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Teurer Turbo: Teams hoffen auf Kompromiss

Alain Prost schildert, wie zu teure Motoren ein kleines Team zerstören können, und Martin Whitmarsh sucht nach Wegen, wie sich das verhindern lässt

(Motorsport-Total.com) - Als die großen Motorenhersteller Ferrari, Mercedes und Renault damit begannen, die neuen V6-Turbos zu entwickeln, die der Formel 1 ab 2014 zumindest einen "grünen Anstrich" verleihen sollen, gingen sie von Entwicklungskosten von mindestens 100 Millionen Euro aus. Für Cosworth und PURE, die ursprünglich mit 40 Millionen Euro auskommen wollten, stellt sich eher die Frage, ob sich ein Formel-1-Engagement dann überhaupt noch rechnet.

Titel-Bild zur News: Martin Whitmarsh

Martin Whitmarsh hofft auf einen Kompromiss mit den Motorenherstellern

Denn im Zuge der Wirtschaftskrise hat die Teamvereinigung FOTA durchgesetzt, dass ein Komplett-Leasingpaket für Formel-1-Motoren pro Rennstall und Jahr maximal acht Millionen Euro für den Motor plus zwei Millionen Euro extra für KERS kosten sollte. Doch diese Kalkulation beruhte auf einem stabilen Reglement - Entwicklungskosten waren in den vergangenen Jahren quasi kaum vorhanden und Personal, Wartung und Co. ließ sich mit zehn Millionen Euro kostendeckend erledigen.

Preise für Motoren verdoppelt?

Das geht freilich nicht mehr, wenn ab 2014 in jeden Kundenvertrag mit einem Team ein Entwicklungsbudget von möglicherweise jenseits der 100 Millionen Euro eingerechnet werden muss. Insider gehen von realistischen Kosten von 16 bis 20 Millionen Euro aus, die ein Hersteller jedem Kundenteam weiterverrechnen müsste, um wirtschaftlich arbeiten zu können. Angesichts solcher Zahlen wird allerdings Teamchefs wie Peter Sauber, Tony Fernandes oder Luis Perez-Sala schwindlig, die schon jetzt einen permanenten Überlebenskampf führen.

Kein Wunder also, dass die das Thema beim jüngsten (informellen) Kostenmeeting mit FIA-Präsident Jean Todt am Montag nach dem Monaco-Grand-Prix angesprochen haben. "Es hat noch niemand einen Preis bekannt gegeben, aber es stimmt, dass es Besorgnis gibt", räumt Martin Whitmarsh, Vorsitzender der FOTA, gegenüber 'Motorsport-Total.com' ein. "Ich schätze, dass die Mehrheit der Startaufstellung keine 20 bis 25 Millionen Dollar zahlen könnte. Also müssen wir mit der FIA und den Herstellern an einer Lösung arbeiten."

"Ich schätze, dass die Mehrheit der Startaufstellung keine 20 bis 25 Millionen Dollar zahlen könnte." Martin Whitmarsh

Dass die Hersteller auch nicht übergangen werden können, ist ihm klar: "Wir müssen respektieren, dass die Hersteller viel Geld dafür ausgeben, diese neuen Pakete zu entwickeln, aber viele der Teams haben ja nicht darum gebeten. Für die meisten Teams wird es nicht möglich sein, so viel Geld für den Antriebsstrang auszugeben. Also müssen die FIA, die Teams und die Hersteller zusammenarbeiten, um sicherzustellen, dass wir einen reibungslosen Übergang von den derzeitigen zu den neuen Motorenregeln hinbekommen."

PURE rebelliert gegen Kostenbeschränkung

Ein Maximalpreis, wie es ihn derzeit gibt, wäre für kleine Hersteller wie PURE der Todesstoß. Craig Pollock kritisiert diese Idee daher gegenüber 'Motorsport-Total.com': "Reden wir Klartext: Niemand kann eine Firma, die in einen Sport einsteigt, einschränken und sagen, dass sie für die Lieferung von Motoren maximal acht Millionen Euro verlangen darf", kritisiert er den von der FOTA festgelegten Richtpreis für das Motorenleasing. "Keine Firma der Welt steigt in ein Business ein, um Verlust zu machen."

Also könnten sich manche eine erneute Verschiebung des künftigen Motorenformats vorstellen - aber damit wäre das Problem ja auch nur vertagt und nicht gelöst. Für Whitmarsh wäre das sowieso keine plausible Alternative: "Ich hoffe nicht, denn wir haben uns auf etwas geeinigt", hat er vom ständigen Hickhack um das künftige Reglement langsam genug. "Ich weiß, dass die Motorenhersteller viel Geld ausgeben. Wir müssen ihre Entschlossenheit respektieren und sehen, wie wir eine für alle verträgliche Lösung finden können."

Prost weiß um Gefahren der Motorenkosten

Wohin es führen kann, wenn es diese nicht geben sollte, weiß Alain Prost ganz genau. Der ehemalige Weltmeister war mit seinem eigenen Team (ehemals Ligier) 1997 bis zu Olivier Panis' schwerem Unfall noch Geheimtipp für so manchen Grand-Prix-Sieg und unterm Strich immerhin WM-Sechster bei den Konstrukteuren, doch schon im Dezember 2001 musste er Insolvenz anmelden. Ohne die teuren Leasingkosten für die Ferrari-Motoren würde es das Team heute "sicher" noch geben", behauptet der inzwischen 57-Jährige gegenüber 'Motorsport-Total.com'.

"Im letzten Jahr hatten wir 45 Millionen Euro Budget. Für den Motor haben wir 28 Millionen Dollar bezahlt. Als wir aufgehört haben, wären es schon 32 Millionen Dollar gewesen", rechnet er vor. Bemühungen wie das heutige Ressourcen-Restriktions-Abkommen, das die Budgets vor allem der großen Teams limitiert, gab es vor zehn Jahren noch nicht - ganz im Gegenteil: "Damals, 2001, hätten uns die großen Teams schon retten können, wenn sie die Hälfte ihre Motorhomes verkauft hätten! Da stimmt doch etwas nicht."

"2001 hätten uns die großen Teams schon retten können, wenn sie die Hälfte ihre Motorhomes verkauft hätten!" Alain Prost

Unter dem derzeitigen Motorenreglement wäre es für Prost eigenen Angaben nach "überhaupt kein Problem", ein lebensfähiges Privatteam zu betreiben: "Heute kosten die Motoren acht oder zehn Millionen. Wir hatten damals ja die Sponsoren, aber wir hatten nicht genug Geld, um den Motor zu bezahlen. Wir mussten ja auch noch im Voraus zahlen. Das war eine schwierige Zeit. Ich finde es schade, dass man mir nicht mehr geholfen hat, denn es wäre wichtig gewesen, ein französisches Team zu haben", bedauert er im Nachhinein.