Wer letzte Nacht am besten geschlafen hat: Stefano Domenicali

Warum Formel-1-Serienchef Stefano Domenicali rundum zufrieden sein kann mit der Saison 2023, selbst ohne einen spannenden Titelkampf in beiden WM-Wertungen

Titel-Bild zur News: Formel-1-Geschäftsführer Stefano Domenicali in der Saison 2023

Formel-1-Geschäftsführer Stefano Domenicali in der Saison 2023 Zoom

(Motorsport-Total.com) - Eigentlich müsste doch Max Verstappen am besten schlafen nach dem Formel-1-Finale 2023 in Abu Dhabi. Aber, liebe Leser, das glaube ich nicht. Wirklich nicht. Und zwar aus einem einfachen Grund: Ihm dürfte klar sein, dass sich eine Saison, wie er sie erlebt hat, wahrscheinlich so schnell nicht wiederholt, zumindest nicht in diesen Dimensionen.

Denn Verstappen war 2023 das, was man als "Seriensieger" beschreiben könnte: Er hat 19 von 22 Rennen gewonnen, zwischendurch zehn Grands Prix in Folge und natürlich überlegen den Fahrertitel.

Und ein bisschen haben mich die Bilder von nach der Zieldurchfahrt an den Indien-Grand-Prix 2013 erinnert und an Sebastian Vettel, wie er damals (sinngemäß) gesagt hat: Genießt das mal, das kommt vielleicht nicht wieder.

Nun steht der Formel 1 im kommenden Jahr keine große Regeländerung ins Haus wie nach 2013. Es steht auch nicht zu erwarten, dass sich das Kräfteverhältnis dramatisch verschieben wird. Und doch ist eine Fortsetzung der Dominanz von Verstappen und Red Bull auf diesem ganz hohen Niveau nur schwer vorstellbar. Denn wie heißt es so schön: Garantien gibt es keine. Und das weiß auch Verstappen.

Der große Gewinner ist die Formel 1

Stefano Domenicali weiß das natürlich ebenfalls. Und wo Verstappen sich eine Fortsetzung seines aktuellen Laufs wünscht, da wünscht sich Formel-1-Chef Domenicali wahrscheinlich genau das Gegenteil: mehr Wettbewerb an der Spitze, mehr unterschiedliche Sieger, mehr Spannung, mehr Action.

Aber, und damit bin ich beim eigentlichen Thema dieser Kolumne: Domenicali dürfte nach dem Grand Prix in Abu Dhabi nicht unzufrieden zu Bett gegangen sein.

Sicher: Das Fan-Interesse an der Formel 1 leidet unter der erdrückenden Dominanz eines Fahrers und eines Teams. Aber das gab es in der Vergangenheit immer wieder und die Formel 1 hat das ausgehalten, zuletzt bei Michael Schumacher und Ferrari, bei Vettel und Red Bull, bei Lewis Hamilton und Mercedes. Und sie wird es auch jetzt mit Verstappen und Red Bull aushalten.

Denn so sehr die Euphorie schwindet in einem Jahr, so sehr fragen sich alle: Wann endet diese Dominanz? Und wer beendet sie? Damit ist der nächste Aufschwung gewiss und nur eine Frage der Zeit. Irgendwann endet auch die aktuelle Ära Verstappen.

Der Laden brummt in der Formel 1

Darauf muss Domenicali gar nicht warten, um zufrieden Rückschau zu halten. Denn die Formel 1 steht besser da denn je, ist zu einem "Business Case" erster Güte gereift, in dem die Beteiligten mehr Geld verdienen als jemals zuvor. Der Laden brummt, Verstappen-Dominanz hin oder her.

Das zeigen zum Beispiel die Vor-Ort-Zuschauerzahlen: An vielen Rennstrecken hat die Formel 1 erneut zugelegt, die Grands Prix waren häufig ausverkauft. Und im für Liberty Media so wichtigen US-Markt kamen mit 270.000 in Miami, 444.000 in Austin und 315.000 in Las Vegas so viele Fans wie nie.


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Das aktuelle Konzept der Formel 1 geht auf

Das aktuelle Konzept der Formel 1 scheint also aufzugehen, unabhängig davon, Wie viel Spektakel sportlich geboten ist. Und so kann sich Domenicali auch einen Eiertanz rund um ein mögliches elftes Team leisten. Er weiß: Seine Rennserie funktioniert und floriert, die Erlöse steigen. Alles andere? Maximal Nebengeräusche.

Das gilt auch für Themen wie das überstrapazierte Drag-Reduction-System (DRS), das Überholmanöver viel zu einfach macht. Oder für die endlosen Tracklimits-Diskussionen und deren Umsetzung. Für die Sprintrennen, die häufig das Grand-Prix-Geschehen vorwegnehmen. Oder für die vielen kleinen und großen Regeln, über die die Formel 1 schön regelmäßig stolpert.

Für Domenicali und das Produkt, das er vertritt, ist all das nicht entscheidend, sind verprellte "Traditionalisten" nicht wichtig. Denn die Formel 1 unter Liberty Media richtet sich auf ein ganz neues Publikum aus und erfährt Bestätigung anhand der Zahlen, die sie einfährt. Und diese Zahlen werden weiter wachsen, denn das (Business-) Interesse an der Formel 1 ist groß, bei nächstes Jahr erstmals 24 Grands Prix.

Also ja: Wenn jemand nach dem Formel-1-Finale in Abu Dhabi (auch hier: Zuschauerrekord mit 170.000 Fans über drei Tage hinweg) gut geschlafen hat, dann ist es Serienchef Domenicali - mit der Gewissheit, dass das nächste Jahr noch besser wird, so oder so.

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Und wer nach dem Rennen in Abu Dhabi gar nicht gut geschlafen hat? Das erfahrt ihr wie immer in der Schwesterkolumne von Chefredakteur Christian Nimmervoll.

Euer
Stefan Ehlen