• 30.08.2010 19:47

Sutil: "Regen passt zu meinem Fahrstil"

Adrian Sutil ist speziell im Regen sehr stark - Der Force-India-Pilot spricht über die Herausforderung Regenrennen

(Motorsport-Total.com) - Adrian Sutil hat bei nassen und wechselhaften Bedingungen schon viele starke Leistungen in seiner Karriere gezeigt. Immer wenn der Himmel seine Schleusen öffnet, ist mit dem Force-India-Piloten zu rechnen. Im Interview spricht der Deutsche über sein Erfolgsgeheimnis bei nassen Bedingungen.

Titel-Bild zur News: Adrian Sutil

Adrian Sutil ist bei regnerischen Bedingungen immer vorne zu finden

Frage: "Adrian, du bis als Regenmeister bekannt. Magst du es im Regen zu fahren?"
Adrian Sutil: "Ja. Ich mag es, weil es etwas riskanter ist und man nie weiß, was passieren wird. Manchmal steht mehr Wasser in den Kurven, dann wieder weniger. Man muss sich sehr schnell auf die Strecke einstellen. Es ist einfach schwieriger und ich mag Herausforderungen. Je schwieriger es ist, desto mehr Spaß macht es mir."#w1#

Frage: "Wie muss man seinen Fahrstil anpassen?"
Sutil: "Zuerst muss man wissen, wo viel Wasser steht und wo weniger. Dann weiß man, wo man vorsichtiger sein kann und wo man mehr attackieren kann. Man muss seine Sensoren mehr auf das Auto einstellen als im Trockenen. Wenn es trocken ist, kann man leichter ans Limit gehen, weil man weiß, wo der Grip ist. Im Regen rutscht man viel herum und man muss mit dem Lenkrad weich umgehen, sonst hat man kein Vertrauen."

Frage: "Es kann viel und wenig regnen. Wie behältst du das Gefühl über eine Runde, wenn du all die verschiedenen Kurven anfährst?"
Sutil: "Man muss langsam beginnen und stetig das Tempo steigern, bis man sich wohl fühlt. Natürlich braucht man auch ein Auto das gut ausbalanciert ist und einem Feedback vermittelt. Man braucht auch mehr Runden, als im Trockenen. Die Strecke wird oft etwas besser und es bildet sich eine Rennlinie, der man folgen kann. Es geht hauptsächlich darum, wie man auf die Bedingungen reagiert. Eine trockene Strecke bleibt immer gleich, aber eine nasse ändert sich ständig. Natürlich ist es auch wichtig, in einem Rhythmus zu bleiben. Man darf nicht hart bremsen, sondern muss es weich laufen lassen. Dann ist man schnell."


Fotos: Adrian Sutil, Großer Preis von Belgien


Frage: "Muss man sich mehr konzentrieren?"
Sutil: "Naja, man ist immer sehr konzentriert, aber vielleicht muss man sich mehr konzentrieren. Man muss an manchen Stellen vorsichtiger sein und nach Pfützen Ausschau halten. Wenn man sie trifft gibt es Aquaplaning und man kann sich drehen. Trockene Bedingungen sind viel sicherer. Wenn das Auto übersteuert dann fängst du es wieder ein. Wenn man im Regen große Pfützen trifft, dann ist es vorbei."

Frage: "Kann man im Regen leichter überholen?"
Sutil: "Es ist etwas leichter, weil mehr Fehler passieren. Wenn man hinter einem Gegner ist und es anfängt zu schütten, muss man normalerweise nur darauf warten, bis er einen Fehler macht. Dann überholst du und es geht darum, dass du keinen Mist baust, um die Position nicht wieder zu verlieren. Ich finde es aber immer leichter. Die Kurvengeschwindigkeit ist auch niedriger, weshalb man den Autos näher folgen kann. Je schneller man fährt, desto mehr Luftverwirbelungen gibt es."

Frage: "Wie sehr verlässt du dich aufs Team?"
Sutil: "Ja schon auch, aber du bist auf der Strecke und weißt am besten wie die Bedingungen sind und ob es Zeit für einen Reifenwechsel ist. Die Leute an der Boxenmauer können nicht sehen, wie es überall auf der Strecke ist. Manchmal ist ein Sektor trocken und ein anderer nass. Du als Fahrer musst die Entscheidung treffen. Das Team kann dabei helfen, indem sie die Konkurrenz beobachten. Es gibt immer einen Fahrer, der so früh wie möglich die Reifen wechseln will. Manchmal ist es zu früh und das Team kann abschätzen, ob es der richtige Zeitpunkt ist, oder ob man noch zwei, drei Runden warten soll."

