• 22.01.2002 12:35

  • von Marcus Kollmann

Oastler: "FIA-Reglement ist vernünftig"

Der Technikdirektor im Gespräch über die Veränderungen bei BAR, die Stärken des Teams, Honda, das neue Auto und das Reglement

(Motorsport-Total.com) - Nachdem British American Racing mit dem BAR 003 letzte Saison über einen zu langsamen Boliden verfügte, hofft das Team um Malcolm Oastler, dass man mit dem neuen Auto die Schwachstellen des letzten Modells erfolgreich ausmerzen konnte. Der Australier, der über Reynard zum englischen Formel-1-Team kam, wird sich im Gegensatz zu den letzten drei Jahren ab März jedoch weniger um den neuen Boliden kümmern. Stattdessen wird er sich auf die Zusammenarbeit mit den technischen Partnern konzentrieren und dem ehemaligen Chefaerodynamiker von WilliamsF1, Geoff Willis, die Weiterentwicklung des BAR 004 anvertrauen.

Nachdem die Testfahrten der letzten Woche bestätigten, dass einem mit dem neuen Auto ein guter Wurf gelungen scheint, nahm sich Malcolm Oastler Zeit für ein Interview. Der 42-Jährige spricht darin über das neue Auto, die Stärken von British American Racing, Motorenpartner Honda, die zuletzt für etwas Unruhe sorgenden teaminternen Veränderungen, sowie das Formel-1-Reglement.

Titel-Bild zur News: Malcolm Oastler (Technischer Direktor)

Oastler ist bislang mit der Performance des BAR 004 zufrieden

Frage: "Erzählen Sie uns doch bitte etwas über das neue Auto. Ist es eine Weiterentwicklung des BAR 003 oder eher ein komplett neuer Entwurf?"
Malcolm Oastler: "Alle Formel-1-Autos sind Weiterentwicklungen. Wenn man alle Autos nehmen, sie rot lackieren und in die Startaufstellung stellen würde, so hätte man Schwierigkeiten zu sagen von welchem Team welches Auto stammt. In der heutigen Zeit unterscheiden sich die Autos kaum noch. Alles was man laut Reglement machen darf, kann man in gewisser Hinsicht als Weiterentwicklung sehen. Sagen wir doch einfach, dass unser neues Auto sich in gewissen Bereichen vom letztjährigen zur gleichen Zeit unterscheidet."

Frage: "Welche Ziele hat sich das Team für 2002 gesteckt?"
Oastler: "Zuerst einmal müssen wir den Trend des auf der Stelle Tretens umkehren. Wir werden wieder von hinten starten und müssen abwarten erreichen können. Deshalb ist eine Einschätzung schwierig."

Durch den neuen Motor hat der BAR 004 mehr Grip

Frage: "Wo sehen Sie die Stärken des Teams?"
Oastler: "Nun, es ist ein sehr stabiles Team. Es gibt eine Menge Dinge die hier bei BAR wirklich prima sind. Da wäre der Zusammenhalt des gesamten Teams, der starke Wille, die Art und Weise wie die Leute zusammenarbeiten und die Qualität der Leistungen. Unglücklicherweise konnten wir das in der Saison 2001 auf Grund der schlechten Performance des Autos nicht immer beweisen, aber einige unserer Stärken haben uns damals Podiumsplätze und die am Ende zu Buche stehenden 17 WM-Punkte ermöglicht."

Frage: "Honda hat für diese Saison einen komplett neuen Motor entwickelt. Wie groß schätzen Sie diesen Einfluss auf die Leistungsfähigkeit ein?"
Oastler: "Das ist zuallererst einmal eine gute Nachricht für das Auto. Der Motor besitzt einen größeren Zylinderwinkel und verfügt über einen niedrigeren Schwerpunkt. Dadurch wird sich der Grip und das Handling verbessern. Für mich ist dieser neuen Motor ein Schritt in die richtige Richtung, denn er steigert unser Leistungspotenzial. Und über mehr PS hat sich noch nie jemand beklagt."

