• 11.06.2006 21:42

Todt: "Ein Team war eben besser"

Ferraris Rennleiter über seine enttäuschte Erwartungshaltung, die Stärke von Renault, die künftigen Entwicklungen und die Regeln für die Zukunft

(Motorsport-Total.com) - Frage: "Ihr habt hier nicht getestet. Bereut ihr das mittlerweile? Hättet ihr ansonsten bessere Chancen auf den Sieg gehabt?"
Jean Todt: "Das werden wir nie erfahren. Es ist immer einfach zu sagen, nachdem wir hier vor den meisten Teams, die in Silverstone getestet haben, ins Ziel gekommen sind. Ich denke, dass wir einfach verloren haben, weil es ein Team gab, das besser war als wir."

Titel-Bild zur News: Jean Todt

Jean Todt hofft in Nordamerika auf die Effizienz des Ferrari 248 F1

Frage: "Hast du vor dem Wochenende mehr erwartet, gerade nach dem guten Test in Barcelona?"
Todt: "Wenn ich mich recht erinnere, war Alonso nicht bei diesem Barcelona-Test. Zudem sind die Dinge von Strecke zu Strecke verschieden. Dass Reifen auf einem Kurs gut funktionieren, heißt nicht, dass sie das auch auf einem anderen tun. Wir waren konkurrenzfähig, aber eben nicht genug, um besser als Zweiter und Fünfter zu werden."#w1#

Frage: "Habt ihr nach dem Test erwartet, hier gewinnen zu können?"
Todt: "Ich dachte, dass wir hier eine Siegchance haben würden. Leider wurden wir nur Zweiter und Fünfter."

Frage: "Ist das Ergebnis daher vielleicht eine Enttäuschung?"
Todt: "Wenn man erwartet, dass man gewinnen kann, dann ist das schon eine kleine Enttäuschung, ja."

Renault war einfach stärker

Frage: "Michael Schumacher war deutlich schneller als Kimi Räikkönen, hat aber Zeit hinter ihm verloren. Glaubst du, dass er Alonso hätte herausfordern können, wenn er früher an Kimi vorbeigekommen wäre? Oder war Renault einfach zu stark?"
Todt: "Zwei oder drei Zehntelsekunden waren sie schneller. Das klingt nicht viel, multipliziert man es aber mit 60, dann sind das zwölf bis 18 Sekunden. Und im Qualifying waren sie definitiv schneller. Zu Beginn konnte Michael vielleicht etwas schneller fahren, wenn er nicht hinter Räikkönen gehangen hätte, aber er lag nun einmal dahinter."

"Dann hat es Alonso geschafft, in vier Runden acht Sekunden auf Michael herauszufahren, da war es vorbei. Fisichella hat Felipe Massa zudem beim Boxenstopp überholt. Ähnlich machten wir einen guten Zug und brachten Michael beim zweiten Stopp vor Kimi."

Frage: "Diese eine Runde von Michael war beeindruckend, im Mittelsektor fuhr er schneller als alle anderen."
Todt: "Er war der einzige Fahrer, der einen neuen Reifensatz nutzte. Er hatte Benzin für 19 Runden und er fuhr sehr stark, aber auch die Runde an die Boxen war sehr gut. Das war seine persönlich schnellste Rennrunde, auf alten Reifen."

Frage: "Was denkst du über die Meisterschaft? Denkst du, dass Fernando schon einen beruhigenden Vorsprung aufbauen konnte?"
Todt: "Von 80 möglichen Punkten holte er 74 - das ist beeindruckend. Er ist schnell, konkurrenzfähig und zuverlässig. Das macht es für die anderen ja so schwierig. Michael hat 51 Punkte, es hängt also alles davon ab, wie die nächsten zehn Rennen verlaufen werden."

Trendwende in Montréal und Indianapolis?

Frage: "Gibt es die Chance, die Situation noch umzudrehen, wenn man bedenkt, dass die nächsten Rennen unmittelbar aufeinander folgen und dazu noch Überseerennen sind?"
Todt: "Ich sehe nichts, warum sich die Leistung der Autos beim nächsten Rennen ändern soll. Wir werden natürlich einige Weiterentwicklungen testen. Diese beiden Kurse sind sehr schnell und wir haben ein sehr effizientes Auto. Ich denke, dass wir konkurrenzfähig sein sollten, aber wie konkurrenzfähig, werden wir erst sehen, wenn wir dort sind."

Frage: "Wo wird der Test stattfinden?"
Todt: "In Paul Ricard. Mit Felipe Massa und Luca Badoer."

