• 27.07.2010 15:24

  • von Roman Wittemeier

Teamorder bei Ferrari an der Tagesordnung

Nelson Piquet wirbt um Verständnis für Felipe Massa, Mika Salo berichtet von gängiger Ferrari-Praxis und Joan Villadelprat tobt: "Da muss sich Alonso zurücknehmen"

(Motorsport-Total.com) - Für Michael Schumacher gehört Teamorder zur gängigen und erfolgversprechenden Praxis in der Formel 1, andere Piloten haben ebenfalls schon von solchen Aktionen profitiert. Die Formel 1 sei ein Teamsport, deswegen sei jede Regel, die solche Eingriffe seitens der Teams verbieten, ohnehin absurd, meint Ex-Teamchef Flavio Briatore. Einige Nummer-2-Piloten fanden sich oft wortlos damit ab. Zum Beispiel Nelson Piquet jr.

Titel-Bild zur News: Felipe Massa, Fernando Alonso

Felipe Massa hatte nicht den Mumm, Fernando Alonso weiter zu kontrollieren

"Man kann immer gut reden und kritisieren", meint der ehemalige Renault-Pilot, der 2008 in Singapur eine ganz besondere Teamorder befolgte. Der Brasilianer setzte seinen R28 damals offenbar auf Wunsch der Teamleitung absichtlich in die Wand, damit der damalige Teamkollege vom Safety-Car profitieren und letztlich siegen konnte. Der Teamkollege damals: Fernando Alonso.#w1#

"Es ist der guten Leistung des Teams zu verdanken", so umschreibt Alonso seinen Sieg in Hockenheim vorsichtig. "Wir sind professionelle Fahrer, wir versuchen in einem Team zu arbeiten", argumentiert der Spanier. Der Leidtragende war in diesem Fall Felipe Massa. "Das einzige, was ich fühle, ist, dass wir für das Team arbeiten. Und wir leisten für das Team sehr gute Arbeit. Das ist das Wichtigste."

Der Braslianer war nach dem Rennen frustriert und konnte sich einen kleinen Wink mit dem Zaunpfahl auf der anschließenden Pressekonferenz nicht verkneifen: "Jeder hat heute gesehen, dass ich Rennen gewinnen und dass ich konkurrenzfähig sein kann." Er durfte aber eben nicht gewinnen, weil Alonso von Ferrari im Projekt Titelgewinn die Hauptrolle spielt. Bei den Italienern kennt man diese Praxis seit vielen Jahren.

"Auch mir sagte man, dass ich Platz lassen soll, wenn Eddie von hinten kommt", sagt Mika Salo in der finnischen Zeitung 'Turun Sanomat'. Der heutige Ferrari-Sportwagenpilot war 1999 nach dem Silverstone-Unfall von Schumacher vorübergehend Ersatzmann an der Seite von Eddie Irvine. Damals führte Salo überraschend das Rennen in Deutschland an. "Ich sah, dass hinter mir Eddie an Frentzen vorbeiging. Ein paar Minuten später sagte mir Ross Brawn am Funk, dass ich ihn vorbeilassen soll."

Mika Salo

Mika Salo hat sich 1999 mit der Teamorder von Ferrari abgefinden können Zoom

Der Finne beschreibt die Szenen von damals recht amüsiert, ohne jede Reue oder Enttäuschung. "Es macht aus Sicht von Ferrari doch einfach Sinn, denn Alonso hat im Titelkampf die klar besseren Karten. Man hätte es allerdings viel besser machen können. Vor allem der Renningenieur von Massa hätte nicht unbedingt nochmal nachfragen sollen, ob Massa die Nachricht wirklich verstanden hat."

Für Epsilon-Euskadi-Chef Joan Villadelprat, der sich mit seinem Team um den 13. Startplatz 2011 beworben hat, hat Ferrari verwerflich gehandelt. "Das war doch ganz klar. Massa hatte gar keine Wahl. Auch die Fans haben es sofort bemerkt", sagt der Ex-Benetton-Teammanager in der Zeitung 'El Pais'. Der Spanier fügt kritisch an: "Kann sein, dass der Motorsport-Weltrat es letztlich nicht konsequent demonstrieren wird." Ferrari wird auch in der nächsten Sitzung des FIA-Gremiums noch einmal auf der Tagesordnung stehen.

"Den schlimmsten Schaden erleidet Ferrari doch ohnehin dadurch, dass auf die tolle Arbeit beim Aufholen auf Red Bull nun ein Schatten der Unsportlichkeit fällt", meint Villadelprat. "Ferrari macht zu viele und zu große Fehler. Da muss man etwas tun. Jemand muss der Teamleitung doch mal klar machen, dass es so nicht geht. Und jemand soll mal Fernando bremsen. Solche Kommentare wie 'Das ist lächerlich' nach dem ersten Überholversuch gegen Massa müssen nicht sein. Da muss sich ein zweifacher Weltmeister, ein Titelfavorit und vielleicht der beste Fahrer in der Szene auch mal zurücknehmen."