• 31.03.2006 14:30

Symonds: "Wir müssen verquerer denken"

Der Chefingenieur von Renault in der Pressekonferenz über die Regelvorschläge für 2008 und Verbesserungen am Ablauf der Rennwochenenden

(Motorsport-Total.com) - Frage: "Pat, bedeutet die Tatsache, dass die GPMA sich in die Formel-1-Weltmeisterschaft 2008 eingeschrieben hat, dass eine Konkurrenzserie endgültig vom Tisch ist?"
Pat Symonds: "Ich denke, wir sollten uns all die positiven Dinge ansehen, die von der GPMA hervorgebracht wurden: Beispielsweise kennen wir die gemeinsame aerodynamische Forschung, die Tatsache, dass die Teams miteinander kommunizieren, über gemeinsame Probleme sprechen; so viele positive Aspekte der GPMA."

Titel-Bild zur News: Pat Symonds

Pat Symonds wünscht sich zukünftig Hybridantriebe in der Formel 1

"Wie schon gesagt, die Teams schreiben sich nun für 2008 ein, und viele gute Dinge sind daraus entstanden. Ich denke, wir sollten uns nicht auf das 'ist die Gefahr einer zweiten Serie jetzt gebannt' oder ähnliches konzentrieren. Ich bin der Meinung, dass wir uns auf die sehr vielen positiven Dinge konzentrieren sollten, die in den letzten ein oder zwei Jahren als Ergebnis der GPMA-Formation passiert sind."#w1#

Frage: "Was denkst du über die vorgeschlagenen Motorenregelungen mit der Einfrierung der Entwicklung?"
Symonds: "Ich denke, die Einstellung von Renault ist, dass wir uns sehr stark für Kosteneinsparungen einsetzen. Wenn man sich ein durchschnittliches Budget eines Formel-1-Teams mit gerundeten Zahlen ansieht, dann fallen 50 Prozent auf den Motor, und 50 Prozent auf den ganzen Rest: Das Chassis, die Teamstruktur, etc. Wenn wir es also schaffen, 50 Prozent des Motorenbudgets zu kürzen, also dann 25 Prozent des gesamten Etats, dann ist das etwas, was wir tun sollten."

"Die Regeln der FIA für 2008 sind in der bisher veröffentlichten Form sehr drakonisch bezüglich der Homologation der Motoren, aber natürlich haben wir mit dem Eintritt in die Weltmeisterschaft 2008, den wir nun alle vollzogen haben, das Recht inne, diese Regeln zu diskutieren und Max (Mosley, FIA-Präsident; Anm. d. Red.) steht dem sehr offen gegenüber."

Erstes Treffen hat bereits stattgefunden

"Wir müssten einigen Spielraum für Entwicklungen lassen." Pat Symonds

"Die erste dieser Diskussionen fand vergangene Woche in Maranello mit nur wenigen Teams statt, da es sich um ein sehr frühes Stadium der Diskussion handelte, aber es ergaben sich achtbare Übereinstimmungen. Ich denke, es war noch weit von einer finalen Lösung oder so etwas entfernt, aber ich denke, dass die Idee der Homologation begründet ist, aber nicht darin bestehen sollte, einen Motor einzufrieren, das ist total falsch. Wir müssten einigen Spielraum für Entwicklungen lassen, denn wir müssen im Kopf behalten, dass die Formel 1 ein Spektakel ist, es ist Unterhaltung, es ist ein Sport und ein Teil dessen ist, im Gegensatz zu vielen anderen Sportarten, das technische Element."

"Wir müssen diesen technischen Aspekt beibehalten, und ich denke, dass Motoren, die 19.000 Umdrehungen leisten oder was auch immer, ein Teil dieses Spektakels sind, und dass es ein Teil dessen ist, was sowohl der gelegentliche-, als auch der Stamm-Zuschauer gerne sehen möchte. Deshalb wollen wir das Kind nicht mit dem Bade ausschütten, wir müssen sorgfältig darüber nachdenken, was wir tun. Wir müssen diese rund 50 Prozent Ersparnis bei den Motorenbudgets erreichen, aber nach wie vor allen Leuten, die zu uns kommen und uns zuschauen wollen, gute Unterhaltung bieten."

