Vettel: Der Champion mit zwei Gesichtern

Während Helmut Marko und Christian Horner Weltmeister Sebastian Vettel über den grünen Klee loben, erkennt Marc Surer beim Champion zwei Gesichter

(Motorsport-Total.com) - Sebastian Vettel sicherte sich beim Grand Prix von Indien mit einem Sieg seinen vierten Weltmeistertitel. "Er hat es mit Stil eingefahren, mit einem Sieg. Ich weiß, dass ihm das ganz, ganz wichtig war und es freut mich unheimlich für ihn, dass er nicht nach einem problematischen Rennen als Fünfter ins Ziel gekommen ist. Es ist im Vettel-Stil passiert", analysiert 'Sky'-Experte Marc Surer.

Titel-Bild zur News: Sebastian Vettel

Sebastian Vettel: Mit 26 Jahren der jüngste Vierfach-Weltmeister aller Zeiten Zoom

Mit 26 Jahren ist Vettel nicht nur der jüngste Vierfach-Weltmeister aller Zeiten, sondern im Unterschied zu den drei anderen Fahrern, die vier oder mehr Titel eingefahren haben (Juan Manuel Fangio, Alain Prost und Michael Schumacher) auch der einzige, dessen erste vier Titel in aufeinanderfolgenden Jahren zustande kamen.

So sieht Surer den Zenit bei Vettel noch lange nicht erreicht: "Wenn einer schon in dem Alter vierfacher Weltmeister ist, ist viel Luft nach oben. Wenn der so weitermacht, wer soll ihn dann eigentlich schlagen? Wenn man im Feld so rumschaut: Okay, er hat harte Gegner - vier, fünf, die auch Rennen gewinnen und im richtigen Auto um die WM fahren können. Es ist aber so, dass er sich immer wieder durchsetzt."

"Die Saison hat ja nicht so gut angefangen für ihn. Sie haben viel gejammert über die Reifen, haben dann die richtigen Reifen bekommen und seither fahren sie allen um die Ohren", merkt Surer mit Blick auf die Kombination Vettel/Red Bull, deren erste Saisonhälfte 2013 und den im Juli vollzogenen Pirelli-Wechsel zurück auf die Reifenkonstruktion von 2012 an.

Marko lobt Vettels Punktesammeln zu Saisonbeginn

In diesem Zusammenhang führt Red-Bull-Motorsportberater Helmut Marko gegenüber 'Sky Sports F1' an: "Ja, wir hatten Schwierigkeiten, aber Sebastian hat nichts falsch gemacht. Als er nicht gewinnen konnte, war er geduldig und hat die Punkte mitgenommen, die zu holen waren. Was dann wirklich außergewöhnlich war, war, wie er nach der Sommerpause zurückkam. Da war er in einer unglaublichen Form."

Angesichts der eingefahrenen Erfolge stellt sich vielen Beobachtern die Frage, wo Vettel überhaupt Schwächen hat. Für Marko jedoch stellt sich diese Frage gar nicht: "Es gibt keine und er entwickelt sich immer noch weiter. Das ist unglaublich", staunt der 70-jährige Österreicher.


Fotostrecke: Stimmen zu Vettels viertem Titel

Red-Bull-Teamchef Christian Horner stimmt zu: "Ich glaube, Sebastian ist in diesem Jahr reifer geworden. Die Art und Weise, wie er auf der Strecke seine Leistung abliefert, war in diesem Jahr so gut wie niemals zuvor. Er legt die Messlatte stetig höher. Das Aufregende daran: Er ist ja gerade einmal 26 Jahre alt. Er hat erst 117 Grands Prix auf dem Buckel, 36 davon gewonnen und ist nun ein vierfacher Weltmeister."

Horner: Vettel-Erfolge sind kein Zufall

"Seine Siege und Errungenschaften sind kein Zufall, sondern das Ergebnis seines riesigen Talents, seiner enormen Hingabe und seiner fantastischen Arbeitseinstellung, die ihn stets die eigene Performance hinterfragen lässt. Er kritisiert sich selbst und inspiriert dadurch auch die Leute um ihn herum", lobt Horner Vettels Wirkung auf die gesamte Red-Bull-Truppe.

So besteht für den Teamchef kein Zweifel daran, dass vier Konstrukteurstitel in Folge ohne den Nummer-eins-Fahrer aus Heppenheim nicht möglich gewesen wären. "Ohne Sebastian hätten wir natürlich nicht vier WM-Titel in Folge gewonnen. Er ist inzwischen zu Recht einer der größten Fahrer dieses Sports. Es muss aber alles zusammenpassen. Man kann den besten Fahrer der Welt oder den besten Designer der Welt haben. Wenn man nicht das richtige Team hat und nicht als Team zusammenarbeitet, dann wird das niemals funktionieren", so Horner.

"Er kritisiert sich selbst und inspiriert dadurch auch die Leute um ihn herum." Christian Horner über Sebastian Vettel

Wackeln langfristig gesehen sogar die Rekorde von Michael Schumacher, der es in seiner aktiven Karriere auf insgesamt 91 Grand-Prix-Siege und sieben WM-Titel gebracht hat? "Das lässt sich unmöglich vorhersagen", findet Horner, schließt es aber nicht gänzlich aus: "Zum jetzigen Zeitpunkt in Sebs Karriere ist seine Siegquote schon absolut unglaublich, aber in diesem Sport hängt der Erfolg von so vielen Faktoren ab. Rein vom Talent her gibt es keinen Grund, warum er den absoluten Rekord nicht erreichen sollte."

Zwei Gesichter: Multi21 und Everybody's Darling

Während Marko und Horner Vettels Teamgeist und dessen Qualitäten über den grünen Klee loben, bleibt festzuhalten, dass sich der nun vierfache Weltmeister beim Grand Prix von Malaysia im März dieses Jahres über die Anweisung des Teams hinweggesetzt hat. Die als 'Multi21' in die Annalen eingegangene Stallorder-Affäre ließ Vettel in einem anderen Licht erscheinen.

Mark Webber, Sebastian Vettel

Unrühmliches Kapitel in Vettels Erfolgsgeschichte: Sepang 2013 Zoom

"Es war schon hart an der Grenze. Auf der anderen Seite zeigt es seinen ungewöhnlichen Siegeswillen", findet Experte Surer im Rückblick auf die Vorkommnisse in Sepang. Aber: "Er muss sich dann natürlich nach so einem unsportlichen Manöver nicht wundern, wenn es hinterher auf dem Podium Pfiffe gibt, weil er eine klare Teamorder missachtet hat. Er ist jetzt irgendwo zwischen Stuhl und Bank. Vorher war er der nette Junge von nebenan, der einfach saugut Autofahren kann. Jetzt haben wir plötzlich gesehen: Der ist so ehrgeizig, dass er auch vielleicht mal ein bisschen unsportlich sein kann."

"Das waren wir nicht gewohnt von ihm", führt Surer an und stellt die Frage: "Was ist er jetzt? Der nette Junge oder der, der unbedingt gewinnen will - egal wie. So wie Michael Schumacher früher." Der Schweizer ist überzeugt: "Es wird schwierig, dieses Image aufzupolieren, aber wenn man Weltmeister wird, kann einem das eigentlich egal sein."

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