Haug: "Die Leute sollten an einem Strang ziehen"
Haug, ich habe gesprochen: Warum alle an einem Strang ziehen sollten, alles zum Kunden-V10 und über US-Boys in der Formel 1
(Motorsport-Total.com) - Frage: "Norbert, wie steht Mercedes zur Formel 1, wie lange habt ihr euch engagiert und was sagst du zum Stellenwert der Formel 1 in den USA?"
Norbert Haug: "Wir haben uns definitiv langfristig der Formel 1 gegenüber verpflichtet. Wir haben keinen Vertrag, der am Tag X oder Y endet, also sind wir langfristig engagiert. Sicherlich brauchen wir die richtige Bühne. Wir alle wissen, dass wir in der Formel 1 als Gemeinschaft auftreten müssen, dass mehr für die Zuschauer getan werden muss. Ich denke, sportlich und auf der Rennstrecke haben wir eine fantastische Saison und das ist großartig. Es können aber auch viele Dinge verbessert werden und ich hoffe, dass eine Menge fruchtbare Ideen ausgearbeitet werden. Wir sollten die Tatsache, dass wir uns verbessern müssen, aber nicht unterschätzen. Ich muss immer wieder betonen, dass wir in Zukunft näher an den Kunden, den Fan, heranrücken müssen. Wir müssen mehr für die Zuschauer tun und so weiter. Das wissen wir alle, aber wir müssen langsam einmal auf einen Nenner kommen. Es ist irgendwie schade, dass dazu immer einstimmige Beschlüsse notwendig sind, denn dadurch wird eine Menge blockiert. Man werfe einen Blick auf das Testverbot, auf die limitierten Tests, die Regeln, was auch immer. Die Leute sollten sich an einen Tisch setzen und an einem Strang ziehen, denn die Blockaden sind nicht gut für unseren Sport. Was dieser Sport bieten kann, das wurde, denke ich, in dieser Saison hervorragend anschaulich gemacht. Dahingehend müssen wir einen besseren Job machen. Der amerikanische Markt ist ein sehr wichtiger, der zweitgrößte nach Deutschland für uns. Wir haben hier dieses Jahr wieder Rekordzahlen, auch letztes Jahr schon. Dieser Markt ist sehr, sehr wichtig für uns. Seit ein paar Jahren haben wir hier auch schon Bannerwerbung entlang der Strecke, was wir normalerweise nicht machen, aber wir wollten ein Zeichen für unser Engagement in den Vereinigten Staaten setzen und ein Zeichen für Indianapolis. Wir könnten ein zweites Rennen hier leicht verkraften. Ich denke, das wäre gerade für Europa fantastisch, denn wir brauchen mehr Rennen in der Prime Time, keine Frage. In Zukunft wäre es schön, mit ein paar Prime-Time-Rennen die Saison zu beginnen. Das ist meine persönliche Meinung, denn dann hätten wir eine Menge Seher. Ich kann aus eigener Erfahrung sprechen, in Deutschland bekommst du um 03:00 oder 04:00 morgens vielleicht drei Millionen Leute vor die Fernsehgeräte. Strahlt man hingegen in der Prime Time aus, sind es 13 Millionen Seher im Schnitt. Damit die Saison zu beginnen, könnte ein Konzept für die Zukunft sein. Es ist nicht meine Aufgabe, darüber zu entscheiden, aber wir bei Mercedes-Benz würden das sehr begrüßen. Gleichzeitig brauchen wir in der Formel 1 eine Kostenreduktion, es müssen Limits aufgestellt werden und diesbezüglich zu Entscheidungen zu kommen, ist zur Notwendigkeit geworden. Da sollte lieber früher als später gehandelt werden."

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Norbert Haug plädierte in Indianapolis für mehr Einheit in der Formel 1
Frage: "Zu Saisonbeginn gab es viele Gerüchte um euren Kundenmotor und reges Interesse daran. Gibt es diesbezüglich Neuigkeiten zu berichten?"
Haug: "Es gab einen Interessenten dafür, aber das alles liegt ein wenig auf Eis wegen ein paar Sachen, die das betroffene Team erst einmal sortieren muss. Das ist im Grunde die Situation. Das Angebot ist da, aber wir wollen dafür die richtigen Umstände haben."
Frage: "Euer Angebot wurde also noch nicht wahrgenommen?"
Haug: "Ja."
Frage: "Wie findest du die Idee, nächstes Jahr Qualifying und Rennen am Sonntag zu bestreiten?"
Haug: "Ich denke, dass alle Ideen, wie man das Wochenende oder den Renntag attraktiver machen könnte, in Betracht gezogen werden sollen. Genau wie mein Kollege Mario Theissen von BMW finde ich, dass zunächst einmal gleiche Spielregeln für alle geschaffen werden sollten, was die Tests angeht, denn im Moment fahren ein paar Teams an den Wochenenden und die anderen haben 90 Testtage im Jahr. Das muss ausgeglichen werden. Weil wir alle die Kosten reduzieren wollen, ist das machbar. Ich weiß, dass die Teamchefs das manchmal anders sehen, aber es muss darüber zumindest debattiert werden. Als Hersteller haben wir das Recht und die Pflicht, über die Zukunft der Formel 1 nachzudenken. Ich kann nur bestätigen, was Mario gesagt hat ? Einigkeit ist das Signal, dass wir an die Welt senden müssen."
Frage: "Wäre es nicht sinnvoll, dass Entscheidungen künftig auch ohne Einstimmigkeit getroffen werden können?"
Haug: "Ja."
Haug lobt die BMW-Formel-Initiative in den Vereinigten Staaten
Frage: "Alle sprechen von der Bedeutung Amerikas als Markt, aber wärt ihr auch bereit, einen amerikanischen Fahrer zu verpflichten?"
Haug: "Es ist schon einmal großartig, dass jetzt die Formel BMW in den USA ins Leben gerufen wird, eine tolle Sache. Ich meine, in Deutschland kommen aus dieser Serie eine Menge Talente und der nächste Schritt ist dann die Formel 3. Wir liefern einen Motor für die Formel 3 und sind sehr bemüht, den Jungs zu helfen. Ein typischer Weg für einen Amerikaner in die Formel 1 könnte sein, erst die Formel BMW zu bestreiten und dann für die Formel 3 nach Europa zu gehen. Ich glaube, dass man nach Europa kommen muss, alleine schon um die Rennstrecken zu lernen. Es ist eine ganz andere Form des Rennsports als die IRL. Man kann die Formel 1 vielleicht mit der CART-Serie vergleichen, aber ein Weg aus den Indy Lights in die CART-Serie und dann in die Formel 1 ist äußerst unwahrscheinlich. Der bessere Weg wäre über die Formel BMW und die Formel 3 in die Formel 1. Das ist ein Programm, das ein paar Jahre dauert, aber sobald die Talente da wären, würden wir ihnen gerne helfen."
Frage: "Normalerweise ist die Reihenfolge der Garagen in der Boxengasse am WM-Ergebnis des Vorjahres orientiert, aber diesmal kommt Ferrari vor euch und Williams. Wie das?"
Haug: "Sie haben das schon für nächstes Jahr geändert (lacht)! Mario soll sich schon einmal daran gewöhnen. Meines Wissens gibt es da eine Absprache der beiden Teams. Es ist jedenfalls nicht aus Zufall dazu gekommen, aber da müsste man wahrscheinlich besser entweder Ron oder Frank Williams fragen."

