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  • 28.08.2015 19:40

  • von Dieter Rencken, Mario Fritzsche & Dominik Sharaf

Transfermarkt: Formel-1-Teams und ihre "präzisen Werkzeuge"

Beim welchem Team ein Fahrer unterkommt, entscheidet nicht nur der Manager - Didier Coton spricht von "ganz präzisen Tools", die von den Teams eingesetzt werden

(Motorsport-Total.com) - Bei der Frage, ob ein junger Rennfahrer den Sprung in die Formel 1 schafft, entscheidet längst nicht mehr nur das fahrerische Talent. Auch der Geldbeutel ist nicht immer das ausschlaggebende Kriterium. Unterm Strich kommt es darauf an, ob die Kandidaten - häufig vertreten durch ihre Manager - nachweisen können, dass sie ins Gesamtkonzept des jeweiligen Teams passen.

Titel-Bild zur News: Didier Coton

Didier Coton ist einer der erfahrensten Manager in der Formel 1 Zoom

Didier Coton, der mit seiner "Aces Management Group" unter anderem als Manager von Valtteri Bottas und Esteban Gutierrez auftritt, erklärt, wie er bei der Förderung junger Talente vorgeht und wir er ihnen hilft, die Karriereleiter zu erklimmen. "Man verfolgt die Nachwuchsklassen. Dabei fallen einem sehr schnell die Fahrer auf, die herausstechen. Man behält ein Auge auf sie, aber wie es danach weitergeht, hängt von verschiedenen Faktoren ab", so Coton.

Wichtig sei in diesem Zusammenhang vor allem der Faktor Zeit. "Um jemanden zu fördern, braucht es Zeit. Es ist eine große Verantwortung, einen Fahrer unter seine Fittiche zu nehmen. Demzufolge trifft man eine solche Entscheidung nicht innerhalb von Sekunden", sagt der erfahrene Manager, der vor drei Jahren auch beratend für Lewis Hamilton tätig war.

Eric Boullier macht Werbung für Esteban Ocon

Am schwersten fällt das Abgeben der Verantwortung häufig den Eltern der jungen Nachwuchstalente, wie Coton aus eigener Erfahrung weiß. "Im Kartsport stecken die Eltern oft jeden Penny in die Karriere ihrer Kinder und wenden zudem unglaublich viel Zeit dafür auf. Irgendwann aber kommt der Punkt, an dem sie loslassen müssen. Das wissen sie auch, denn oft sind es ja die Eltern, die Leute wie mich anrufen und fragen, ob man helfen kann. Doch selbst in diesem Wissen ist es für sie eine komplizierte Situation."

Esteban Ocon

Formel-3-Europameister Esteban Ocon fährt derzeit in der GP3-Serie Zoom

Eric Boullier bestätigt dies. Über seine Managementfirma "Gravity Sport Management" warf der Franzose schon früh ein Auge auf seinen jungen Landsmann Esteban Ocon. "Ich habe angefangen, ihn zu unterstützen, als er zwölf Jahre alt war", erinnert sich Boullier. Inzwischen ist Ocon 18 Jahre alt und fährt als amtierender Formel-3-Europameister in der GP3-Serie. Dort belegt er aktuell Platz zwei der Gesamtwertung hinter Luca Ghiotto.

"In der Formel 3 fuhr er gegen Max Verstappen und sah dabei hervorragend aus. Er ist derjenige, der Max Verstappen geschlagen hat", macht Boullier Werbung für Ocon. "Dann testete er für Lotus und jeder, der dabei war, hat gesagt, dass er erstaunlich war. Er testete für Ferrari in Fiorano, da das der Preis für den Gewinner der Formel-3-EM war. Ich glaube, da hat er sogar den Streckenrekord gebrochen. Dann testete er für Force India. Dort waren sie von ihm derart beeindruckt, dass sie ihn zweimal zurückgerufen haben."