Frage: "Welche Weiterentwicklungen werden denn getestet?"
Todt: "Reifen und die Konfiguration für Montréal und Indy."

Frage: "Gibt es auch neue Teile?"
Todt: "Ja."

Frage: "Wie denkst du im Vorfeld des Rennens über die Rückkehr nach Indianapolis, nachdem was im Vorjahr dort passierte?"
Todt: "Ich hoffe, dass wir das gleiche Ergebnis einfahren werden (Schumacher und Barrichello belegten 2005 die Ränge eins und zwei; Anm. d. Red.) und dass alle mit dabei sind."

Frage: "Vor zwölf Monaten wurde Jenson Button mit Ferrari in Verbindung gebracht, nun wurde vor diesem Rennen hier von David Coulthard gesprochen."
Todt: "Ich kann nur sagen, dass wir nie Kontakt mit Jenson Button hatten, niemals. Wir haben auch keinen Kontakt zu David Coulthard. Nur das kann ich sagen. Ganz korrekt ist das vielleicht nicht, denn im Vorjahr, am Ende der Saison, sprach ich mit Coulthard. Er kam dann zu uns und testete ein Straßenauto. Er fragte mich, ob er ein Straßenauto in Fiorano testen dürfe, dabei ging es um das 'Race of Champions'. Das war der letzte Kontakt zu ihm."

Frage: "Lewis Hamilton strebt in die Formel 1. Er fährt in der GP2 beim Team deines Sohnes. Redet ihr über ihn?"
Todt: "Mein Sohn redet mit mir über ihn. Er kommt gut mit ihm klar, er mag ihn. So wie ich das verstehe, hat er einen mehrjährigen Vertrag mit einem unserer Mitbewerber (McLaren; Anm. d. Red.). Und wenn ich sehe, dass der Teamchef (Ron Dennis; Anm. d. Red.) am Ende jedes Rennens dabei ist, dann hat er eine starke Verbindung zu ihm. Aber das ist nur mein persönliches Gefühl."

Ferrari weiterhin auf FIA-Linie

Frage: "Hättest du Vorbehalte, einen Formel-1-Neuling in ein Spitzenauto zu setzen?"
Todt: "Ich denke, Nico Rosberg schlägt sich in diesem Jahr sehr gut. Oder man denke an Kimi Räikkönen, als er zu Sauber kam. Er hatte kaum Unterstützung von den Teamchefs und der Formel-1-Kommission, um eine Superlizenz zu bekommen. Ich denke, er hat gezeigt, dass er es verdient hatte. Die GP2 ist eine sehr gute Serie und dort kann man sehr viel lernen."

Frage: "Aber sowohl bei Kimi und Sauber als auch bei Nico und Williams kann man kaum von richtigen Top-Autos sprechen."
Todt: "Dieses Problem habe ich nicht."

Frage: "Max Mosley (FIA-Präsident; Anm. d. Red.) hat am Freitag bekannt gegeben, dass die Formel-1-Motoren drei Jahre lang eingefroren werden. Zudem legte er Pläne für Energiespeichersysteme in der Formel 1 dar. Wie steht Ferrari diesen Plänen gegenüber?"
Todt: "Beim Einfrieren der Motoren haben wir mit dem Maranello-Abkommen unsere Präferenzen mit einigen anderen Teams dargelegt. Da es kein einstimmiges Abkommen gibt, ist es nur klar, dass das gilt, was in den existierenden Regeln für 2008 steht."

"Was die Energiespeichersysteme betrifft, so ist das auf dem Papier ein interessantes Projekt. Wir bei Ferrari müssen davon aber noch mehr verstehen, daher habe ich einige unserer Leute der Straßenautoabteilung schon darauf angesprochen. Es ist etwas, das für uns von Interesse sein könnte, aber nur, wenn es auch für die Straßenautos eingesetzt werden kann. Für uns ist diese Synergie sehr wichtig. Wenn es nur für die Formel 1, aber nicht in den Straßenautos eingesetzt werden kann, dann ist es für uns nicht interessant."

Frage: "Unterstützt ihre die Pläne, die Homologation der Motoren schon auf 2007 vorzuziehen?"
Todt: "Von uns gibt es da mehr als nur eine Unterstützung. Es wäre Nonsens, viel Geld für die Entwicklung der Motoren für das nächste Jahr auszugeben, um dann wieder zu den alten Motoren zurückzukehren. Aber in der Formel 1 kann das passieren."

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