht so viel haben, wie Sie gern investieren würden. Wäre es da nicht besser, sich mit einem großen Hersteller zusammenzutun, so dass man schon einmal in Sachen Motor keine Kosten hat?"
Williams: "Nein, das hat keinerlei Auswirkungen auf die Performance des Autos."

Frage: "Also ist künftig der richtige Weg, mehr Sponsoren zu finden und so ein größeres Budget zusammenzubekommen?"
Williams: "Wir brauchen Erfolge, dann bekommen wir mehr Einnahmen. Dann können wir investieren und dann werden wir weiter besser, bis wir eines Tages die Spitze erreichen. So einfach ist es leider nicht. Wir sind kein reiches Team, wir sind aber auch kein armes Team und es würde uns nichts mehr Freude bereiten, als eines Tages wieder an die Spitze zurückzukehren."