Trotz weltweiter Finanzkrise: Formel 1 rechnet sich

Trotz des Zusammenbruchs der weltweiten Finanzmärkte können die Austragungsländer mit der Formel 1 einen guten Return of Investment erzielen

(Motorsport-Total.com) - Kaum ist der eine Schock voll verarbeitet, steht auch schon der nächste vor der Tür: Nur gut zwei Jahre nach dem Verbot der Tabakwerbung, die der Formel 1 eine ganze Sponsorenindustrie weggenommen hat, sehen sich die Königsklasse des Motorsports und die damit verbundenen Unternehmen nun mit dem Einbruch der internationalen Finanzmärkte konfrontiert.

Titel-Bild zur News: Skyline von Singapur

Singapur ist wirtschaftlich gesehen ein Segen für das Formel-1-Business

Selbst die US-Großbank Lehman Brothers, die Anteile an der Formel-1-Holding Delta Topco besitzt, musste dieser Tage Insolvenz anmelden. Doch auch wenn das keine unmittelbaren Auswirkungen auf die Bilanzen der Teams haben mag, so ist es doch eine Tatsache, dass viele globale Unternehmen derzeit auf ihr Geld schauen müssen - und das bedeutet, dass weniger Interesse an millionenschweren Sponsoringdeals vorhanden ist.#w1#

Finanzkrise sogar als Chance?

Daueroptimist Norbert Haug freilich sieht das etwas differenzierter: "Ich glaube, das ist sogar eine große Chance für uns, denn je mehr die Unternehmen unter Druck stehen, desto mehr stehen sie auch unter Druck, ihre Produkte zu verkaufen. Dafür braucht man mehr Werbung, die sehr spezifisch ist. Ich glaube, die Formel 1 kann das anbieten", erläuterte der Mercedes-Sportchef gestern im Rahmen der FIA-Pressekonferenz in Singapur.

Das derzeit stattfindende Rennwochenende in der südostasiatischen Finanzmetropole ist ein Paradebeispiel für die Vernetzung zwischen der Formel 1 und der globalen Wirtschaft. Singapur kommt auch gerade zum richtigen Zeitpunkt, denn der Event präsentiert die Königsklasse in einem unglaublich aufregenden und spektakulären Licht und stellt gleichzeitig eine weitere Erschließung des mit hohem Wachstumspotenzial gesegneten asiatischen Markts dar.

In Europa hat die Formel 1 längst den Plafond erreicht, doch in Asien gibt es noch viel zu holen: "Wir müssen mit dem Halter der kommerziellen Rechte, mit Bernie (Ecclestone; Anm. d. Red.), zusammenarbeiten, um den Sport expandieren zu lassen", so Williams-Geschäftsführer Adam Parr. "Singapur beweist, dass das FOM (Formula One Management; Anm. d. Red.) etwas Phänomenales geschaffen hat. Unsere Partner und Sponsoren sind absolut begeistert von diesem Event."

Und zufriedene Sponsoren nehmen bekanntlich leichter Geld in die Hand als unzufriedene. Denn dass sich das Projekt Formel 1 grundsätzlich rechnet, das steht außer Frage. 2007 beispielsweise haben die 13 vom Staat unterstützten Rennveranstalter 188 Millionen Euro an staatlichen Geldern investiert und damit einen Return of Investment von 553 Prozent generiert. Sprich: Für jede investierte Million gab die Formel 1 acht Millionen zurück.

Fahrerlager von Manama

Die Bahrainis investieren, verdienen aber auch am meisten mit ihrem Grand Prix Zoom

Fuji am effizientesten

Gerade für die Asienrennen ist die Formel 1 Gold wert. Am meisten Geld wurde 2007 mit einem Grand Prix in Bahrain erwirtschaftet (270 Millionen Euro). Allerdings muss Bahrain auch die höchste Veranstaltungsgebühr an das FOM überweisen (31 Millionen Euro). Den höchsten Return of Investment erzielten - bei relativ geringen staatlichen Ausgaben - Fuji und Monte Carlo mit 1.750 beziehungsweise 1.714 Prozent.

Interessant: Kein einziges staatliches Investment in die Formel 1 wies 2007 eine negative Bilanz auf. Das sollte den Regierungen in Großbritannien oder auch in Deutschland zu denken geben, wo man nur ungern eine Wirtschaftssportart wie die Formel 1 subventioniert. Fairerweise muss man jedoch auch zugeben, dass am Nürburgring das schlechteste Kosten/Nutzen-Verhältnis erzielt wurde. Nur: Das bedeutete immer noch einen Return of Investment von 167 Prozent!

Sieger dieser Rechnung sind aber nicht nur die Austragungsländer, sondern natürlich auch die Halter der kommerziellen Rechte, sprich vordergründig die Investmentgesellschaft CVC und Ecclestone. Ecclestone darf 2008 einnahmenseitig mit 276 Millionen Euro an Grand-Prix-Gebühren rechnen, was im Vergleich zu 2007 einer Steigerung um 22,6 Prozent entspricht - unter anderem auch dank der neuen Events in Valencia und Singapur.

Vier Grands Prix ohne staatliche Gelder

Immerhin vier Rennen - Indianapolis (USA), Silverstone (Großbritannien), Monza (Italien) und São Paulo (Brasilien) - wurden 2007 mit keinem einzigen staatlichen Euro subventioniert. Folglich können die dortigen Veranstalter keine so enormen Grand-Prix-Gebühren zahlen wie Bahrain, China und Co., was wiederum erklärt, warum Ecclestone aus Europa weg will. Warum in Silverstone fahren, wenn er woanders dreimal so viel verdienen kann?

Bernie Ecclestone

Singapur war wieder einmal ein Geniestreich von Bernie Ecclestone Zoom

Doch zurück zum Ausgangspunkt, zur weltweiten Finanzkrise. Die Formel 1 hat bisher nicht allzu stark darunter gelitten, doch nun müssen Maßnahmen getroffen werden, damit das auch so bleibt. Christian Horner: "Es liegt an den Teams, geschlossen mit der Sporthoheit zusammenzuarbeiten, damit wir verantwortungsbewusst mit den Kosten umgehen", so der Red-Bull-Teamchef, einer der vehementesten Verfechter der anvisierten Kostensenkung.

Toro-Rosso-Kollege Gerhard Berger glaubt, "dass alle von der Wirtschaftskrise betroffen sind. Es kommen schwierige Zeiten auf uns zu, gar keine Frage, und wenn man sich mal anschaut, welche neuen Sponsoren in die Formel 1 kommen, dann sind das nicht mehr allzu viele. Vor allem die Großen werden weniger. Ich sehe es so, dass die nächsten zwei Jahre nicht einfach für uns werden", gab der Österreicher zu Protokoll.

Fazit: Die Finanzkrise wirkt sich nicht direkt auf die Teams aus, denn die Verträge mit den Sponsoren stehen fest und die Budgets sind somit gesichert. Es geht vor allem darum, einen mittelfristigen Einnahmenrückgang abzufedern, der drohen könnte, weil die Sponsoren mit ihrem Geld besser haushalten müssen. Aber dass die Formel 1 grundsätzlich in einem gesunden Zustand ist, daran besteht trotz allem kein Zweifel.

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