• 15.08.2005 13:27

Wie sich Renault auf den neuen Kurs vorbereitet

Die Herausforderung bei der Premiere einer neuen Strecke liegt in der Vorbereitung, die größtenteils aus der Ferne erfolgen muss

(Motorsport-Total.com) - Renault-Chefingenieur Pat Symonds weiß genau, wie viel Arbeit die Einführung einer neuen Strecke mit sich bringt. Noch lange, bevor das Team die Strecke real zu Gesicht bekommt, muss die Premiere auf dem 'Istanbul Otodrom' bis ins kleinste Detail durchgespielt werden.

Titel-Bild zur News: Symonds

Pat Symonds weiß die Herausforderung eines neuen Kurses zu schätzen

"Als Team wissen wir die Herausforderung einer neuen Strecke zu schätzen. Unsere Vorbereitungen begannen schon Monate vor dem Rennen mit Simulationen. Es dauert nur 14 Sekunden, am Computer eine Runde zu simulieren, aber die komplizierten Modelle, die hinter der Ausgabe stehen, zu programmieren, ist eine langwierigere Aufgabe", so Symonds.#w1#

"Je früher man sich mit den Rundensimulationen beschäftigt, desto besser ist man vorbereitet. Aber das ist nicht immer leicht. Ausgangspunkt für eine solche Simulation ist eine akkurate Karte der Rennstrecke, von der ausgehend man den Bewegungsablauf des Autos mathematisch und dreidimensional nachvollziehen kann", fährt der Chefingenieur fort. "Sobald die Konfigurationen eines neuen Kurses feststehen, gibt die FIA detaillierte Karten heraus und die Arbeit kann beginnen. Die Grenzen der Fahrbahn werden digitalisiert und für die erste Stufe unserer Simulation eingespeist. Damit wird die Ideallinie berechnet."

"Danach wird ein Automodell mit einem 'durchschnittlichen' Setup eingefügt. Damit können wir eine Anzahl von Flügeleinstellungen und Getriebeübersetzungen durchprüfen, um eine Basis fürs Setup zu erhalten", schildert der Engländer die Herangehensweise des Teams. "Ist das getan, werden die Feineinstellungen an der Gewichtsverteilung und an der Aufhängung vorgenommen, um die Rundenzeiten zu verringern. Anschließend kann das Team sich an den Energiebedarf der Reifen heranwagen, um die angemessene Mischung zu finden. Zu diesem Zeitpunkt können auch die Bremseneinstellungen bearbeitet und die Bremsenkühlung kalkuliert werden."

"Auch wenn das sehr wissenschaftlich klingt, können unvorhersehbar Faktoren zu Fehlern in der Simulation führen. Diese können oftmals nicht korrigiert werden, bis das Auto zum ersten Mal wirklich den neuen Kurs befahren hat", weiß der 52-Jährige zu berichten. "Zum ersten wären da die Kerbs: Während die Simulation davon ausgeht, dass sich der Fahrer nur an die Grenzen der Fahrbahn hält, benutzen die Piloten in der Realität die Kerbs, sooft sie können. Wenn diese relativ sanft und niedrig sind, werden sie in Abweichung von der errechneten Ideallinie als Abkürzung genutzt."

"Viel problematischer ist die Variabilität des Grips: Das Griplevel kann auf den verschiedenen Kursen bis zu 15 Prozent voneinander abweichen. Das ist von Faktoren wie der Beschaffenheit des Asphalts und der Beanspruchung des Kurses abhängig. Um das zu unterstreichen: Eine Abweichung von drei Prozent kann die Rundenzeit um eine ganze Sekunde verschlechtern. Dieser Parameter ändert sich ständig. Dadurch, dass wir uns 2.500 Kilometer von der Strecke entfernt befinden, können wir für den Grip nur ein Durchschnittslevel annehmen und damit arbeiten, bis wir weitere Informationen erhalten. Damit das nicht zum Problem wird, führen wir zahlreiche Simulationen bei verschiedenen Bedingungen durch, sodass wir uns so schnell wie möglich für ein angemessenes Setup entscheiden können."

"Ist die Vorarbeit erst einmal beendet und das Auto fahrbar, benutzen wir ein anderes Simulationsprogramm, um die Rennstrategie festzulegen. Tatsächlich werden mehr als eine Million Szenarios über die Bildschirme des Teams flimmern, bis wir am Samstag eine Entscheidung treffen", so Symonds, vor dessen Team somit noch einige arbeitsame Tage liegen dürften.