• 25.01.2002 10:45

  • von Marcus Kollmann

Villeneuve: "Ich will endlich wieder siegen"

Der Formel-1-Weltmeister von 1997 im Gespräch über seine Ansprüche an BAR, seine Hoffnungen und seinen Notfallplan

(Motorsport-Total.com) - Nach drei sieglosen Jahren mit BAR-Honda hat Jacques Villeneuve den Kanal voll. "Dieses Jahr", so der Kanadier, "sollte das Team zu den besten drei Konstrukteuren gehören und das Auto muss gut genug für Siege sein." Noch deutlicher könnten die an sein Team gerichteten Worte nicht sein, beweisen sie doch, dass der 30-jährige Rennfahrer mit seiner Geduld am Ende ist.

Titel-Bild zur News: Jacques Villeneuve (BAR-Honda)

Villeneuve will dieses Jahr endlich wieder um Siege mitfahren

Zu oft ist er mittlerweile enttäuscht und auf Verbesserungen vertröstet worden. Doch die Testfahrten mit dem BAR 004 haben zumindest aufgezeigt, dass dem Team über den Winter tatsächlich Verbesserungen gelungen sind. Ob das reichen wird, um Villeneuves Forderungen zu erfüllen, wird sich jedoch erst noch zeigen müssen.

"Wenn ich in Führung liegend ausfallen sollte, dann kann ich das akzeptieren. Alles was ich will ist doch nur wieder die Chance zu haben Rennen zu gewinnen", verriet der 11-fache Grand Prix-Sieger der 'auto, motor und sport', dass er sich schon mit der Aussicht auf Rennsiege begnügen würde und seine Ansprüche schon zurückgeschraubt hat.

Villeneuve: Jetzt muss ich mir keine Sorgen machen gleich im nächsten Kiesbett zu landen

Ob dem Team aus Brackley, welches die letzte Saison mit 17 WM-Punkten als sechstbestes Team beendete, über den Winter jedoch solch enormer Leistungssprung gelungen ist, wie ihn Villeneuve fordert, muss bezweifelt werden. Von einer Saison zur anderen sind in der Formel 1 meist nur kleine Verbesserungen möglich.

"Ich lebe von der Hoffnung", gibt sich Villeneuve, der bislang 23 Mal aus der ersten Startreihe in ein Rennen ging, zweckoptimistisch. "Wir kannten die Schwächen des alten Autos und haben versucht diese beim neuen Auto von vornherein auszuschließen. Das Auto ist viel versprechender als das Vorjahresauto. Mechanisch ist es viel besser. Das Heck liegt viel ruhiger und man kann ohne die Sorge, gleich im Kiesbett zu landen, schnell in die Kurven fahren", bestätigt der Kanadier, dass sich das Team mit dem neuen Boliden viel Mühe gegeben hat.

Für den Fall, dass man diese Saison der Konkurrenz jedoch wieder nur hinterher fährt, lässt Villeneuve keinen Zweifel daran, dass er BAR verlassen wird. Im gleichen Atemzug räumt er jedoch mit einer seiner Meinung nach falsch verstandenen Äußerung auf: "Ich habe gesagt, dass ich das Team so früh es geht verlassen werde, sollte das Auto schlecht sein. Das wird jedoch nicht vor Ende dieses Jahres sein, denn ich besitze einen Vertrag und diesen werde ich auch erfüllen", bezieht sich der Kanadier auf Spekulationen der Presse, die mutmaßte er könnte schon inmitten der Saison das Handtuch werfen.

Der BAR 003 war einfach zu langsam, daran hätte auch David Richards nichts ändern können

Angesprochen von den Kollegen der 'auto, motor und sport' auf den plötzlichen Rücktritt seines Freundes Craig Pollock als Teamchef, meint Villeneuve, dass alle im Team davon total überrascht und geschockt gewesen seien.

"Ich wusste den wahren Hintergrund dafür bis heute nicht", so der Rennfahrer am Tag des Gesprächs. "Diese Entscheidung kam von ganz oben."

Enttäuscht ist der 30-Jährige, der Anteile am Team hält, vor allen Dingen darüber, dass man es nicht für nötig erachtete ihn über den Austausch des Teamchefs im Vorfeld zu informieren: "Die Tatsache, dass ich nicht davon zuvor informiert wurde, zeigt, wie viel sie von ihren Fahrern halten. Sie sind ganz offensichtlich nicht interessiert an meiner Meinung. Das ist fürwahr keine gute Basis für gegenseitiges Vertrauen", macht Villeneuve keinen Hehl daraus, dass er ziemlich sauer auf die Herren im Vorstand ist.

Dass sein neuer Teamchef, David Richards, Craig Pollock aus dem Boot gekantet hat, glaubt Villeneuve nicht. Deshalb bemüht er sich auch mit diesen an einem Strang zu ziehen, sodass man den Rennstall gemeinsam nach vorne bringen kann: "Was passiert ist hat nichts mit den neuen Leuten zu tun. Sie bekommen von mir eine faire Chance. Mein Vertrag sagt ja schließlich aus, dass nicht Craig sondern BAR mein Arbeitgeber ist."

Während der Vorstand Pollock wegen ausgebliebener Erfolge vor die Tür setzte, nimmt Villeneuve seinen von nun an wieder als Manager für ihn tätigen Freund in Schutz: "Weder Craig Pollock noch David Richards hätten das letztjährige Auto schneller machen können. Es war einfach zu langsam", schiebt der Kanadier die Schuld dafür den Konstrukteuren in die Schuhe.

Die Stimmung bei BAR ist trotz aller positiven Signale von den Testfahrten ganz offensichtlich noch immer ziemlich angespannt. Wann, wenn nicht in dieser Saison mit Villeneuve, soll es dem Team sonst gelingen Erfolge einzufahren?