• 15.01.2003 21:23

  • von Fabian Hust

Warum die FIA der F1 ein neues Reglement aufzwingt

Der Automobilweltverband FIA erläutert, warum man sich gezwungen sieht, das Formel-1-Reglement umfassend zu ändern

(Motorsport-Total.com) - Im vergangenen Oktober lehnten die Formel-1-Teams die vom Automobilverband FIA gemachten Vorschläge zur Kostenreduktion ab. Infolgedessen kam es bei der Sitzung der Teamchefs am 4. Dezember zur keiner Einigung, welche Maßnahmen man für 2003 oder 2004 treffen könnte, um die Formel 1 kostengünstiger zu gestalten. "Es muss dringend gehandelt werden, denn die Kosten sind weiterhin am Steigen während die Einnahmen sinken", heißt es in einer Pressemitteilung der FIA. Das Statement im weiteren Wortlaut:

Titel-Bild zur News: Bernie Ecclestone und Max Mosley

FIA-Präsident Max Mosley sah sich gezwungen, hart durchzugreifen

Das Problem
In den letzten zwölf Monaten sind zwei Formel-1-Teams verschwunden. Da nun nur noch zehn Teams übrig sind, sind die verbleibenden Teams laut dem Concorde Agreement dazu verpflichtet, für jedes Team, das einer Veranstaltung fern bleibt, zwei zusätzliche Autos zu finanzieren. Auf keinen Fall sind alle Teams in der Lage, dies zu tun. Es besteht die offensichtliche Gefahr, dass die Formel-1-Weltmeisterschaft in den kommenden zwölf Monaten in eine Strudel von juristischen Auseinandersetzungen und gegenseitigen Anschuldigen rutscht, wenn nicht etwas unternommen wird.

Die Rolle der FIA
Als unabhängiges regulierendes Organ wird die FIA normalerweise nicht in die wirtschaftlichen Schwierigkeiten der Formel-1-Teams involviert. Aber da die Teams und die anderen in der Meisterschaft Involvierten nicht in der Lage waren, eine Lösung zu finden, wird die Verantwortung damit auf die FIA übertragen. Die FIA muss handeln, denn ernste Probleme in der Formel 1 würden den Motorsport weltweit auf allen Ebenen beeinflussen.

Änderungen des Reglements
Die FIA muss sich jedoch an das Concorde Agreement halten. Es kann keine Regel ohne die einstimmige Zustimmung der Teams ändern. Für die Saison 2004 kann die FIA zu jeder Zeit bis zum 31. Oktober 2003 sportliche Regeln festlegen (bei einer 18:8-Mehrheit in der Formel-1-Kommission), aber es kann ohne die einstimmige Zustimmung keine technische Regel verabschieden. Für 2005 können erneut sportliche Regelungen verabschiedet werden, in diesem Fall bis zum 31. Oktober 2004. Aber technische Regeln (Motor und Kraftübertragung ausgenommen) können erst für 2005 geändert werden (mit der gleichen 18:8-Mehrheit plus einer 80-Prozent-Mehrheit der Technischen Arbeitsgruppe) und dies muss bis vor dem 1. Januar 2004 geschehen.

Aufzwingen der Regelungen
Es ist jedoch der FIA möglich, die bestehenden Regeln rigoroser anzuwenden. In Bezug auf die aktuellen Schwierigkeiten, mit denen sich die Formel 1 konfrontiert sieht, hat die FIA die Absicht, dies auf einer Null-Toleranz-Basis zu tun, wenn das Ergebnis eine beträchtliche Kostenersparnis mit sich bringt, ohne dass dabei der sportliche Wettbewerb beeinträchtigt wird. Tatsache ist, dass einige der folgenden Bestandteile den Rennsport mit dem Element der Unberechenbarkeit aufwerten wird. Wenn die Teams überzeugende Belege dafür geben können, dass das sofortige, strikte Aufzwingen der Regelungen zu zusätzlichen Kosten führen wird, so wird die FIA eine kurzfristige Reduktion billigen, aber nur dann, wenn eine wirkliche Notwendigkeit aufgezeigt wurde.

