War Imola das Meisterstück des künftigen Weltmeisters?

Fernando Alonso hat gestern mit einer sehenswerten Abgebrühtheit Michael Schumacher geschlagen - Renault voll des Lobes für ihn

(Motorsport-Total.com) - Michael Schumacher und Ferrari mögen gestern mit ihrem beeindruckenden Speed die Formel 1 regelrecht schockiert haben, doch das eigentliche Meisterstück des Tages war die taktisch unglaublich abgebrühte Fahrt von Fernando Alonso. Viele Experten sehen nun im noch recht jungen Renault-Piloten den kommenden Weltmeister.

Titel-Bild zur News: Fernando Alonso

Fernando Alonso zeigt es an: Der Hattrick von drei Siegen en suite ist geschafft!

"Es war fantastisch, zwei Fahrer vom Kaliber von Fernando und Michael bis zur letzten Kurve um den Sieg fighten zu sehen", meinte beispielsweise Renault-Chefingenieur Pat Symonds im Anschluss an das Rennen. "Michaels Pace war überragend. Sie sind definitiv wieder da. Fernando konnte damit aber umgehen und hat das Rennen in der entscheidenden Phase dominiert und kontrolliert. Wie wir schon zuvor in dieser Saison gesehen haben, war das die Leistung eines künftigen Champions."#w1#

Taktisches Meisterstück von Alonso am Ende

Alonso beeindruckte vor allem dadurch, dass er trotz eines um anderthalb Sekunden langsameren Fahrzeugs Schumacher sicher im Griff hatte. Zwar wurde der Ferrari in seinem Rückspiegel in der Tosa-Kurve einige Male bedrohlich groß, doch der Spanier konterte jede Attacke. In der Schlussphase nahm er in den Kurven sogar bewusst Tempo raus, um nicht mehr auf Nachzügler aufzulaufen, denn beim Überrunden hätte er unter Umständen seine Führung verlieren können.

"Es war mein bester Sieg in der Formel 1", strahlte der erst 23-Jährige nach seiner kalkulierten Vorstellung. "Ich wollte unbedingt gewinnen und musste hart dafür kämpfen. Ich war überzeugt, dass mich Schumacher nicht überholen würde, solange ich keinen Fehler mache, und ich konnte ihn ganz gut einbremsen. Am Anfang hätte ich nicht mehr geglaubt, dass er noch einmal herankommen würde, aber beim ersten Stopp hat er Positionen gutgemacht und dann war er plötzlich hinter mir."

Alonso warnt: "Wir dürfen nicht abheben"

Ganz cool fügte er noch an, dass er "schon härtere Duelle" gehabt habe, "beispielsweise mit Button in Hockenheim vor einem Jahr. Ich freue mich aber sehr über diesen Sieg. Ich hatte auf ein Podium gehofft, aber wir haben wieder gewonnen. Damit sind wir in der Meisterschaft in einer sehr guten Ausgangsposition, aber die Siege werden eine große Euphorie auslösen. Wir dürfen nicht abheben und müssen vorsichtig bleiben."

Ganz so unterlegen, wie es gestern phasenweise den Anschein hatte, dürfte Renault in Wahrheit dem neuen Ferrari nicht sein, weil Alonso über weite Strecken nur mit gedrosselter Drehzahl fahren konnte. Der Hitze-Grand-Prix von Bahrain hat seinen Motor so sehr strapaziert, dass er an den Trainingstagen ebenso wie im Rennen selbst nicht voll ans Limit gehen konnte. Hinzu kommt, dass Bridgestone erstmals in dieser Saison dominant war.

Symonds weigert sich jedenfalls dagegen, die Sensationspace des F2005 zu überschätzen: "Man sollte die Dinge nicht anhand eines Rennens beurteilen. In der Mitte des Rennens, zwischen Runde 28 und 48, als Michael zu Jenson (Button; Anm. d. Red.) aufschloss, waren seine Reifen nicht verschlissen. Er wurde immer schneller, je weniger Benzin er an Bord hatte, und der Rest hatte mit den Reifen zu kämpfen. Es besteht kein Zweifel daran, dass die Bridgestones sehr gut funktioniert haben", analysierte der Brite.

Symonds glaubt an anderes Kräfteverhältnis in Spanien

Und weiter: "Ich weiß nicht, ob sie einen Durchbruch geschafft haben oder ob sie für diese Strecke einen speziellen Reifen hatten, aber Imola ist eine eigenartige Strecke für die Reifen. Imola ist all das, was Barcelona nicht ist, daher kann man das Kräfteverhältnis nach Barcelona wahrscheinlich besser abschätzen. Sicher, der Ferrari ist schnell, aber das alleine kann es nicht sein. Wenn ein Auto anderthalb Sekunden schneller ist als ein anderes, dann hängt das mit vielen Faktoren zusammen", sagte Symonds.

Apropos Barcelona: Der Renault hat auf dem 'Circuit de Catalunya' bei den Wintertests vorzüglich funktioniert, während Michelin kaum eine andere Strecke so gut kennt - im Gegensatz zu Imola. Dennoch herrscht eine gewisse Demut nach der gestrigen Ferrari-Demonstration, zumal in 13 Tagen wohl die Aerodynamik den Ausschlag geben wird, mit der Ferrari enorme Fortschritte gemacht hat. Umgekehrt müssten dort aber auch die Stärken von Renault wieder mehr zum Tragen kommen.

Ferrari und McLaren-Mercedes setzen Renault arg zu

Alonso selbst geht jedenfalls recht bescheiden an seinen Heim-Grand-Prix heran: "Es wird immer schwieriger, zu gewinnen, denn Ferrari hat aufgeholt und zu Beginn des Rennens war Kimi (Räikkönen; Anm. d. Red.) auch unglaublich schnell, bis er ausgefallen ist. Die Wahrheit ist, dass meine Chancen auf einen Sieg in Barcelona mit jedem Tag kleiner werden", gab er im Interview mit einigen spanischen Journalisten zu Protokoll.

Lob für seine Darbietung erntete der WM-Leader übrigens auch aus Deutschland, beispielsweise von Ex-Formel-1-Pilot Hans-Joachim Stuck: "Alonso hat mit Sicherheit am Sonntag seine Meisterprüfung abgeliefert", wird der heutige TV-Experte von der 'ARD' zitiert. "Wer 15 Runden lang einen siebenmaligen Weltmeister hinter sich halten kann, der im Auto eine Sekunde mehr drin hat als man selbst, und wer dabei noch fair ist und das so perfekt macht, der hat es im Kasten und ist reif für den Weltmeistertitel."