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Villeneuve: "Wie in einem dunklen Tunnel ohne Licht"
Der Comeback-Superstar im Interview über verlorene BAR-Jahre, Renault und Sauber, die große Rückkehr und Ziele
(Motorsport-Total.com) - Frage: "Jacques, du bist auch schon seit ein paar Tagen in Shanghai. Was hast du gemacht?"
Jacques Villeneuve: "Von der Stadt habe ich nichts gesehen. Ich bin am Dienstagabend angekommen, war seither aber nur an der Strecke, um mich vorzubereiten. Die Strecke selbst ist prächtig. Vielleicht hat das damit zu tun, dass ich das erste Mal in diesem Jahr fahre, aber es ist eine sehr, sehr schöne Anlage."

© xpb.cc
Die Formel 1 hat neben Schumacher einen zweiten Weltmeister: Villeneuve
Frage: "Kannst du uns mehr über die Strecke erzählen, über die Überholmöglichkeiten und so weiter?"
Villeneuve: "Es gibt ein paar harte Bremszonen, schnelle und langsame Kurven, einen guten Rhythmus, sogar so etwas wie eine überhöhte Kurve - ein bisschen von allem. Auf neuen Strecken sieht man so etwas eigentlich nicht mehr. Vom Layout her ist die Strecke eigentlich mehr wie aus den alten Tagen, nur dass die Wände weiter nach hinten versetzt sind."#w1#
"Es fühlt sich an, als sei ich wieder zuhause"
Frage: "Du hast in Silverstone schon getestet, aber wie ist dein erster Wettkampftag verlaufen?"
Villeneuve: "Es fühlt sich an, als sei ich wieder zuhause. Gut. Das Team arbeitet gut. Sie haben es mir sehr leicht gemacht, zurückzukehren und zu arbeiten, ich fühle mich sehr wohl hier und im Team gibt es keinen Druck, keinen Stress. Wir können uns auf das Arbeiten konzentrieren. Am Morgen habe ich mich hauptsächlich an die Strecke gewöhnt und herauszufinden versucht, wo das Limit des Autos liegt. Es war viel zu tun und bis jetzt läuft es ganz gut."
Frage: "Du bist recht nahe an Alonso dran. Stimmt dich das zufrieden?"
Villeneuve: "Ja. Es ist immer gut, nahe am Teamkollegen dran zu sein, das passt schon. Ich habe eine Weile gebraucht, um dahin zu kommen, aber jetzt kann ich ihn als Maßstab verwenden und darauf bezogen arbeiten."
Frage: "Wie fühlst du dich körperlich? Für diese Fliehkräfte kann man ja nicht wirklich trainieren, oder?"
Villeneuve: "Ich habe seit März hart trainiert und es scheint okay zu sein. Heute habe ich 45 Runden hingelegt, was fast eine Renndistanz ist, und das war kein Problem."
Frage: "Gestern hast du gesagt, du bist jetzt reifer als noch vor ein paar Jahren. Kannst du näher darauf eingehen?"
Villeneuve: "Wenn du ein Jahr zuhause bist, dann entspannst du dich, ganz egal wobei. Ich fahre Rennen, seit ich 17 Jahre alt war, manchmal mit zwei Monaten Pause dazwischen, aber es war immer ein gewisser Druck gegeben. Speziell die letzten paar Jahre waren schwierig, sehr politisch und so weiter. Da ist es einfach großartig, einmal durchatmen und entspannen zu können. Dadurch kann ich mit jeder Menge positiver Energie zurückkommen."
Frage: "Deinen künftigen Teamkollegen, Felipe Massa, hast du früher kritisiert..."
Villeneuve: "Ich habe viele Leute kritisiert."
Frage: "Wie wirst du mit ihm auskommen?"
Villeneuve: "Ich habe ihn in seiner ersten Saison kritisiert, denn da muss jeder noch dazulernen und jeder macht Fehler. Es ist nichts Schlechtes daran, Leute für Fehler zu kritisieren, solange sich daraus lernen. Ich habe den Eindruck, dass er jetzt einen sehr guten Job macht, er eckt bei niemandem an und das ist okay so. Er hat viel Erfahrung, hat Ferrari getestet und ist schon seit ein paar Jahren bei Sauber, also freue ich mich darauf."
Villeneuve würde seine Kollegen über Frauen ausfragen
Frage: "Wir Journalisten stellen immer die Fragen, aber welche Frage würdest du deinen Fahrerkollegen stellen, wenn du könntest?"
Villeneuve: "Sicher nicht über das Rennfahren, sondern über Frauen oder so - etwas Interessantes."
Frage: "Was hast du zwischen jetzt und Suzuka vor?"
Villeneuve: "Keine Ahnung. Die ganze Sache ist so schnell gegangen, dass ich mir darüber noch keinen Kopf machen konnte."
Frage: "Heute sind die meisten Piloten in der 16. Kurve von der Strecke abgekommen. Ist das die schwierigste Kurve? Und wenn nicht, was sind die anderen Schlüsselstellen?"
Villeneuve: "Naja, man sieht die Kurve am Eingang nicht so gut und außerdem ist sie ziemlich kurz, sie verzeiht also keine Fehler. In all den anderen Kurven kann man zu spät bremsen, dann kommt man von der Ideallinie ab, aber mein bleibt auf der Strecke, aber dort fliegst du einfach ab. Die schwierigsten Kurven sind Kurve eins und zwei."