Geldverschwendung
Viel Geld, das in der Formel-1-Weltmeisterschaft ausgegeben wird, wird verschwendet und zwar in dem Sinne, dass es der Unterhaltung der Öffentlichkeit nicht dienlich ist. Schlussendlich ist es die Öffentlichkeit, die die Rechnungen bezahlt. Ohne die weltweite Fernsehübertragung und die Medienabdeckung würde weder ein Sponsor noch ein Automobilhersteller zu den Kosten der Meisterschaft beitragen. Die Interessen ihrer Aktionäre sehen vor, dass sie nur investieren, wenn sich dahinter die Hoffnung verbirgt, mehr Gewinn einzufahren. Diese Gewinne kommen durch die Öffentlichkeit zustande.

Ein paar Beispiele
Große Summen werden für Dinge ausgegeben, die die Öffentlichkeit nicht interessieren. Ob ein Motor mit 12.000, 16.000 oder 20.000 Umdrehungen in der Minute dreht, hat für den Fernsehzuschauer keine Bedeutung. Sie wissen auch nicht oder scheren sich nicht darum, wer die elektronische Kontrolleinheit oder den hintere Querlenker herstellt. Die Armee der Techniker, die ausgeklügelte und sehr teure Telemetrie verwendet, um jede Laune des Autos auf ihren Computer-Bildschirmen zu verfolgen, ist hinter den Boxen versteckt. Sie werden vor der Öffentlichkeit versteckt, die weder weiß noch sich dafür interessiert, ob diese da ist oder nicht.

Rennsport wird durch das Geld kaputt gemacht
Diese Ausgaben sind nicht nur herausgeschmissenes Geld. Aus der Sicht des Zuschauers ist es noch schlimmer, dass ein Großteil von ihnen dem sportlichen Wettbewerb schadet. Dies hängt mit dem Aufwand zusammen, der betrieben wird, dass die Wahrscheinlichkeit möglichst hoch ist, dass das schnellste Auto am Ende des Qualifyings ganz vorne steht und zuverlässig das Rennen zu Ende fährt. Das heißt, dass wenn das schnellste Auto von vorne startet, niemand es einfangen oder überholen kann. Kommt dann noch eine Zuverlässigkeit hinzu, die einem Metrononom gleich kommt und ein wenig fehlerträchtiges Handling des Autos, so hat man alle Zutaten für ein durch und durch langweiliges Rennen zusammen.

Kontrolle der Automobilhersteller
Die FIA kann nicht verhindern, dass die großen Automobilhersteller große Geldsummen in die Entwicklung ihrer Motoren für die Formel-1-Weltmeisterschaft stecken. Sie kann jedoch die Anzahl der Motoren und andere Komponenten regulieren, die jedes Team bei Rennen verwenden kann. So können die Kosten bei den Rennen, nicht jedoch die bei der Entwicklung gesenkt werden. Je enger die Restriktionen bei den Rennen sind, desto geringer fallen die Kosten für die Rennen aus. Das Rennbudget macht dann einen geringeren Prozentsatz der Gesamtkosten der Hersteller aus, was es leichter macht, ein zusätzliches Team auszustatten.

Ausrüstung mit Motoren
Die Ausstattung von Teams mit Motoren könnte problematisch werden, wenn die Anzahl in der Formel 1 aktiver Automobilhersteller deutlich sinkt. In der ersten Instanz glauben wir, dass wir das Problem durch die Lebensdauer der Motoren übergehen können. Je größer die Anzahl an Rennen zwischen Motorwechseln ist, desto weniger erschwerend ist es, mehr als nur ein Team auszustatten. Jedoch kann dies für die Hersteller an einem Punkt eine große Belastung sein, sogar mit Sechs-Rennen-Motoren. Wir müssten dann mit den Betroffenen Gespräche führen, um eine Lösung zu finden. Im Extremfall wäre ein einziger Motorenausrüster vielleicht die Antwort.

Die Lösung
Durch die rigorose Anwendung bestehender Regelung hat die FIA vor, den Teams und Herstellern viel Geld einzusparen. Ein angenehmer Nebeneffekt wird sein, dass die Rennen selbst weniger vorhersehbar sind und aus diesem Grund interessanter sind. Durch die entschlossene aber gerechte Anwendung dieser Regeln wird die FIA sicherstellen, dass kein Team einen unfairen Nachteil hat. Der beste Fahrer und das beste Auto wird weiterhin die jeweilige Weltmeisterschaft gewinnen.

Lesen Sie demnächst die Analyse der für die Jahre 2003 bis 2006 geplanten Reglementsänderungen