Frage: "Durch die Verpflichtung von Geoff Willis, der ab März tätig sein wird, erfährt das Team weitere Unterstützung..."
Oastler: "Geoff wird eine Bereicherung für uns sein. Er ist analytisch, erfahren und sehr objektiv und wird ganz sicher gut zum existierenden Team hier passen."

Frage: "Wie viel Einfluss wird er auf den BAR 004 noch nehmen können?"
Oastler: "Er wird erst ab März, wenn die Saison voll im Gange ist, mit der Arbeit beginnen. Die Saison ist jedoch ziemlich lang und die Zeiten in der man in der Formel 1 auf etwas reagiert bekanntlich sehr kurz. In wenigen Monaten, da bin ich mir absolut sicher, wird BAR von Geoffs Erfahrungen profitieren können."

Die Form der Nase eines Autos beeinflusst die Leistungsfähigkeit kaum

Frage: "Craig Pollock hat das Team im Dezember verlassen. Wie denken Sie über seine Entscheidung?"
Oastler: "Nun, er hat enorm viel geleistet, um das Team auf die Beine zu stellen. Craig war derjenige der das Team aufgebaut hat und den später jeder als Teamchef kannte. Seine Leistungen mit Worten zu umschreiben ist ziemlich schwer. David Richards ist aber ab jetzt die Zukunft und wir müssen nun versuchen erfolgreich zu sein."

Frage: "Wenden wir uns wieder den technischen Dingen zu. Finden Sie, dass das gegenwärtige Reglement zu sehr bei der Konstruktion der Autos einschränkt?"
Oastler: "In jeder konkurrenzfähigen Motorsportserie bedarf es gewisser Regeln. Hätte man sie nicht, so würde alles drunter und drüber gehen. Was die Sicherheit anbelangt, so gibt es diesbezüglich Vorgaben die jedes Team erfüllen muss. Meiner Meinung nach ist das Reglement vernünftig. Ohne die verschiedenen Bestimmungen würden die Autos viel zu schnell für die Rennstrecken sein. Es wäre so wie in den frühen Achtzigern, wo die Autos das physikalische Limit der Fahrer überschritten und die Piloten sich Rückenverletzungen und solche Dinge zuzogen. Da so viel Aufwand betrieben wird die Autos immer schneller zu machen, müssen die Regeln so ausgelegt werden, dass diesem Trend entgegengewirkt wird. So muss es sein. Je beständiger das Reglement ist, desto mehr können sich alle daran orientieren und versuchen die bestmöglichen Lösungen herauszufinden. Das hat dann natürlich zur Folge, dass die Autos sich mehr und mehr gleichen. Einzig in den weniger empfindlichen Bereichen, wie zum Beispiel der Nase, findet man noch Unterschiede. Aber das hat kaum einen Einfluss auf die Leistung. Wie die Nase aussieht hängt letzten Endes von der Schönheitsauffassung des Designers ab. In allen anderen Bereichen ist jedoch die Aerodynamik der kritische Punkt."

Frage: "Zwischen 2001 und 2002 ist das Reglement nur unwesentlich verändert worden. Inwiefern hat das einen Einfluss auf Ihre Arbeit als Technischer Direktor gehabt?"
Oastler: "Ich kümmere mich ehrlich gesagt nicht zu sehr um die Regeln. Zumindest so lange nicht, so lange sie sich nicht zu schnell verändern. Manchmal, zum Beispiel nach einem Unfall, werden die Regeln von einer Minute zur anderen geändert und das kann es einem dann schon schwer, sehr schwer machen. Eine Änderung der Regeln ist meist ganz hilfreich das Interesse an der technischen Umsetzung zu wecken, aber wie ich schon sagte, so lange die Regeln für uns klar definiert sind kümmern sie uns nicht."