Pascal Wehrlein bei Mercedes mit den besseren Karten

Zwar hat man auch bei Mercedes ein Auge auf Ocon geworfen, doch aus einem Aufstieg in den Formel-1-Kader wird so schnell wohl nichts werden. "Sie haben dieses kleine Problem, denn sie haben Pascal Wehrlein, der ein sehr talentierter Kerl ist", spricht Boullier auf den aktuellen Testfahrer im Lager der Silberpfeile an. Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff bestätigt: "Pascal und Esteban sind ganz klar zwei der jungen Fahrer, die viel Talent mitbringen. Pascal ist natürlich derjenige, den wir besser kennen, weil er schon seit geraumer Zeit zu unserem Kader gehört, zunächst in der Formel 3 und dann in der DTM."

Pascal Wehrlein

Pascal Wehrlein gehört seit geraumer Zeit zum Mercedes-Kader Zoom

Bei seinen Einsätzen als Formel-1-Testfahrer hat Wehrlein "sowohl bei uns als auch bei Force India überzeugt", wie Wolff betont. Während der 20-jährige Deutsche bei Mercedes fest im Sattel sitzt, spricht Wolff in Bezug auf Ocon lediglich von einer Option: "Es ist nicht klar, wie es mit ihm weitergeht. Wir haben eine Option auf ihn. Ob wir diese ziehen, werden wir Ende des Jahres entscheiden. Das hängt auch von seiner Performance ab."

Offenbar reichen die vom jungen Franzosen gezeigten Leistungen in der Formel-3-EM 2014 und der GP3-Serie 2015 nicht aus. Der einstige Förderer Boullier tut sich damit durchaus schwer. "Sie haben sich zu Wehrlein bekannt. Doch dann gibt es da noch Esteban, der bekanntlich Formel-Rennen fährt und damit vermutlich geeigneter wäre", stellt der aktuell als McLaren-Rennleiter tätige Franzose das Mercedes-Nachwuchsprogramm leicht in Frage.

Wo kommt Kevin Magnussen unter?

Wie auch Bottas-Manager Coton weiß, entscheidet über das weitere Vorgehen nach erster Förderung häufig der potenzielle künftige Arbeitgeber: "Die Teams haben heutzutage sehr präzise Werkzeuge, um Fahrer zu analysieren. Sie wissen ganz genau, was sie wollen und demzufolge wissen sie ganz genau, wonach sie suchen müssen. Wenn man das bieten kann, treten die Teams mit einem in Kontakt. Gleichzeitig sprechen natürlich auch wir mit den Teams. Anders geht es gar nicht." Unterm Strich sei "jeder einzelne Vertrag maßgeschneidert, weil jedes Team seine eigenen Regeln hat".

Kevin Magnussen

Kevin Magnussen ist bezüglich seiner Zukunft optimistisch Zoom

Davon kann auch Kevin Magnussen ein Lied singen. Der bei McLaren im vergangenen Winter zum Testfahrer degradierte Däne wartet seither sehnsüchtig auf ein neues Stammcockpit. Inzwischen sieht die Lage offenbar besser aus, wie der 22-Jährige anklingen lässt. "Es wird etwas passieren, entweder das eine oder das andere. Das ist aufregend und ich freue mich darauf", so Magnussen gegenüber 'f1i.com'.

Welche Zukunftsoptionen ihm vorliegen, will der McLaren-Ersatzfahrer nicht verraten, bestätigt aber, dass ihn "mehrere Teams angesprochen haben" und schiebt hinterher: "Es gibt nicht viele freie Cockpits in der Formel 1, aber einige interessante". In diesem Zusammenhang ist Magnussen überzeugt, dass "McLaren mir helfen wird, meine Karriere fortzusetzen, sollte es bei McLaren keinen Platz geben. Ich habe ein gutes Gefühl, was meine Zukunft angeht". Diese Unterstützung bestätigte kürzlich auch Boullier.