• 13.06.2005 13:29

Todt: "Trendwende ist noch nicht erreicht"

Michael Schumacher und Rubens Barrichello standen erstmals 2005 gemeinsam auf dem Podest, doch der Umkehrpunkt ist nicht erreicht

(Motorsport-Total.com) - Frage: "Michael Schumacher und Rubens Barrichello schafften in Kanada den Sprung auf das Siegerpodest. Seid ihr auf dem richtigen Weg?"
Jean Todt: "Es ist ermutigend. Wir waren in der Saison aber schon einmal Zweiter und auch Dritter. Leider konnten wir noch nie gewinnen. Wir wollen aber Siege."

Titel-Bild zur News: Ferrari-Rennleiter Jean Todt

Ferrari-Rennleiter Jean Todt erwartet auch weiterhin schwere Rennen

Frage: "Dabei begann das Wochenende nicht sonderlich gut. Michael Schumacher sah am Freitagabend nicht sehr zufrieden aus. Wie habt ihr es letztlich doch noch auf das Podest geschafft?"
Todt: "Prinzipiell hatten wir ein Problem mit dem Auto von Rubens, der seine Qualifyingrunde nicht fahren konnte. Er startete aus der Boxengasse nach. Durch die Art, wie er das Rennen fuhr, durch die Strategie und dadurch, wie sich das Rennen entwickelte, konnte er noch auf das Podest fahren. Michael hatte beim Start Probleme mit dem Grip, dennoch kam er nur knapp hinter dem Sieger ins Ziel. Aber wir kamen schon einmal kurz hinter dem Sieger ins Ziel, wir wollen aber, dass der Zweitplatzierte knapp hinter uns bleibt. Und das war nicht der Fall."#w1#

Frage: "War der Kanada-Grand-Prix dennoch der Umkehrpunkt?"
Todt: "Nein, warum sollte er das sein? Jeder Grand Prix ist eine neue Etappe, aber der Kanada-Grand-Prix ist nicht der Umkehrpunkt. Für mich wäre die Trendwende erst dann geschafft, wenn wir bei jedem Rennen gewinnen können, so wie in der Vergangenheit. Und dies ist seit Saisonbeginn nicht mehr der Fall."

Ferraris Qualifyingleistungen bleiben das Problem

Frage: "Welche Verbesserungen sind denn in naher Zukunft geplant?"
Todt: "Wir haben einige Verbesserungen in Vorbereitung. Mit den Reifen waren wir im Rennen sehr zufrieden, nur im Qualifying boten sie etwas weniger Grip. Dennoch konnte Michael auf Platz zwei fahren. Aber wir mussten die Benzinmenge reduzieren, um das zu erreichen. Wenn man aber inmitten des Feldes fährt, dann wird das Rennen schwieriger und unvorhersagbarer. Alles, was wir hier gemacht haben, machten wir auch schon zuvor: in Monte Carlo, Bahrain, Imola, Nürburgring. Dort wurden wir Dritter und Fünfter, auch wenn unsere Fahrer nach der ersten Kurve ganz hinten waren. Wenn man sich die Startaufstellungen seit Saisonbeginn ansieht, so standen wir oft weit hinten, was unsere Rennen dann gestört hat. Wenn wir weiter vorn starten, wird das Rennen auch besser."

Frage: "Hat das Rennen in Montreal eine neue strategische Möglichkeit aufgeworfen?"
Todt: "Was war denn die neue Strategie an diesem Wochenende? Am Nürburgring haben wir es auch so gemacht. Rubens war auf einer Drei-Stopp-Strategie unterwegs, es war also nichts Neues. Wir wussten, dass wir einfach nur weit nach vorn kommen müssen, um ein gutes Rennen zu haben."

Frage: "Funktioniert es immer, mit einem leichten Wagen in die Qualifikation zu starten?"
Todt: "Soll ich das beantworten? Nun, man muss sich immer entscheiden, eine Möglichkeit wäre es. Es hängt aber davon ab, ob wir das brauchen. Wenn das Auto eine halbe Sekunde schneller ist als alle anderen, dann füllen wir auch mehr Benzin hinein. Wenn das Auto weniger konkurrenzfähig ist, dann werden wir entscheiden. Wir wissen, dass wir in der ersten Runde weniger Grip haben, das ist nicht neu. Hier war es etwas besser, dennoch haben wir es so gemacht. Aber vielleicht finden wir beim nächsten Rennen mehr Grip vor."

