• 27.09.2003 02:13

Theissen: "Bin für ein Qualifying am Samstag"

Der BMW-Sportchef im Interview über Ideen, wie man die Formel 1 besser und günstiger machen könnte, und weitere Themen

(Motorsport-Total.com) - Frage: "Mario, wie steht BMW zur Formel 1, wie lange habt ihr euch engagiert und was sagst du zum Stellenwert der Formel 1 in den USA?"
Dr. Mario Theissen: "Ich denke, die Strategie von BMW beziehungsweise unsere Verpflichtung der Formel 1 haben wir vor einiger Zeit in diesem Jahr sehr klar gemacht, als der Vertrag mit Williams um fünf weitere Fahre verlängert wurde. Das bedeutet, dass wir bis 2009 in der Formel 1 engagiert sein werden. Das geht Hand in Hand mit intensivierten Bemühungen. Wir werden über die Rolle eines Motorenlieferanten hinauswachsen und Williams auch in anderen Bereichen unterstützen, viel enger zusammenarbeiten, was insgesamt zeigt, dass BMW die Formel 1 sehr ernst nimmt. Der amerikanische Markt, um auch diese Frage zu beantworten, ist der wichtigste Markt für BMW. Er hat letztes Jahr den deutschen Markt überholt und wir hoffen klarerweise, dass die Bedeutung der Formel 1 in den USA wächst, denn wir können nicht mehr tun als mit der Formel 1 hier ein Rennen zu fahren. Bis jetzt sind unsere Kollegen natürlich nicht zufrieden mit der Bedeutung der Formel 1 in Amerika. Jeder würde es gerne sehen, mit der Formel 1 in Nordamerika mehr Beachtung zu bekommen. Ich denke, wir befinden uns auf einem Anstieg ? und ich glaube, da werden wir auch positiv weitermachen. Ich könnte mir sogar vorstellen, hier mehr als ein Rennen auszutragen."

Titel-Bild zur News: Dr. Mario Theissen

Dr. Mario Theissen im Pressezentrum am Indianapolis Motor Speedway

Frage: "Siehst du die Zusatztests am Freitag künftig auch als Option für dein Team?"
Theissen: "Es könnte eine Option werden. Man kann nicht über etwas entscheiden, von dem man noch gar nicht weiß, wie es genau funktionieren wird. Wir müssen sicherlich die Kosten senken und Testfahrten kosten uns enorm viel Geld. Augenblicklich testen wir unglaublich viel, mehr als wir an den Rennwochenenden fahren. Wir geben wie gesagt viel Geld aus, haben verschiedene Teams dafür und würden daher jede Initiative unterstützen, die diesen Aufwand limitieren würde. Voraussetzung ist natürlich, dass alle Teams im Boot sind. Für mich gibt es Sinn, die normalen Tests zu reduzieren und stattdessen am Freitag vor einem Grand Prix zu fahren. Das hätte auch ein paar Vorteile. Zum Beispiel bräuchten wir kein eigenes Testteam mehr, zumindest kein so großes. Wir würden damit etwas für die Zuschauer tun, etwas für die Veranstalter ? und wir selbst könnten dadurch wertvolle Daten gewinnen. Auf einer Strecke zu testen, auf der man zwei Tage später ein Rennen fährt, macht Sinn. Wenn es also diesbezüglich einen fairen Kompromiss gibt ? beispielsweise einen ganzen Testtag am Freitag und dazu ein paar reguläre Testtage auf verschiedene Strecken verteilt ?, dann könnte ich mir vorstellen, da mitzumachen. Ich würde das unterstützen. Mit persönlich ist sehr wichtig, dass wir wieder auf ein einheitliches Schema kommen, dass es keine geteilte Situation mehr gibt. Ich denke, das Publikum versteht teilweise nicht, weshalb einige Autos am Freitag unterwegs sind, einige aber nicht, weshalb einige unter der Woche testen und andere wiederum nicht. Bevor wir also ernsthaft über die Zusatztests sprechen, müssen wir uns erst einmal über ein einheitliches Schema unterhalten."

