Wäre Nico Rosberg ein würdiger Formel-1-Weltmeister?

Nico Rosberg steht in der Formel 1 vor seinem ganz großen Traum - Aber wäre der Titel angesichts der Technikpannen bei Hamilton auch verdient?

(Motorsport-Total.com) - Es geht bis zum letzten Rennen: Nico Rosberg hat den Matchball in Brasilien und den halben in Mexiko nicht zum vorzeitigen Titelgewinn in der Formel 1 genutzt. Dennoch steht er vor dem großen Gewinn, denn ein dritter Platz beim Großen Preis von Abu Dhabi 2016 würde ihm bereits reichen. Unter vielen Fans ist derweil eine Diskussion entbrannt, ob Rosberg ein würdiger Weltmeister wäre. Vielen fehlt bei seiner sachlichen Herangehensweise und Art, Rennen zu gewinnen, der Wow-Effekt.

Titel-Bild zur News: Nico Rosberg

Nico Rosberg lässt sich den Druck vor dem Rennen nicht anmerken Zoom

Atemberaubende, dominante Fahrten über das Wasser oder Siege im Trockenen mit über 30 Sekunden Vorsprung auch auf den eigenen Teamkollegen sind in der Regel Lewis Hamilton vorbehalten. Fleißige Arbeiter haben es gegen Naturtalente bei den Fans meist schwer. Hinzu kommen zahlreiche technische Defekte bei Lewis Hamilton, die ihn in dieser Saison gekostet haben (So sähe die Tabelle ohne Technikpech aus). Doch wie sehen es die Experten?

"Egal, wer an diesem Wochenende Weltmeister wird, verdient hätten sie es beide", sagt etwa Daniel Ricciardo. "Rosberg hat viele Pole-Positions und Siege geholt. Er hat einige beeindruckende Serie mit Siegen von der Pole aus hingelegt. Lewis hat tolle Aufholjagden gezeigt. Wenn Lewis gewinnt, wäre es ein unglaubliches Comeback, wenn Nico es macht, wird es heißen: Er war ja da das ganze Jahr." Damit spricht er es an: Zu verlieren hat nur Rosberg etwas.

Besser für Mercedes als Hamilton?

Sebastian Vettel kennt die Situation noch selbst, als er vor seinem ersten WM-Titel stand. Allerdings war die Situation damals anders, denn er steckte damals eher in der Situation von Lewis Hamilton. Er gibt zu, dass er selbst in dieser Situation, in der er nichts zu verlieren hatte, nervös gewesen sei: "Natürlich war ich sehr nervös, aber damals konnten vier Fahrer noch Weltmeister werden. Mir war klar, dass ich gewinnen muss. Daher habe ich versucht, alles andere auszublenden, und mich nur darauf konzentriert."

Die Anspannung bei Rosberg muss also riesig sein, da er alles zu verlieren hat. Zumal es um Titel Nummer eins geht, der laut Vettel ein "ganz Besonderer" sei. "Denn dann beweist man sich, dass man es schaffen kann." Vettel hätte übrigens gerne mit der Situation seines Landsmanns getauscht: "Wenn man es sich aussuchen könnte, würde man zwar lieber mit einem Punktepolster ins Rennen gehen, aber es war wie es war."

Sebastian Vettel

Vettel 2010 in Abu Dhabi: Er beneidet Rosbergs Situation Zoom

Marc Surer sieht in Nico Rosberg sogar einen besseren Weltmeister für die Marke Mercedes als in Lewis Hamilton. "International hat Hamilton sicherlich den größeren Namen, aber Rosberg ist natürlich auch durch seinen Vater Keke ein Markenwert. Außerdem hat Nico ein Auftreten, das einfach zu Mercedes passt. Man kann sich fragen, ob die Goldkettchen von Hamilton zu einem Mercedes-Fahrer passen. Rosberg ist der eloquente Vorzeige-Rennfahrer, der fünf Sprachen spricht und perfekt zur Marke passt", so die Meinung des 'Sky'-Experten.

Gefahr Red Bull

Hinzu kommt: "Er ist auch - im Gegensatz zu Hamilton - von Anfang an ein Teil des Mercedes-Rennstalls gewesen. Er hat das Team mit aufgebaut. Rosberg ist mehr Mercedes als Hamilton." Er warnt den zweimaligen Vizemeister aber davor, eine Angsthasen-WM nach Hause zu fahren: "Wenn Rosberg kann, dann sollte er versuchen, von der Pole-Position vorne weg zu fahren und gewinnen. Er muss sich schnell aus dem Staub machen, um nicht in einen Zweikampf mit einem Ferrari oder Red Bull verwickelt zu werden. Wenn Rosberg mit einem Sieg Weltmeister werden würde, wäre es auch für sein Image besser. Dann hätte er auf die Saison gesehen mehr erste Plätze als Hamilton."

Paul di Resta warnt ebenfalls vor einer ängstlichen Herangehensweise: "Eine Gefahr ist für ihn, wenn er zu vorsichtig agiert. So, wie er es in Monaco oder in Malaysia getan hat. Dort ist er dann sogar mit Vettel kollidiert. Wenn die Red Bulls eine Überholchance wittern, werden sie sie wahrnehmen." Jackie Stewart, der ebenfalls häufig mit Köpfchen gefahren ist, warnt im 'Guardian': Die beiden Red Bull seien sehr konkurrenzfähig und auch Ferrari werde nach einem guten Resultat streben. "Wir haben also vier Fahrer, die Nico Rosberg von dem abhalten können, was ich ein kalkuliertes Rennen nennen würde." Würdig wäre er dann, wenn er es durchzieht.


Fotostrecke: Triumphe & Tragödien in Abu Dhabi

Dennoch legen sich die meisten Fahrer fest, dass Rosberg den Titel holen werde. Nur Sebastian Vettel will sich nicht auf Tippspiele einlassen. Max Verstappen spielt außerdem die Stärke von Red Bull herunter, für die in Abu Dhabi schnelle Kurven fehlen: "Wir werden es versuchen. Sie werden sicher sehr stark sein. Es wird schwer, sie zu schlagen, aber wir kommen hoffentlich dicht an sie heran. Das wäre sehr positiv für uns." Also doch keine Gefahr? Am Freitag wird es ein erstes Bild geben. Ein Extra-Gespräch mit Mercedes werde es vor dem Rennen auch nicht geben, winkt Verstappen ab.