Frage: "Wie kommt es dann zu falschen Reifenentscheidungen?"
Sutil: "Wenn man sich sicher ist, dass kein Regen mehr kommt und die Strecke auftrocknen wird, dann kann man über einen Wechsel nachdenken. Wenn man von den Regenreifen auf die Intermediates wechselt, gibt es immer Überschneidungen. Wir berechnen das vorm Rennstart. Wir wissen anhand der Rundenzeiten wann der richtige Zeitpunkt für einen Wechsel gekommen ist. Dasselbe passiert beim Wechsel auf Slicks. Es ist alles vorher berechnet und wir können ganz gut reagieren. Mit den Slicks ist es aber immer etwas riskant, denn es ist nicht leicht die Temperatur zu halten. Man fährt aus der Box heraus und man muss die Temperatur halten, andernfalls funktionieren die Reifen nicht und es wird sehr, sehr rutschig. Das ist immer sehr riskant."

Frage: "Wenn du weißt, dass es nass wird, welche Veränderungen nimmst du am Helm und deiner Ausrüstung vor?"
Sutil: "Wenn es bewölkt ist, oder schon regnet nimmst du ein anderes Visier, damit du besser sehen kannst. Die Abreißfolien reißt man auch herunter beim fahren, denn sonst sammelt sich Wasser dazwischen und man kann nichts sehen. Normalerweise kann man das Rennen überstehen ohne dass Mücken das Visier verschmutzen."

"In jeder Nachwuchskategorie war ich im Regen immer super." Adrian Sutil

Frage: "Hast du im Regen das Gefühl, du kannst sehr gut abschneiden, weil du die Bedingungen magst?"
Sutil: "Ja. Ich sehe es immer als Chance. Wenn es trocken ist und es plötzlich regnet, denke ich immer: 'Das ist eine Chance'. Natürlich muss man die richtigen Entscheidungen treffen und auf der Strecke bleiben. Manchmal muss man das Auto im Regen an die Box tragen. Man muss schlau sein und die richtigen Reifen mitnehmen. Es gibt immer die Chance, besser als die Konkurrenz zu sein, aber es kann auch umgekehrt sein und man verliert alles."

Frage: "Manche Fahrer mögen nasse Bedingungen überhaupt nicht. Wie war das, als du dein erstes Regenrennen gefahren bist?"
Sutil: "Mein erstes richtiges Regenrennen war im Kartsport. Es war kein Rennen, sondern ein Training. Es war ein richtiger Monsun. Zusammen mit meinem Bruder waren wir die einzigen, die auf der Strecke geblieben und gefahren sind. Von da an hat es mir gefallen im Regen zu fahren. In jeder Nachwuchskategorie war ich im Regen immer super. Es war egal ob im Go-Kart, im Formelauto oder sonst wo. Es passt zu meinem Fahrstil. Mich hat es nie überrascht, denn ich war bei diesen Bedingungen immer gut."

Frage: "Hast du spezielle Erinnerungen an Regenrennen?"
Sutil: "Monaco 2008 hat mich etwas überrascht. Es war ein tolles Rennen. In der Formel 1 war das ein Highlight. Sieben Runden vor dem Ziel lag ich auf Position vier. Der Boxenstopp war absolviert und ich musste nur noch zu Ende fahren. Das wäre kein Problem gewesen. In Monaco kann man sowieso nicht überholen. Ein rotes Auto mit Kimi Räikkönen am Steuer hat zu spät gebremst. Er hat die Kontrolle verloren, aber er hat das Auto wieder gut gefangen. Leider ist er nicht in die Mauer geknallt, sondern in mein Heck. Meine Radaufhängung war gebrochen und ich musste in der Box aufgeben. Wir waren so knapp am großen Erfolg dran. Dass war ein großer Schmerz für alle. Es war eines der enttäuschendsten Rennen, aber gleichzeitig auch eines der besten. Freude und Leid waren sehr eng beisammen."

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