• 10.09.2003 17:32

  • von Marcus Kollmann

Weniger Testtage bedeuten keine Kostenreduzierung

Ferrari-Ingenieur Luca Baldisseri erklärt die Bedeutung des Einsatzes von Simulationsprogrammen in der modernen Formel 1

(Motorsport-Total.com) - Zwischen dem Großen Preis von Deutschland in Hockenheim sowie dem Großen Preis von Ungarn akzeptierten die Formel-1-Teams auch in diesem Jahr wieder eine freiwillige Testpause. Während die Zehnzylinder auf der Rennstrecke abseits der Rennwochenenden schwiegen, lief die Testarbeit bei den Rennställen im Monat August aber unermüdlich weiter.

Titel-Bild zur News: Luca Baldisseri (Ferrari-Ingenieur)

Baldisseri: Weniger Testtage führen nicht automatisch zu niedrigeren Kosten

Um den Nachteil zu verringern die durch Computersimulationen gewonnenen Daten nicht mit aktuellen Ergebnissen aus den Praxistests vergleichen zu können, konzentrierte man sich noch intensiver auf die Entwicklungsarbeit und führte zusätzliche Simulationsläufe auf den Computern durch.

Ferrari-Ingenieur Luca Baldisseri widmete seine Aufmerksamkeit und Konzentration in den letzten Wochen voll den in Maranello laufenden Simulationsprogrammen, denn beim gegenwärtigen Stand in der Weltmeisterschaft ist eine optimale Vorbereitung auf die noch anstehenden Grand Prix das A und O.

Mit Hilfe von Simulationsprogramm wird jeder Aspekt am Computer geprüft

"Während der Testpause haben wir alle möglichen Aspekte des Autos auf den Motoren- und Chassisprüfständen im Windkanal simuliert. Die während der Saison gesammelten Daten werden alle in den Computer eingegeben, um die optimale Fahrzeugabstimmung für jede Strecke herauszufinden und die Rundenzeiten abzuschätzen. Wir können aber auch die Beanspruchung und Haltbarkeit der Bremsen simulieren, was sich jedoch im Rennen je nach den Umständen und Veränderungen der Benzinmenge aber ändern kann. Wir verfügen auch über ein Echtzeitüberwachungssystem das uns auf alle möglichen Probleme aufmerksam macht", erklärt Baldisseri wie ausgereift die Software, die man sowohl abseits auch als an der Rennstrecke einsetzt, mittlerweile ist.

Praxistests sind nach wie vor unersetzbar

Da die Vergangenheit aber immer wieder bewiesen hat, dass auf die Computersimulationen zwar mittlerweile Verlass ist, sich die Erkenntnisse von den Prüfständen aber nicht immer eins zu eins in die Praxis übertragen lassen, war man bei Ferrari auch über die Möglichkeit vor dem Heimspiel in Monza noch einmal testen zu können äußerst froh. Mit bis zu fünf Fahrern wurde in Monza und Fiorano ausführlich an der Abstimmung des F2003-GA getüftelt, die neuesten Reifenentwicklungen von Bridgestone und Verbesserungen am Chassis und Motor getestet.

Die Fahrer geben die abschließenden Antworten

"Es ist gut, alle Antworten schon schriftlich zu haben bevor das Auto überhaupt eine Runde gefahren ist, doch die endgültige Antwort kommt von den Fahrern. Durch eine gewissenhafte Vorbereitung können wir aber viel Zeit sparen wenn wir an eine Strecke kommen. Es ist jedoch der Fahrer der unsere Arbeit optimiert und die abschließenden Antworten gibt", weist der Italiener darauf hin, dass die Bemühungen hinter den Kulissen zwar wichtig sind, die Praxistests aber erst die optimale Grundlage zur Beurteilung der eigenen Arbeit bilden.

Neben Ferrari nutze aber auch Bridgestone die letzten Wochen, um die Leistung der Reifen zu verbessern. Vor den Testfahrten kamen auch bei den Japanern die Computersimulationen zum Einsatz, denn für die heiße Phase in der Weltmeisterschaft wurden neue Gummiwalzen entwickelt. "Die Reifenperformance ist auf Grund der sich ändernden Streckenbedingungen und des Verschleißfaktors nie konstant. In Monza haben wir daher viel Zeit mit den Reifentests verbracht und Bridgestone produzierte 25 neue Reifen für uns die wir ausprobieren konnten", so Baldisseri.

Testbeschränkungen bedeuten nicht automatisch eine Kostenreduzierung

Auch wenn die Tests nach Aussagen von Ferrari und Bridgestone ermutigend verliefen, so wird man aber erst nach dem Rennwochenende wissen, welche der beiden Reifenfirmen für die letzten beiden Rennen am besten gerüstet sein wird und was die letzten Wochen unermüdlicher Entwicklungsarbeit wert waren.

Angesichts der Vorstöße der FIA die Kosten in der Formel 1 in den Griff zu bekommen und die gerade bei den Top-Teams zu beobachtenden intensiven Testfahrten während einer Saison einzuschränken, sieht der Ferrari-Ingenieur die Bemühungen des Motorsportverbandes jedoch skeptisch. Eine Beschränkung auf eine maximale Anzahl an Testtagen wird nämlich nur vordergründig Geld einsparen.

"Wenn man die Testtage regulieren will um dadurch eine Kostenreduzierung zu erreichen, so bedeutet das lediglich, dass mehr Geld in die in der Fabrik zum Einsatz kommenden Simulationsprogramme gesteckt werden wird. Die Kosten werden gleich bleiben oder für die kleinen Teams sogar steigen, denn diese sind dazu gezwungen in Simulationssoftware zu investieren wenn sie konkurrenzfähig bleiben wollen."