Symonds: Spaltung hat in den USA funktioniert

Oft wird die Spaltung der nordamerikanischen Rennserien als Negativbeispiel für die Formel 1 angeführt, aber Pat Symonds sieht das anders

(Motorsport-Total.com) - Angesichts der am Mittwoch aufgekommenen neuerlichen Spannungen zwischen der FIA und der Teamvereinigung FOTA wurden am Nürburgring wieder Stimmen laut, wonach es 2010 doch zu einer Abspaltung der FOTA-Teams kommen könnte. Die derzeit acht Rennställe haben die Pläne für eine Alternativserie jedenfalls weiterhin in der Schublade.

Titel-Bild zur News: Pat Symonds

Pat Symonds ist kein grundsätzlicher Gegner einer Abspaltung

Laut FOTA-Vizepräsident John Howett seien diese Pläne griffbereit "in der Hinterhand". Das bedeutet nach Meinung von Renault-Chefingenieur Pat Symonds nicht, dass es nicht zu einer Alternativserie kommen wird: "Die Sache ist nicht tot. Wir arbeiten weiter daran", erklärte er heute im Rahmen der FIA-Pressekonferenz. Laut BMW Motorsport Direktor Mario Theissen müsse man sich bis zur endgültigen Einigung alle Optionen offen halten.#w1#

Vergleich mit Nordamerika

"Niemand will eine Spaltung", hielt Adrian Newey von Red Bull fest und führte erneut das Negativbeispiel Nordamerika an, wo die Trennung der US-Königsklasse in IndyCar- und ChampCar-Serie im Endeffekt beiden Lagern schadete. Aber Symonds findet dieses Beispiel nur bedingt repräsentativ. Seiner Meinung nach muss man in den Geschichtsbüchern weiter zurückblättern, um Parallelen zur heutigen Situation in der Formel 1 zu finden.

"Als sich CART und IRL getrennt haben, war das bestimmt nicht gut für den Sport." Pat Symonds

"Als sich CART und IRL getrennt haben, war das bestimmt nicht gut für den Sport, da stimme ich zu", erläuterte der Renault-Chefingenieur. "Aber wenn man in die späten 70er zurückschaut, als sich die CART von der USAC gelöst hat, die damals die ChampCar-Serie veranstaltet hat, dann gab es viel mehr Parallelen zu unserer heutigen Situation. Die CART/IRL-Trennung hatte mit Egos zu tun. Bei CART/USAC ging es um Sporthoheit und Finanzen."

"CART war damals die Alternativserie - und sie war sehr erfolgreich. Alle abgesehen von A.J. Foyt verließen die USAC-Serie, um in die CART-Serie zu wechseln, und die war für viele Jahre sogar sehr, sehr erfolgreich. Ich persönlich mache mir also keine Sorgen, was die Gründung einer Alternativserie angeht. Das kann gestemmt werden. Sollte die Notwendigkeit bestehen, hätte niemand davor Angst", teilte Symonds mit.

Dass die FOTA überhaupt wieder mit einer Spaltung liebäugelt, liegt am Meeting der Technischen Arbeitsgruppe am Mittwoch. Die FIA teilte den anwesenden Teams trotz der Einigung von Paris am 24. Juni mit, dass die acht FOTA-Rennställe nicht berechtigt sind, wie die anderen fünf Teams über das Reglement für 2010 abzustimmen. Auch wenn im Endeffekt alle FOTA-Vorschläge angenommen wurden, marschierten die FOTA-Vertreter daraufhin erbost aus dem Raum.

"Wir hatten uns intensiv auf das Meeting vorbereitet", sagte McLaren-Technikchef Paddy Lowe. "Die FOTA-Teams haben ein Jahr lang unabhängig von der FIA an Regeln gearbeitet, mit denen die Kosten massiv gesenkt werden. Alle FOTA-Teams waren sich darüber einig und hatten die Regeln auf ein Detailniveau gebracht, was die Formulierung angeht, sodass wir davon ausgingen, dies am Mittwoch nur noch beschließen zu müssen."

FOTA-Teams schockiert

"Es war dann ein Schock, um 4:30 Uhr aufzustehen und nach Deutschland zu fliegen und dann herauszufinden, dass wir kein Stimmrecht haben." Paddy Lowe

Der letzte Feinschliff wurde den FOTA-Vorschlägen am Dienstag in einer Telefonkonferenz verpasst. Lowe: "Es war dann ein Schock, um 4:30 Uhr aufzustehen und nach Deutschland zu fliegen und dann herauszufinden, dass wir kein Stimmrecht haben. Also hat Ross Brawn vorgeschlagen, dass wir das Meeting verschieben sollten. Das wurde abgelehnt, also sahen wir keinen Grund mehr dafür, weiter am Meeting teilzunehmen."

Symonds erklärte den FOTA-Boykott folgendermaßen: "Es gab mal einen Ingenieur namens Hoover, der hat gesagt: 'Worte ohne Taten sind die Mörder des Idealismus.' Ich sehe keinen Sinn darin, über Dinge zu reden, wenn man nicht darüber abstimmen kann." Auch das Argument, die FIA habe die FOTA bereits im Vorfeld brieflich über das entzogene Stimmrecht informiert, ließ er nicht gelten: "Das wurde so nicht explizit gesagt."

Immerhin: Nach dem Abgang der FOTA-Teams beschlossen Campos, Force India, Manor, US F1 und Williams größtenteils genau jene Vorschläge, die die FOTA im Vorfeld auf die Tagesordnung gesetzt hatte. Dies geschah offenbar auf Initiative von FIA-Mann Charlie Whiting, der verhindern wollte, dass es aufgrund der Unstimmigkeiten zu einer neuerlichen Kriegserklärung kommen würde. Somit wurde die Vereinbarung von Paris grundsätzlich eingehalten, auch wenn die FOTA nicht mitstimmen durfte.

"Um das Meeting produktiv zu halten, entschieden wir im Sinne einer Lösung für die Formel 1", berichtete Williams-Technikchef Sam Michael. "Wir wussten, dass alle Tagesordnungspunkte mit der Kennzeichnung 'FOTA' von der FOTA einstimmig akzeptiert waren, also ging es eigentlich nur noch darum, dass diese Punkte von den anderen fünf Teams auch akzeptiert werden. Die nicht mit 'FOTA' gekennzeichneten Punkte behandelten wir nicht."

Nur marginale FOTA-Anregungen wurden nicht abgesegnet. Das lag laut Michael aber nicht am Widerstand der fünf Teams, sondern lediglich an deren Formulierung: "Wenn jemand von der FOTA da gewesen wäre, um uns die genauen Hintergründe zu erläutern, dann hätten wir vielleicht auch da zugestimmt. Aber wir konnten nicht ins Detail gehen, weil wir diese Hintergründe eben nicht kannten", sagte der Australier.