Frage: "Hätte Schumacher gewinnen können, wenn er beim Start vor den McLaren-Mercedes-Boliden hätte bleiben können?"
Todt: "Ich weiß es nicht, ich mag diese Spekulationen nicht. Wir wurden Zweiter und Dritter, mehr kann ich nicht beurteilen. Und das Ergebnis ist nicht schlecht, es ist ermutigend und gut für das Team. Aber wir wollen Erster und Zweiter sein und daran arbeiten wir."

Todt erwartet keine weiteren Getriebeprobleme

Frage: "Die Getriebeprobleme scheinen sich zu häufen, Rubens hatte ja erneut Ärger damit."
Todt: "Nein, dieses Problem trat zum ersten Mal auf. Das gleiche Problem hatten wir aber auch bei Michael am Ende des Freien Trainings."

Frage: "Das nächste Rennen folgt ja unmittelbar, könnt ihr sicherstellen, dass das Problem nicht erneut auftritt?"
Todt: "Wir analysieren das Problem. Ich bin zuversichtlich, dass wir diesbezüglich alle Anstrengungen unternehmen werden, aber Zweifel bleiben immer. Diese Zweifel hatte ich auch beim Rennen, aber dank der Erfahrung der Ingenieure konnte eine ordentliche Lösung gefunden werden."

Frage: "Aber kann das Problem für Indianapolis gänzlich ausgeräumt werden?"
Todt: "Das wurde es schon für Kanada."

Frage: "Ross Brawn erklärte am Freitag, dass euer Chefdesigner Rory Byrne dabei hilft, Chassis und Reifen in Einklang zu bringen. Gibt es dazu nähere Informationen?"
Todt: "Wir versuchen jedes Detail zu ergründen, das für unsere Leistung hilfreich sein kann. Es geht nur um mehr Analysen, mehr Entschlossenheit von allen - innerhalb und außerhalb unseres Unternehmens. Und Rory macht das doch jeden Tag. Im Moment ist er mehr damit beschäftigt, zu analysieren und die Analysen zu koordinieren. Wir kennen das Problem, vor dem wir stehen, und er ist der Kopf, der die Situation analysiert."

Frage: "Wie nah seid ihr einer endgültigen Lösung dieser Probleme?"
Todt: "Das kann ich nicht beantworten. Es wäre sehr mutig, jetzt zu sagen, dass wir die anderen überflügeln. Wir versuchen einfach unser Bestes, und dann werden wir sehen, wann und ob wir dazu in der Lage sind."

Todt schweigt zu Fahrerspekulationen

Frage: "Ist das Getriebe auch eine Schwachstelle des F2005? Immerhin gab es ja schon einige Probleme."
Todt: "Ja, es ist eine Schwachstelle. Aber das ist ein Zuverlässigkeitsproblem. Natürlich müssen wir zuverlässig sein, um die Rennen zu beenden, aber wir müssen auch konkurrenzfähig sein. Auch wenn unser Getriebe hundertprozentig halten würde, so wären wir nicht schnell genug. Wir müssen also parallel an der Zuverlässigkeit und der Konkurrenzfähigkeit arbeiten."

Frage: "Es gibt Gerüchte, wonach ihr mit dem Management von Kimi Räikkönen oder sein Management mit euch redet. Was ist mit diesen Spekulationen?"
Todt: "Das werde ich nicht kommentieren. Wir haben unsere Fahrer für 2005 und 2006 und sind zufrieden mit ihnen. Das hat momentan keine Priorität. Vielmehr müssen wir das nächste Rennen gewinnen, und das Rennen danach. Wir müssen für das nächste Jahr ein konkurrenzfähiges Auto haben. Aber Räikkönen hatte beim Rennen am Nürburgring Pech, aber er fuhr ein gutes Rennen. Natürlich wäre mir lieber gewesen, wenn Michael hier gewonnen hätte, aber ich freue mich für Kimi. Er ist ein netter Kerl."

Frage: "Gehört er zu den Fahrern, die für Ferrari in Frage kommen?"
Todt: "Diese Frage habe ich schon zehnfach beantwortet. Es ist frustrierend, so zu analysieren, denn es geht nicht in die Tiefe. Wenn man es genau betrachtet, dann sieht man, dass Rubens Barrichello von der Box aus auf Rang drei fuhr. Ich sehe auch, dass Felipe Massa auf Rang vier vor weit stärkeren Teams das Ziel erreichte. Darüber lese ich nie etwas, weil die Leute denken, dass er nur dort sitzt, weil mein Sohn ihn managt. Ich möchte hier nur über Ferrari sprechen. Eines Tages werde ich freier sein. Aber ich werde auch jetzt nicht über die Fahrer für 2007 reden, selbst wenn ich es wüsste."