• 03.06.2008 16:12

Video-Feature: Wie schreitet die Simulation voran?

Was macht ein Formel-1-Team in der Rennvorbereitung? Die Techniken in den entsprechenden Simulationsgebieten werden immer wichtiger und ausgefeilter

(Motorsport-Total.com) - An diesem Wochenende muss der Toyota TF108 zum ersten Mal mit der kanadischen Strecke von Montréal, dem Circuit Gilles Villeneuve zu Recht kommen. Zumindest in der Realität, aber nicht in der virtuellen Simulationswelt bei Toyota.

Titel-Bild zur News: Jarno Trulli

Toyota testet nicht nur auf der Strecke, sondern auf viel in der Simulation

Denn schon bevor der echte TF108 seine erste Runde auf der Ile-Notre-Dame gedreht hat, können sich die Ingenieure auf eine Datenbank voller Informationen stützen, nach denen das Fahrverhalten des Autos auf der 4,361 Kilometer langen Strecke simuliert wurde.#w1#

In Köln beschäftigt das Team eine ganze Reihe von Simulationstechnikern, die den Piloten noch vor dem ersten Freien Training einen Informationsvorsprung geben wollen. Die Palette reicht dabei von Windkanal und Motorentestbank, bis zum Rüttelprüfstand (Seven-Post-Rig) und dem CFD (Computational Fluid Dynamics).

In Kanada ist für gewöhnlich das Fahrverhalten über die Kurbs der Erfolgsschlüssel und Toyota hat viel Zeit darauf verwendet, das Fahrverhalten des TF108 gemäß den Anforderungen von Montréal auf dem Seven-Post-Rig zu simulieren.

Rüttelprüfstand und Motorentests

Ein originaler TF108 wird dabei auf einem hydraulisch gesteuerten Prüfstand platziert, der mit Daten aus früheren Jahren gefüttert ist, und der das Auto genauso durchschüttelt, wie es der Fahrer erlebt, wenn er die Schläge und die Kerbs von Montréal erleidet. Dieses Prinzip gibt wichtige Informationen betreffend Aufhängungs- und Stoßdämpfereinstellungen, was wiederum die Ingenieure in die Lage versetzt zu beurteilen, was funktioniert und was nicht.

"Das ist im Vorfeld von Montréal noch wichtiger", betonte Chefingenieur Dieter Gass. "Denn hier hat es vier Schikanen und je mehr man von diesen Schikanen mitnehmen kann, desto eher kann man daraus eine gerade Linie machen und gewinnt so Zeit. Das heißt: Wenn ein Auto perfekt über die Kerbs fährt, dann gewinnt man Geschwindigkeit und Rundenzeit."

Doch das ist nur ein Teil der standardmäßigen Rennvorbereitung bei Toyota. Der Motorenprüfstand ist ein weiteres Element. Dieser erlaubt es einem RVX-08-Triebwerk ohne Chassis zu arbeiten. Der Motor wird durch die gleichen Drehzahlen und Gänge gejagt, die Jarno Trulli und Timo Glock in Kanada erleben.

Dabei kann ein Motor eine komplette Renndistanz abspulen, ohne sich auch nur einen Millimeter zu bewegen. Die Testdaten ermöglichen den Ingenieuren, das Triebwerk für jede Strecke fein zu tunen und darüber hinaus auch Verbesserungsmöglichkeiten zu entdecken, bevor die Fahrer auf die Strecke hinaus fahren.

"Normalerweise haben wir vor Kanada oder jedem anderen Rennen den kompletten Umfang des Gaspedals im Computer, der beispielsweise Jarnos Fahrstil auf dem Prüfstand reproduziert", erklärt Toyota-Motorenchef Luca Marmorini. "So können wir potenzielle Probleme erahnen, die sich in Sachen Ansprechverhalten oder Motorenmapping ergeben, auf die Fahrer und Teams vielleicht erst in Kanada stoßen würden."

Ohne CFD geht nichts mehr

Auch wird jedes Aerodynamikteil, das einmal im TF108 eingebaut werden könnte, in Köln gründlich analysiert, bevor es seinen Job verrichten kann. Der erste Teil dieses Prozesses besteht in einem virtuellen Test mit CFD-Computern, die die Luftströmung über ein neues Teil simulieren, und auch dessen Auswirkung auf das gesamte Auto. Wenn ein neues Teil durch diesen Test fällt, dann ist es sehr wahrscheinlich, dass dieser Weg nicht weiter verfolgt wird.

"Wir leben nun in einer digitalen Welt", erklärt Toyota-Präsident John Howett. "Das müssen wir anerkennen und in der Formel 1 werden die Grenzen der Simulation und der Computerkraft permanent angegangen, um absolut zu verstehen, wo in Zukunft Performance gefunden werden kann. Natürlich werden wir auch weiterhin auf der Strecke und im Windkanal testen, aber normalerweise sind bereits jetzt die Bereiche, in denen wir uns bewegen, von einer Computersimulation vordefiniert."

Wenn die CFD-Tests erfolgreich waren, dann wird aus einem virtuellen Teil Realität und es wird in den Windkanal geschickt, wo ein skaliertes Modell mit Luftströmung angefahren wird, um den Geschwindigkeitseffekt inklusive Streckenbedingungen, Fahrzeughöhe und einigen Faktoren mehr zu simulieren. Nur danach wird ein Teil in Betracht gezogen, um auch am Auto selbst benutzt zu werden.

Trotzdem kann kein auch noch so hoher Betrag an Simulation ein perfektes Setup garantieren, wie Chefkonstrukteur Pascal Vasselon bestätigt: "Auch Simulationen haben natürliche Grenzen, deswegen ist es ganz entcheidend, dass man diese auch ganz genau kennt. Zum Beispiel kann dir keine Simulation genau sagen, wie steif deine Aufhängung sein muss. Aber eine Simulation kann dir eine Richtung und eine Diagnose vorgeben."

Wie Toyota seine Simulationen gestaltet und was auf die Piloten in Montréal alles zukommt, können sie sich neben vielen weiteren Features auf unserer Video-Seite anschauen.