"Wechsel voll aufgegangen": Das Fazit zum Formel-1-Comeback von Ricciardo

Wie Formel-1-Rückkehrer Daniel Ricciardo sein Rennen in Ungarn beschreibt, wann er seine Punktechance verloren hat und was Helmut Marko dazu sagt

(Motorsport-Total.com) - Die Erleichterung bei Daniel Ricciardo ist groß nach dem Ungarn-Grand-Prix 2023. Erleichterung darüber, nach einem halben Jahr Formel-1-Pause nicht "eingerostet" zu sein. Aber auch Erleichterung darüber, nach zwei schwierigen Jahren bei McLaren wieder zurück in die Spur gefunden zu haben.

Titel-Bild zur News: Daniel Ricciardo im Formel-1-Fahrerlager beim Ungarn-Grand-Prix 2023

Daniel Ricciardo im Formel-1-Fahrerlager beim Ungarn-Grand-Prix 2023 Zoom

War die Auszeit seit Saisonende 2022 also gar nicht verkehrt für Ricciardo? Er selbst gibt an, dieses halbe Jahr habe ihm "neue Energie" verschafft und habe ihn innerlich "zurückgesetzt". Und daran habe Fernando Alonso einen gewissen Anteil.

"Ich kann mich an eine Unterhaltung mit Fernando vor vielleicht zwei Jahren erinnern. Damals hatte ich nicht an eine Pause gedacht. Aber er meinte, die Pause sei unter den besten Dingen gewesen, die er je gemacht hatte. Da kam ich ins Grübeln, dass ich vielleicht keine Angst davor haben müsste, sollte ich jemals eine Pause brauchen", erklärt Ricciardo.

Zurück zur "Normalität" für Ricciardo

Vollends überzeugt habe ihn die Leistung von Alonso zu Saisonbeginn 2023. "Das hat auch mich zuversichtlich gestimmt", meint Ricciardo. Und jetzt sei er einfach nur "froh" darüber, "wieder zur Normalität zurückgekehrt zu sein", so formuliert es der AlphaTauri-Fahrer. Er habe "alles" an seinem Comeback-Wochenende in der Formel 1 genossen.

"Natürlich bist du aufgeregt, natürlich bist du angespannt. Aber manchmal vergisst du, all das in dich aufzunehmen und den Moment zu genießen. Ich habe daher einfach versucht, es zu genießen, auch wenn man natürlich immer konzentriert bleibt."

Schon im Qualifying ist Ricciardo schneller als Tsunoda

Dieser Ansatz ging auf für Ricciardo in Ungarn: Nach vier Zehnteln Rückstand auf Teamkollege Yuki Tsunoda im Freitagstraining steigerte er sich am Samstag erheblich und fuhr schon im Qualifying 0,013 Sekunden schneller. Er entschied aber nicht nur das Duell über eine schnelle Runde für sich, sondern belegte auch im Rennen die bessere Endposition.

Dass er sich von Einheit zu Einheit immer besser auf den AT04 habe einlassen können, das "ermutigt mich am allermeisten", sagt Ricciardo. Er fügt hinzu: "Der McLaren hatte nicht meine Sprache gesprochen. Ich war vor allem 2022 irgendwie festgefahren. Es war wirklich schwierig, aus [diesem Loch] herauszukommen."

Jetzt, mit einem "neuen Team und [in] einer anderen Umgebung" aber habe er den Eindruck, die Pause sei "das Beste" gewesen, was ihm hätte passieren können. Sein Einstand bei AlphaTauri in Ungarn sei daher "ein Fortschritt" für ihn. Und "mehr kann ich nicht verlangen", meint Ricciardo.

Was Ricciardo beim Renncomeback gestört hat

Zumal es ihm im Rennen "besser als erwartet" ergangen sei. "Ich hatte gedacht, ich würde es ab Rennhälfte [körperlich] spüren, aber eigentlich ging es mir da ziemlich gut. Das hat mich ermutigt. Das ist einer der wichtigsten Punkte. Es lief ganz gut und ich fühlte mich wirklich gut."

Nur eine Kleinigkeit hat Ricciardo bei seinem Comeback gestört: "Ich hatte zu wenig Wasser dabei im Auto. Aber abgesehen davon, dass ich am Ende etwas durstig war ..."