Frage: "Dein Deal mit Renault wurde fast zur selben Zeit bekannt gegeben wie der mit Sauber. Wie hat Peter Sauber darauf reagiert, als er das erfahren hat?"
Villeneuve: "Er wusste, was am Laufen war, und war einverstanden. Wenn nicht, hätte ich es nicht gemacht."
Frage: "Luca di Montezemolo hat gesagt, wenn Ferrari drei Autos einsetzen muss, würde er am liebsten Valentino Rossi verpflichten, den Motorradfahrer. Was sagst du dazu?"
Villeneuve: "Er ist ein toller Fahrer. Er ist mit dem Motorrad so schnell, dass es keinen Grund gibt, warum er in einem Auto langsam sein sollte, also bin ich sicher, dass er nach einer halben Saison konkurrenzfähig wäre. Das Problem wäre aber, dass er nie in Nachwuchsformeln gefahren ist, die Formel 1 aber wahnsinnig anstrengend ist. Ich glaube nicht, dass ein Winter körperliche Vorbereitung ausreichen würde."
China 2004 ist für Villeneuve wie Australien 1996
Frage: "Wenn du zwischen deinem letzten Rennen 2003 und jetzt vergleichst, wie groß ist der Unterschied beim Fahren?"
Villeneuve: "Das ist für mich ein Anfang und nicht das Ende, alleine deswegen ist alles viel positiver. Ich fühlte mich wie in einem dunklen Tunnel ohne Licht am Ende, aber es wurde von Tag zu Tag nur schlimmer. Es sind so viele Dinge vorgefallen, die es mir schwer gemacht haben - und damit meine ich nicht das Fahren an sich. Jetzt fühle ich mich hingegen wieder wie bei meinem ersten Rennen 1996."
Frage: "Es kann sein, dass jedes Team nächstes Jahr drei Autos einsetzen darf. Da könnten sich natürlich neue Türen auftun. Wäre dann Sauber im Nachhinein eine falsche Entscheidung?"
Villeneuve: "Es würde nur vom Budget abhängen und wer der dritte Fahrer wäre."
Frage: "Mit einem Sauber wirst du wahrscheinlich nie einen Grand Prix gewinnen. Woraus wirst du deine Motivation schöpfen?"
Villeneuve: "Ich bin ja schon fünf Jahre in einer solchen Situation gefahren und die Motivation war immer da. Ich bin sicher, dass die Atmosphäre nächstes Jahr positiv sein wird, und das macht den Unterschied. Wenn man sich anschaut, welchen Schritt BAR dieses Jahr gemacht hat, ist alles möglich. Aber ich denke noch nicht einmal an nächstes Jahr, denn alleine im nächsten Monat gibt es genug zu tun. Ich freue mich aber schon auf nächstes Jahr."
Frage: "Wie hast du dich angesichts der Fortschritte von BAR dieses Jahr gefühlt?"
Villeneuve: "Das hängt davon ab, an wen ich dabei denke. Ich habe mich mit Jenson gefreut und mit den Jungs, die schon lange dabei sind. Über die letzten fünf Jahre haben wir gemeinsam viel Aufbauarbeit geleistet und jetzt sind endlich Resultate da und darauf bin ich auch ein bisschen stolz. Andererseits ist ein kleiner Teil natürlich auch unglücklich darüber, dass jetzt jemand anderes die Früchte erntet."
Frage: "Was ist der Grund für diese eklatante Steigerung?"
Villeneuve: "Da braucht es alles - Auto, Motor, Reifen, Fahrer, Team. Nach der Saison, die Jenson letztes Jahr hatte, konnte er dieses Jahr von Beginn an aggressiv sein und angreifen. Das hat gut funktioniert."
"Ich musste irgendwo daran glauben"
Frage: "Was hat dich in deiner Abwesenheit am meisten bewegt und hast du überhaupt noch daran geglaubt, je wieder zurückzukommen?"
Villeneuve: "Großartig war, dass ich mir ein Rennen vom Start bis zur Zielflagge ansehen konnte, weil mein Auto einmal nicht eingegangen ist! Ob ich dachte, noch einmal zurückzukommen? Ja, denn ich habe seit März trainiert, aber wenn du trainierst und kein Cockpit hast, ist es doppelt anstrengend, also musste ich irgendwo daran glauben."
Frage: "Freust du dich schon darauf, nächstes Jahr wieder in Kanada und Amerika zu fahren, wo du so viele Fans hast?"
Villeneuve: "Es wird großartig. Das ist zwar noch weit weg, aber mit Indianapolis verbinde ich immer sehr schöne Erinnerungen und Montreal ist mein Heimrennen."
Frage: "Glaubst du, dass du noch viele Jahre dabei sein wirst? Willst du Sauber als Sprungbrett in ein großes Team nutzen?"
Villeneuve: "Ich habe nie ein Team gegen ein anderes ausgespielt. Viele sagen, dass ich zu früh unterschrieben habe und meinen Wert hätte steigern können, wenn ich noch gewartet hätte, aber das wollte ich nicht. So arbeitet man nicht und ich denke daran im Moment auch gar nicht."

