2014: Werden die neuen Motoren teurer?

Rob White rechnet ab 2014 mit teureren Motoren, sein Chef bei Renault, Jean-Francois Caubet, nicht - Einigkeit, dass Verschiebung ausgeschlossen ist

(Motorsport-Total.com) - Im Zuge der Sparmaßnahmen in der Formel 1 haben sich Teams und Motorenhersteller vor einigen Jahren darauf verständigt, für die Lieferung von Motoren einen Maximalpreis festzulegen. Dieser liegt bei derzeit acht Millionen Euro pro Jahr. Im Vergleich zu den späten 1990er- und frühen 2000er-Jahren, als die Privatteams für einen konkurrenzfähigen Motor bis zu 25 Millionen Euro auf den Tisch legen mussten, ist das ein Riesenfortschritt.

Titel-Bild zur News: Cosworth-Fabrik in Northampton

Die Entwicklung der neuen Formel-1-Motoren verschlingt eine Menge Geld

Ob es dabei bleiben wird, ist aber eine ganz andere Frage. Denn die Entwicklung komplett neuer Motoren für 2014 kostet die Hersteller Ferrari, Mercedes, Renault sowie Cosworth und PURE eine Menge Geld - Entwicklungskosten jenseits der 100 Millionen Euro mit acht Millionen pro Jahr und Kunde zu refinanzieren, ist eine mühsame Angelegenheit. Insofern gibt es erste Stimmen, die befürchten, dass die Kostenlimitierung aufgeweicht werden könnte.

White rechnet mit höheren Kosten

"Es gibt starke Kräfte am Markt, die es sehr schwierig machen, Motoren für eine magische Summe zu verkaufen, die sich die Kunden ausgedacht haben", sagt Renault-Motorenchef Rob White im Interview mit 'Motorsport-Total.com'. "In die acht Millionen Euro war meines Wissens die Kraftübertragung nie eingerechnet. Da gab es eine weitere magische Summe von eineinhalb Millionen. Was genau enthalten ist, ist ein bisschen schwammig."

"Der neue Motor ist fundamental neu", argumentiert er weiter. "Ein großes Investment ist erforderlich, um ihn zu designen und zu entwickeln. Wie viel es kosten wird, den Motor zu produzieren, wissen wir noch nicht. Wie viel man dafür verlangen muss, hängt vom jeweiligen Geschäftsmodell ab. Ich schätze aber, dass die Kosten für die Motoren erheblich teurer sein werden als für die aktuellen Motoren."

Denn ein Zulieferer wie Renault muss künftig nicht nur den Motor selbst, "sondern auch den Turbo und beide Energierückgewinnungs-Systeme" integrieren. "Unterm Strich gibt es viel mehr neue Teile, die nicht gratis sind", rechnet White vor. Das kompensiert bei weitem die Ersparnis von "15 bis 20 Prozent", weil die neuen Formel-1-Motoren nur noch aus sechs statt acht Zylindern und 1,6 statt 2,4 Liter Hubraum bestehen werden.

Direkte Benzineinspritzung vorgeschrieben

Ein weiteres Schlüsselelement ist die direkte Benzineinspritzung, die den Motorenherstellern vorgeschrieben wird. "Je weiter wir uns von bekannter Technologie wegbewegen, desto teurer, zeitintensiver und riskanter ist es, einen neuen Motor zu entwickeln", unterstreicht White. Dabei gehe es den Kunden nicht um die Kosten von einzelnen Komponenten: "Denen kommt es nur auf den Gesamtpreis für ein Jahr an."

Whites Vorgesetzter beim in Viry-Chatillon stationierten Motorenhersteller Renault, Geschäftsführer Jean-Francois Caubet, scheint die Bedenken jedoch nicht zu teilen: "Ich denke, im September werden wir über die Kosten für den neuen Motor Bescheid wissen. Ich glaube nicht, dass die Kosten ein Drama werden", winkt er ab, ohne konkrete Zahlen zu nennen. Gut möglich, dass die Motorenhersteller etwaige Verluste zunächst selbst tragen müssen.


Fotos: Großer Preis von Monaco, Donnerstag


Cosworth und PURE unter Druck

Für Ferrari, Mercedes und Renault wäre das kein Weltuntergang, schließlich profitieren die drei Automobilhersteller vom Werbewert, der durch das Formel-1-Engagement entsteht, sodass sie nicht zwingend darauf angewiesen sind, als Einzelabteilungen innerhalb ihrer Konzerne profitabel zu sein. Anders verhält es sich für die unabhängigen Motorenhersteller Cosworth und PURE, für die es das Ende bedeuten würde, Verluste in Millionenhöhe hinnehmen zu müssen.

Renault-Kunde Frank Williams sieht die Kostenfrage erstaunlich entspannt: "Solange wir den besten Motor bekommen können und wir das Geld dafür finden, werden wir jeden Preis zahlen, ob er nun fair ist oder nicht", erklärt der 70-jährige Brite. "Renault wird uns auch in den nächsten Jahren mit einem Siegermotor beliefern, wenn wir es uns leisten können. Wenn wir dafür mehr Geld finden müssen, dann werden wir halt mehr Geld finden."

Jean-Francois Caubet

Jean-Francois Caubet sieht das Kostenthema entspannter als Rob White Zoom

Einig sind sich alle nur in einem Punkt: Eine erneute Verschiebung der Einführung der neuen Motoren, die ursprünglich schon 2013 hätten kommen sollen, steht nicht zur Debatte. Obwohl die Umstellung von 2,4-Liter-V8-Saugern auf 1,6-Liter-V6-Turbos mit maximalem Benzinverbrauch von 100 Kilogramm pro Stunde und ausgebauter Energierückgewinnung, unter anderem durch die Auspuffgase, enorm ist, will niemand eine weitere Verzögerung.

50 Millionen in den Wind geschossen

"Wir haben den Motor schon einmal verschoben und von vier auf sechs Zylinder gewechselt", kritisiert Caubet. "Ich schätze, das hat uns 15 Millionen gekostet. Mercedes und Ferrari wahrscheinlich auch. In Summe haben wir also 50 Millionen für nichts und wieder nichts zum Fenster rausgeschmissen. Wenn jetzt noch einmal um ein Jahr verschoben wird, kommt der neue Motor doch nie, denn dann verschieben wir erst auf 2015 und dann auf 2016."

Ross Brawn nickt zustimmend: "Es wäre ein Fehler, die Motoren noch einmal zu verschieben", sagt der Mercedes-Teamchef. "Wir haben ja schon einmal verschoben und dann von vier auf sechs Zylinder umgestellt. Jede Umstellung kostet die Leute, die in neue Motoren investieren, eine Menge Geld." Die bisher geleistete Arbeit wieder über Bord werfen zu müssen, würde den Vorständen von Mercedes und Co. gar nicht schmecken.

Frank Williams

Für den besten Motor würde Williams alles zahlen, was er sich leisten kann Zoom

"Wir haben uns zu einem neuen Motorenprogramm entschlossen. Das schreitet voran", argumentiert Brawn. "Wir konnten die Kosten vor dem Vorstand rechtfertigen und wollen keine Verschiebung mehr. Es sendet eine schlechte Botschaft aus, wenn die Formel 1 in so fundamentalen Fragen ständig ihre Richtung ändert - gerade in Bereichen wie dem Antrieb, in denen so große Investments erforderlich sind."

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