Theissen plädiert für Qualifying weiter am Samstag

Frage: "Wie stehst du zu der Idee, nächstes Jahr Qualifying und Rennen an einem Tag, am Sonntag, durchzuführen?"
Theissen: "Was das Sonntags-Qualifying angeht, könnten wir sicher am Sonntag ein Qualifying fahren, wie wir das jetzt am Samstag machen ? das würde für die Teams keinen Unterschied bedeuten. Ich persönlich bin aber für ein Qualifying am Samstag, denn wir müssen uns den Samstag als wichtigen Tag erhalten. Wenn wir das Qualifying auf den Sonntagmorgen verlegen, gibt es noch weniger Interesse für den Samstag. Mir ist eine Zwei- oder Dreitagesveranstaltung lieber als ein eintägiges Event. Ich finde das Qualifying am Samstag gut, weil es danach immer viele Spekulationen gibt. Man sieht etwas, man weiß etwas über die Konkurrenzfähigkeit, aber nicht alles. Da kann man sich auf den Renntag richtig einschießen. Ich denke, Qualifying am Samstag ist der richtige Weg. Sicherlich müssen wir uns etwas einfallen lassen, wie wir Samstag und Sonntag aufwerten können, aber die Formel 1 auf einen Tag zu beschränken, würde die Show kaum besser machen."

Frage: "Momentan gibt es eine Situation, dass alle Entscheidungen in der Formel 1 einstimmig getroffen werden müssen, ansonsten gibt es keine Änderungen. Bei den Testbestimmungen zum Beispiel wird sich dabei ein Team immer quer legen, weil es vor der Haustür eine Teststrecke hat, die Tag und Nacht genutzt werden kann. Sollte man daher nicht in Betracht ziehen, dass Entscheidungen auch ohne Einstimmigkeit, zum Beispiel mit 80-prozentiger Mehrheit, beschlossen werden können?"
Theissen: "Kurze Antwort ? ja!"

Amerikaner als Fahrer für BMW immer ein Thema

Frage: "Wäre BMW bereit, einen amerikanischen Fahrer zu verpflichten ? und zwar nicht nur symbolisch, sondern weil er Talent hat und konkurrenzfähig ist?"
Theissen: "Für uns wäre es sehr positiv, einen amerikanischen Fahrer zu haben. Natürlich müsste er konkurrenzfähig sein und bis dahin ist es ein langer Weg. Vielleicht ist es in den Staaten auch schwieriger, zu einem wettbewerbsfähigen Formel-1-Piloten zu werden als in Europa. Deshalb werden wir hier in den Staaten auch eine neue Rennserie auf die Beine stellen, die Formel BMW, die in Deutschland mit großem Erfolg angelaufen ist. In Asien ist das dieses Jahr auch der Fall. Nächstes Jahr geht es mit zwei weiteren Serien los, eine in Großbritannien und eine in den USA. Diese Serie konzentriert sich auf Kids im Alter von 15, 16 oder 17 Jahren, die aus dem Kartsport kommen und die ersten Formel-Erfahrungen sammeln wollen. Wir stellen dabei nicht nur das Auto und die Serie zur Verfügung, sondern auch ein Ausbildungsprogramm, in dem alles vermittelt werden soll, was es braucht, um im Motorsport an die Spitze zu gelangen. Das ist eine sehr große Verantwortung. Man wird darüber in ein paar Tagen mehr hören. Ich denke, das ist der erste Schritt, es jungen Fahrern zu ermöglichen, in die Formel 1 zu gelangen. Zwischen der Formel BMW und der Formel 1 braucht es natürlich noch einen oder zwei Schritte mehr und vielleicht müssen die Jungs zwischenzeitlich sogar nach Europa gehen, um es zu packen."

Frage: "Normalerweise ist die Reihenfolge der Boxen an das WM-Ergebnis des Vorjahres angepasst, aber dieses Wochenende kommt erst Ferrari, dann McLaren, dann Williams. Warum ist das so?"
Theissen: "Ich weiß es nicht, war selbst überrascht, als ich McLaren rechts neben uns gesehen habe. Ich habe Ferrari links erwartet, aber da war Renault. Ich kenne den Grund nicht."