Theissen: "Wir wissen, was Nick kann"
BMW Motorsportdirektor Mario Theissen im Interview über seine Piloten: Robert Kubica ist immer stärker und Heidfeld "wird in die Erfolgsspur zurückkehren"
(Motorsport-Total.com/sid) - Beim BMW Sauber F1 Team wartet man nach wie vor geduldig auf den ersten Grand-Prix-Sieg. Man hat auf der sicherlich schwierigen Mission die nötige Gelassenheit, denn sicher ist: Das Team ist nah dran an den Konkurrenten von Ferrari und McLaren-Mercedes, alles läuft nach Fahrplan. Wie man sich auf das kommende Rennen in Kanada vorbereitet hat und mit welchen Erwartungen man an die Aufgabe in Montréal geht, beschrieb BMW Motorsportdirektor Mario Theissen im Teaminterview.

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Schaut zuversichtlich und gelassen in Richtung Montréal: Mario Theissen
Frage: "Robert Kubica scheint in der Form seines Lebens, er war schon wieder dicht dran am ersten Sieg. Was macht ihn so schnell?"
Mario Theissen: "Das Auffälligste an Robert ist seine Fokussiertheit. Er ordnet dem Rennsport alles unter. Ende 2005 war es ein Risiko, ihn ohne GP-Erfahrung als Testfahrer an Bord zu nehmen. Aber seine Entwicklungskurve war von Anfang an steil. Er hat sich seinen Stammplatz schnell erobert. Im vergangenen Winter hat er nochmal einen großen Schritt gemacht. Für ihn verlief die Saison 2007 nicht so, wie er sich das erhofft hatte."#w1#
"Diese Stimmung hat er nach der Saison abgelegt. Er ist viel positiver geworden. Dennoch ärgert er sich extrem, wenn vorhandenes Potenzial nicht in entsprechende Punkte umgesetzt wird. Nach seinen drei Podestplätzen im ersten Saisondrittel weiß er, dass er bereit ist, ein Rennen zu gewinnen. Das macht ihn noch stärker."
Frage: "Robert Kubica liegt in der WM-Wertung nur wenige Punkte hinter Spitzenreiter Lewis Hamilton. Kann er in diesem Jahr sogar Weltmeister werden?"
Theissen: "Das wäre unrealistisch. Wir haben einen ambitionierten Fahrplan: Der sieht vor, dass wir in diesem Jahr unser erstes Rennen gewinnen und ab 2009 um den WM-Titel mitfahren wollen. Wir haben seit der Übernahme von Sauber unsere Ziele bisher erfüllt und wollen auch weiterhin einen Schritt nach dem anderen machen."
"Gefühlter Doppelsieg" in Montréal 2007
Frage: "Ist Montréal für Sie ein Rennen wie jedes andere oder denken Sie an diesem Wochenende auch an die schrecklichen Bilder und die quälenden Minuten der Ungewissheit nach Roberts Unfall zurück?"
Theissen: "An den großen Preis von Kanada 2007 haben wir natürlich ganz spezielle Erinnerungen. Robert hat dort einen fürchterlichen Unfall nahezu unbeschadet überstanden. Nick hat als Zweiter das bis dahin beste Ergebnis für unser Team eingefahren. Damals habe ich von einem gefühlten Doppelsieg gesprochen. Jetzt freuen wir uns auf das Rennen in Montréal. Dort wollen wir an die gute Leistung in Monaco anknüpfen."
Frage: "Was sind Robert Kubicas Stärken, wo muss er sich steigern?"
Theissen: "Robert ist schnell - im Qualifying und im Rennen. Er macht kaum Fehler, setzt seine Möglichkeiten perfekt um und verlangt sich nichts Unmögliches ab. Er ist willensstark, realistisch und keineswegs überehrgeizig. Wenn er sieht, es ist mehr Potenzial da, dann ärgert es ihn, das nicht genutzt zu haben. Was ihm noch fehlt, ist Erfahrung. Und die wächst im Zwei-Wochen-Rhythmus."
Frage: "Was ist mit Nick Heidfeld los. Steckt er wirklich in einer Krise?"
Theissen: "Was das Qualifying angeht, befindet er sich momentan in einem Tief. Jetzt müssen wir gemeinsam alles dafür tun, dass er da schnell wieder rauskommt. Er hat signifikante Schwierigkeiten, die Reifen für die eine schnelle Runde auf Temperatur zu bringen. Nick taucht tief in die Technik ein und setzt sich intensiv mit der Situation auseinander. Er wird dieses Thema mit den Ingenieuren analysieren. Robert befand sich 2007 in einem ähnlichen Tief. Wir haben mit ihm die Situation analysiert und Abhilfemaßnahmen definiert. Mit Erfolg. Nick wird wieder in die Erfolgsspur zurückkehren."
Frage: "Wie können Sie ihm als Motorsportdirektor helfen, aus dieser Situation einen Ausweg zu finden?"
Theissen: "Wir wissen, was Nick kann. Ich habe ihn schon oft unter Druck erlebt. In diesen Situationen ist er am stärksten. Ich weiß, dass er mit Druck umgehen und die Technik analysieren kann. Das sind zwei Grundvoraussetzungen, um dieses Problem zu lösen."