Tatsächlich gab es mindestens eine weitere Sache, die Ricciardo missfallen haben dürfte: Die Startphase mit der Berührung durch Guanyu Zhou vor Kurve 1. "Ich wurde da von hinten getroffen und fiel ans Ende des Feldes zurück", sagt Ricciardo. "Und da hing ich dann fest."

Viel Lob von Red-Bull-Sportchef Helmut Marko

Im Verkehr hinter den Vorderleuten machte Ricciardo über Runden keinen Stich. "In Dirty-Air ist es auf dieser Strecke sehr schwierig, einem anderen Auto zu folgen", erklärt er. "Aber die Autos vor mir gingen recht früh an die Box und dann hatten meine Reifen wieder Grip. Bei freier Fahrt lief es besser."

"Ich kam gut klar mit den Reifen, konnte das gut managen. Abgesehen von Kurve 1, wofür ich nichts konnte, war es meiner Meinung nach ein wirklich gutes Rennen."

So sieht es auch Red-Bull-Sportchef Helmut Marko, der Ricciardo kurzfristig anstelle von Nyck de Vries zu AlphaTauri beordert hatte. Und Marko lobt Ricciardo bei 'Sky' für dessen "sehr souveräne, reife Leistung" beim Comeback.

Daniel Ricciardo im AlphaTauri AT04 im Formel-1-Rennen in Ungarn 2023

Daniel Ricciardo im AlphaTauri AT04 im Formel-1-Rennen in Ungarn 2023 Zoom

"Er hat durch die Kollision mit Zhou gleich beim Start drei, vier Plätze verloren. Aber der 13. Platz [im Ziel] geht in Ordnung", meint Marko. Er messe Ricciardo nämlich nicht nur an den Ergebnissen auf der Strecke: "Vor allem der positive Schwung, den er in das Team gebracht hat, auch mit einer Stabilisierung der technischen Aussagen und Veränderungen. Also der Wechsel ist voll aufgegangen."

Reifenstrategie lässt Ricciardo im dritten Stint glänzen

Letzteres schreibt Ricciardo auch der AlphaTauri-Strategie zu und sagt: "Wenn ich nicht mal freie Fahrt gehabt hätte, wäre es wahrscheinlich weniger ermutigend gelaufen. Dann hätte ich noch immer viele offene Fragen. So aber hatte ich die Pace, habe ein paar Fehler gemacht und daraus gelernt. Ich weiß jetzt, was das Auto mag und nicht mag."

Und so fühlt sich Claudio Balestri als Chefingenieur Fahrzeug-Performance bei AlphaTauri im Nachhinein bestätigt darin, Ricciardos zweiten Stint verkürzt zu haben, "damit er freie Fahrt hatte im letzten Stint auf Medium".

Denn dieser letzte Stint habe sich "gelohnt", sagt Balestri. "Daniel fuhr schnell und konstant. Das reichte dann auch aus, um die verlorenen Positionen aus der ersten Runde wettzumachen."

Bemerkenswert ist dieser letzte Stint vor allem deshalb, weil Ricciardo bereits in Runde 29 von Hard auf Medium gewechselt hat und mit der mittleren Reifenmischung mehr als die halbe Renndistanz meisterte. Er blieb dabei bis auf eine Ausnahme ständig im Bereich zwischen 1:23.9 und 1:24.7 Minuten und fuhr auf dem Niveau seines Teamkollegen Tsunoda, der den AT04 bereits seit Saisonbeginn kennt und fährt.

Was ohne Startzwischenfall möglich gewesen wäre

Deshalb fragt sich Ricciardo auch, was ohne den Start-Zwischenfall möglich gewesen wäre. Und er glaubt: "Wenn wir da vorne geblieben wären und die Position am Start hätten halten können, dann hätten wir meiner Meinung nach um Punkte kämpfen können."

Denn sein Auto sei bei der Berührung mit Zhou kaum beschädigt worden. "Es hatte nur einen kleinen Schaden am Diffusor davongetragen. Das Team meinte aber, es sei okay und es fühlte sich auch okay an", sagt Ricciardo. "Ich würde gerne sagen, ich hätte sonst eine Sekunde schneller sein können, aber das Auto war praktisch in Ordnung."