Vergne geläutert: "Wäre bei Red Bull böse überrascht worden"
Jean-Eric Vergne erklärt, warum er froh ist, von Red Bull nicht berücksichtigt worden zu sein, wieso er länger bei Toro Rosso bleiben will und weshalb Kwjat eine Hürde ist
(Motorsport-Total.com) - Im Vorjahr nahm Jean-Eric Vergne die Entscheidung , nicht ihn sondern seinen Toro-Rosso-Teamkollegen Daniel Ricciardo zum Red-Bull-Piloten zu befördern, persönlich. Christian Horners Argumentation, ihm mangle es an Konstanz, kam beim Franzosen nicht gut an. Er konterte die Kritik und meinte, dass der Red-Bull-Teamchef bei Toro Rosso zu wenig Einblick habe.

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Der neue Vergne: demütig, aber mit Führungsqualitäten Zoom
Mit etwas Abstand sieht Vergne die Situation aber nun anders. "Ich habe mir im Winter die Zeit genommen, mir selbst in den Spiegel zu schauen", erklärt er seinen Sinneswandel. "Ich habe erkannt, dass es eine gute Sache ist, dass ich von Red Bull nicht berücksichtigt wurde. Ich bin froh, hier bei Toro Rosso zu sein."
Der 22-Jährige gibt sich nun äußerst selbstkritisch: "Ich habe die Entscheidung, von Red Bull nicht berücksichtig zu werden, als Niederlage empfunden. Und als Pech - denn wenn etwas nicht klappt, dann empfindet man sehr schnell alles als schlecht. Wenn ich aber jetzt auf 2013 blicke, dann war ich damals ein sehr schwacher Fahrer - vor allem im Kopf. Wenn ich dann zu Red Bull gegangen wäre, dann hätte ich das als Sieg wahrgenommen, und ich hätte im Winter nicht auf diese Weise an mir gearbeitet. Und dann hätte ich vielleicht im Kampf gegen Sebastian eine böse Überraschung erlebt."
Ein demütiger Teamleader
Obwohl Vergne erst in seine dritte Toro-Rosso-Saison geht, ist er damit der längstdienende Pilot des Rennstalls aus Faenza. Mit dem Russen Daniil Kwjat, der erst 19 Jahre alt ist, bekommt er nun einen neuen Teamkollegen. Damit rutscht der Franzose automatisch in die Rolle des Teamleaders.
Er gibt sich aber äußerst demütig: "Dass Daniil der neue Mann ist, bedeutet nicht, dass er nicht schnell sein wird. Er ist ein wirklich schneller Fahrer, und ich bin sicher, dass er bei vielen Rennen so schnell sein wird wie ich, manchmal sogar schneller. Das muss ich akzeptieren."
Vergne freut sich, dass ihm das Team für ein weiteres Jahr das Vertrauen schenkt und nimmt die Führungsrolle an: "Ich muss das Team nach vorne bringen und es in die richtige Richtung leiten." Gleichzeitig weiß er aber auch, dass er erst am Anfang seiner Karriere steht: "Ich gehe erst in meine dritte Saison. Ich sehe mich nicht als ähnlich erfahren wie Fernando Alonso. Ich bin bescheiden und muss noch viel lernen. Nur weil ich der erfahrenere Mann bin, gehe ich nicht davon aus, dass bei mir alles passt."
Best of the Rest
Obwohl Toro Rosso Red Bull als Ausbildungsteam dient und Piloten daher meist nur auf der Durchreise sind, sieht Vergne in Faenza für sich auch langfristige Perspektiven: "Wenn man nicht für eines der Top-Teams wie McLaren, Mercedes, Red Bull oder Ferrari fährt, dann ist das hier der beste Ort. Ich sehe das nicht als mein letztes Jahr bei Toro Rosso - wenn das Team bei mir Potenzial sieht und ich Fortschritte beim Team sehe, dann würde ich gerne hier weitermachen."
Zumal er in den vergangenen Jahren positive Veränderungen bemerkt hat. Seit dem Rauswurf von Langzeit-Technikchef Giorgio Ascanelli, der im Sommer 2012 durch den talentierten James Key ersetzt wurde, geht es aufwärts: "Die Mentalität hat sich stark verändert - wir wollen jetzt ein gutes Team sein, das zu den besten Fünf zählen will. Dafür waren große Änderungen notwendig."
Teamumbau sollte 2014 Früchte tragen
Für Vergne ist es nur eine Frage der Zeit, bis sich die Folgen der Umstrukturierung auch auf der Strecke in Resultaten widerspiegeln werden: "Veränderungen passieren in der Formel 1 nicht in einem Jahr - es handelt sich um einen langfristigen Prozess, der immer noch andauert. Ich hoffe, dass sich unsere Fortschritte dieses Jahr zeigen, denn 2013 hatten wir meiner Meinung nach kein gutes Jahr. Die Fortschritte haben sich trotz der großen Veränderungen im Team nicht gezeigt."
Durch den Wechsel des Motorenpartners fühlt sich der Toro-Rosso-Pilot nun noch heimischer in seinem Rennstall: Ferrari wurde diesen Winter durch Vergnes Landsleute von Renault ersetzt. "Die Arbeitsbeziehung zu Renault ist ganz anders", fällt ihm auf. "Sie sind Franzosen, und für mich ist es gut, dass sie jetzt da sind und ich mit ihnen viel sprechen kann."