Wird die Saison 2006 umkämpfter als 2005?

"Ich denke, dass dieses Jahr ein ganzes Stück härter wird als das vergangene Jahr." Pat Symonds

Frage: "Pat, genauso wie im vergangenen Jahr führt ihr die Meisterschaft bereits deutlich an. In dieser Phase habt ihr euch im vergangenen Jahr eine gute Punkte-Basis erarbeitet, passiert genau das gleiche in dieser Saison wieder?"
Symonds: "Ich denke, dass dieses Jahr ein ganzes Stück härter wird als das vergangene Jahr. Im Vorjahr entwickelte sich alles in einen überschaubaren Kampf zwischen uns und Mclaren. Dieses Jahr gibt es diesen Kampf immer noch. Honda hat sich dazugesellt, Ferrari ist dazugekommen, und Williams ist dazugekommen, deshalb wird es ein hartes Jahr werden."

"Wir hatten einen großartigen Start, den haben wir natürlich immer noch, und wir sind sehr ermutigt dadurch. Wir haben ein großartiges Auto, es scheint alle guten Eigenschaften des letztjährigen Autos und noch ein bisschen mehr zu haben, aber ich glaube nicht, dass es einfach wird. Ich fand das vergangene Jahr auch nicht einfach. Und ich kann mir nicht vorstellen, dass dieses Jahr leichter wird."

Qualifying ist noch nicht perfekt

Frage: "Denkst du, dass das Qualifying noch optimiert werden muss?"
Symonds: "Ja. Ich hatte jüngst die Möglichkeit, das Malaysia-Qualifying zu sehen, als ich nach dem Rennen zurück nach Großbritannien gereist bin, und ich fand es nicht so schrecklich beeindruckend. Ich meine, an der Boxenmauer bekommt man nur einen sehr geringen Eindruck davon, das ist eine sehr betriebsame Phase für uns, und man ist da nicht in der Lage, sich das Ganze objektiv anzusehen."

"Deshalb war es sehr angenehm, nach Hause zu fahren und es im Fernsehen mit ein bisschen Kommentar etc. zu sehen, und ich fand das erste bisschen von Abschnitt drei richtig dumm: Autos, die sehr offensichtlich nicht am Limit gefahren wurden, und ich denke nicht, dass das unserem Ziel dienlich ist. Ich war sehr für die Änderungen und dafür, die neuen Dinge auszuprobieren, aber ich denke, dass wir uns nun genauso ansehen müssen, was wir gemacht haben, und es nur leicht justieren. Es ist gut, aber es kann verbessert werden."

Alle Teams wollen die Kosten senken

Frage: "Derzeit scheint es so, dass wir auf der einen Seite die FIA haben, die versucht, die Kosten einzudämmen, und auf der anderen Seite Honda, die eine freie Entwicklung wollen. Ist das etwas, was man niemals allen recht machen kann?"
Symonds: "Wir haben vorhin über den neuen Geist der Kooperation unter den Teams gesprochen, und ich denke, dass wenn man das mit einigen der konstitutionellen Veränderungen verbindet, bezüglich des Abstimmungsmodus', der 2008 angewendet werden wird, bei dem wir effektiv das Vetorecht bei Veränderungen abschaffen, wird es eine große Wahrscheinlichkeit geben, dass man übereinkommt. Und ich denke, dass es schon richtig ist, dass man es nicht allen Leuten zu jeder Zeit wird recht machen können."

"Ich denke, dass jeder von uns Geld sparen will." Pat Symonds

"Aber ich denke, dass die Teams ganz allgemein schon relativ gut übereinstimmen darin, in welche Richtung man gehen sollte. Ich denke, dass jeder von uns Geld sparen will, und auch die Teams, die besser finanziert sind, wollen kein Geld verschwenden, deshalb denke ich, dass wir mit der Zeit, die uns für die Entwicklung der Regeln für 2008 bleibt, wir zu einigen sehr nachvollziehbaren Lösungen kommen werden."

