Suzuka aus Motorensicht: Worauf es ankommt
Lange Geraden, schnelle Richtungswechsel, eine Haarnadelkurve und eine Schikane: In Suzuka werden die Antriebseinheiten voll gefordert
(Motorsport-Total.com) - Suzuka gilt als eine der fahrerisch anspruchsvollsten Strecken im Formel-1-Kalender. Doch nicht nur für die Piloten, auch für die Antriebseinheiten, ist der 5,807 Kilometer lange Kurs mit seinen 18 Kurven eine echte Bewährungsprobe. Die einzelnen Komponenten der aktuellen V6-Turbo-Antriebseinheiten werden auf der japanischen Grand-Prix-Piste voll gefordert.

© xpbimages.com
Suzuka bietet von enger Haarnadelkurve bis zu schnellen Vollgasknicken alles Zoom
Verbrennungsmotor:
Suzuka ist hinsichtlich der Beanspruchung des Verbrennungsmotors eine der härtesten Prüfungen im Formel-1-Kalender. Auf den Vollgaspassagen werden die Kolben schwer gefordert. In den harten Bremszonen hingegen sind Reaktionsvermögen und Zuverlässigkeit der Power-Unit gefragt.
Der Vollgasanteil liegt in Suzuka bei über 60 Prozent, wobei der Großteil dieses Werts in der zweiten Hälfte der Runde - ab dem Ausgang der Spoon-Kurve (Kurve 14) - erreicht wird. In diesem Teil der Strecke befindet sich unter anderem die 130R, eine schnelle Linkskurve, die mit mehr als 300 km/h durchfahren wird.
Von Kurve 14 bis zur Schikane, die auf die 130R folgt, werden 1.250 Meter zurückgelegt. Das entspricht mehr als 20 Prozent der Gesamtlänge der Strecke. Für diesen Abschnitt brauchen die Fahrer rund 17 Sekunden. Das bedeutet, dass vom Ausgang der Spoon-Kurve bis zum Eingang der Schikane 75 Meter pro Sekunde zurückgelegt werden. Diese Geschwindigkeit entspricht in etwa dem Tempo des japanischen Hochgeschwindigkeitszuges Shinkansen.
Mit einem Top-Speed von knapp 340 km/h wird ein Suzuka eine der höchsten Geschwindigkeiten der zweiten Saisonhälfte erreicht. Der Takt der Kolben im Inneren des Verbrennungsmotors, das heißt die Anzahl der Auf- und Abwärtsbewegungen, liegt bei dieser Geschwindigkeit bei unglaublichen 200 pro Sekunde. Die dadurch entstehenden Kräfte im Inneren der Antriebseinheit sind enorm.
Turbolader:
Auf einer Runde in Suzuka gibt es beträchtliche Höhenunterschiede. Die extremste Steigung wartet beim Übergang der Esses-Passage in die Dunlop-Kurve. Dort geht es 25 Meter nach oben. Der Turbo wird davon am meisten beeinträchtigt. Um die gleiche Leistung zu produzieren, dreht der Turbo auf der Kuppe schneller als in der Senke. Diesen Umstand müssen die Ingenieure bei der Einstellung des Turboladers berücksichtigen.
MGU-K:
Für eine gute Gesamtperformance in Suzuka ist die Traktion aus den langsamen Kurven heraus ebenso entscheidend wie die Höchstgeschwindigkeit. Die beiden langsamsten Stellen der Strecke - die Haarnadelkurve (Kurve 11) und die Schikane - verlangen eine präzise Leistungsentfaltung, um ein Durchdrehen der Räder zu vermeiden. An diesen beiden Stellen kommt die MGU-K ins Spiel, weil in den harten Anbremszonen Bremsenergie rekuperiert werden kann.
Die beste Möglichkeit, Bremsenergie zu rekuperieren, bietet die Schikane, die mit 80 km/h die zweitlangsamste Stelle der Strecke ist. Die Autos erreichen die Schikane mit mehr als 330 km/h. Beim Herunterbremsen auf unter 100 km/h werden die Bremsen extrem heiß. Bei dieser Gelegenheit wird mehr Energie freigesetzt, als laut Reglement rekuperiert werden darf.
MGU-H:
Die MGU-H wiederum hat in der flüssigen Esses-Passage genügend Zeit, Energie zu rekuperieren, weil an dieser Stelle der Strecke ein stetiger Abgasstrom anliegt. Ähnlich wie in der Maggotts/Becketts-Passage in Silverstone kommen die Fahrer mit rund 240 km/h an und halten diese Geschwindigkeit bis zum Ende des Kurvenkomplexes. In den Esses wird für einen Zeitraum von rund 15 Sekunden im fünften oder sechsten Gang gefahren.
Abgesehen von den beiden langen Geraden stellt die Spoon-Kurve eine weitere Gelegenheit für die MGU-H dar, Wärmeenergie zu rekuperieren. Die Fahrer biegen mit 290 km/h in Kurve 13 ein, schalten einmal herunter und durchfahren die anschließende Kurve 14 mit mehreren Gasstößen. An dieser Stelle liegt für einen Zeitraum von etwa fünf Sekunden Halbgas an.
"Suzuka ist eine der härtesten Strecken des Jahres, wenn es um die Belastung der Antriebseinheit geht", sagt Renault-Motorenchef Remi Taffin und präzisiert: "Es gibt nahezu jeden Kurventyp, angefangen von schnellen Biegungen über Haarnadelkurven bis hin zu Schikanen. Die Durchschnittsgeschwindigkeit ist sehr hoch und die Höchstgeschwindigkeit liegt bei rund 340 km/h. Das bedeutet, dass die Antriebseinheiten voll gefordert werden."