Zukunftsvisionen

Frage: "Wenn immer mehr standardisiert wird, wie beispielsweise Motoren, Reifen, die Aerodynamik und so weiter, wie wollen wir dann Überholmanöver sehen?"
Symonds: "Ich denke, dass wenn man viele Forschungsgebiete in der Formel 1 abschafft, dann muss man anwendungsbezogene Forschung betreiben. Die Hybridtechnologie ist sehr interessant, und seit Max (Mosley; Anm. d. Red.) das zum ersten Mal vorgeschlagen hat, haben wir ein bisschen Zeit investiert, um uns das genauer anzusehen, und je länger ich mir das vorstelle, desto interessierter bin ich. Wenn man sich die nächsten 50 Jahre der Motorindustrie ansieht, dann wird die Hybridtechnologie möglicherweise alltäglich sein, aber es wird nicht nur das reine Sparen von Energie sein - da wird es eine Menge anderer Dinge geben."

"Wir werden wahrscheinlich keine fossilen Brennstoffe mehr verwenden etc. Aber nichtsdestotrotz wird der Hybridantrieb ein Teil einer jeden verwendeten automobilen Kraft sein, das ist also eine interessante Geschichte. Das ist ein wirklich faszinierendes Fach, wenn man sich überlegt, wie das im Rennen strategisch eingesetzt werden könnte, und das könnte möglicherweise einige Fragen beantworten, wie wir dann überholen werden und solche Dinge. Das ist sehr interessant und als Ingenieur liebe ich das natürlich. Aber wenn ich versuche, nach den geschäftlichen Dingen zu gehen, dann wird so etwas sehr teuer."

"Ich denke, dass wenn das alles komplett unkontrolliert wäre, dann wäre das lächerlich teuer, und wir würden versuchen, das Rad neu zu erfinden. Aber ich denke, dass es mit ein bisschen mehr Kontrolle - Max hat zum Beispiel gesagt, dass sie die Kondensatoren und solche Dinge zur Verfügung stellen würden und wir an der Entwicklung solcher Dinge wie Motoren, Motorgeneratoren etc. entwickeln werden, dann könnte es da vielleicht einige interessante Punkte geben. Aber ich denke, wir müssen zunächst alles in Ordnung bringen und uns mit den Grundlagen beschäftigen, und wir müssen zunächst gehen, bevor wir rennen können."

Frage: "Wir alle haben in der Formel 1 bereits viele verschiedene Auto- und Antriebskonzepte gesehen. Was wäre dein bevorzugtes Rennauto, unabhängig von den derzeitigen Regeln oder der FIA?"
Symonds: "Genau das, was ich gerade erklärt habe."

Braucht man den Trainingsfreitag?

"Wir sollten uns fragen, ob wir ein Freitagstraining brauchen." Pat Symonds

Frage: "Gibt es einen Weg, wie man die Freitagstrainings interessanter und spannender gestalten kann?"
Symonds: "Ich denke, dass das, was momentan an den Freitagen passiert, bei den derzeitigen Regeln unumgänglich ist, und ich stimme dir zu, dass die erste Session ohne die dritten Autos grässlich wäre. Du hast gefragt, wie man die Trainings am Freitag besser machen kann. Naja, ich denke, wir sollten ein bisschen verquerer denken und uns fragen, ob wir ein Freitagstraining brauchen. Ich persönlich favorisiere es, eine Zweitages-Grand-Prix-Veranstaltung zu haben, und vielleicht könnten wir den Freitag zum Testen nutzen."

"All diese Maßnahmen wurden bereits diskutiert. Aber ich denke, solange wir mit den Reifen und der Laufleistung, die wir unseren Motoren zumuten wollen, eingeschränkt sind, ist es unvermeidlich, dass wir den unproduktivsten Teil der Fahrerei weglassen, und das ist der Freitag, speziell der Freitagmorgen. Das ist unvermeidlich, und wir müssen uns anschauen, warum dies so auftritt, und ob es eine bessere Lösung gibt, als nur zu versuchen, das zu beheben. Ich denke, in der Formel 1 gibt es oft ein zu großes Erbe und zu viele Traditionen, die Idee, dass wir drei Tage pro Rennen brauchen. Es hat uns ja auch Jahre gekostet, bis wir realisiert haben, dass wir keine zwei Qualifying-Einheiten brauchen - und solche Dinge. Wir sollten viel unorthodoxere Denker sein, als wir das sind."