Sutil: "Die schlechten Zeiten bringen am meisten"
Timo Glock, Nico Hülkenberg und Adrian Sutil über den schwierigen Einstieg in die Formel 1 und den mühsamen Aufstieg zu einem etablierten Rennfahrer
(Motorsport-Total.com) - Sie alle haben einen langen Weg hinter sich, doch mit dem Sprung in die Formel 1 haben die meisten Rennfahrer ihr persönliches Ziel noch lange nicht erreicht: Zunächst gilt es schließlich, sich in der "Königsklasse" einen Namen zu machen, um eines Tages vielleicht die Chance zu haben, für ein Topteam an den Start zu gehen - Siege und Titel sind es schließlich, wovon jeder Fahrer träumt.
© Force India
Adrian Sutil kennt das Gefühl, in der Formel 1 am Ende des Feldes zu fahren
Gerade die "Lehrjahre" sind es, die einem Piloten später Tür und Tor öffnen können. Doch nicht jeder Rennfahrer hat dabei die gleichen Chancen, wie Adrian Sutil aus eigener Erfahrung weiß: "In meinem ersten Jahr wusste ich gar nicht, wieso ich da überhaupt mitfahre. Du bist voll am Limit, kämpfst wahnsinnig, schwitzt wie verrückt im Auto und die anderen fahren einfach so an dir vorbei."#w1#
Glock setzt sich realistische Ziele
So beschreibt der 27-Jährige seinen Einstand beim Spyker-Team, das inzwischen als Force India im Starterfeld der Formel 1 firmiert, gegenüber 'Auto Bild motorsport' (Jetzt abonnieren!). Die Zeit als Anfänger bei einem Hinterbänkler-Rennstall möchte Sutil aber nicht missen: "Die schlechten Zeiten bringen am meisten, denn sie machen dich härter." Landsmann Timo Glock kann das verstehen.
Der Virgin-Fahrer kämpft aktuell mit einem schwierigen Auto und dessen vergleichsweise geringer Leistung, sagt aber von sich: "Ich bin schon durch genügend schlechte Zeiten abgehärtet. Ich blende jetzt halt die 18 schnellen Autos vor uns aus. Ich kämpfe gegen Lotus und HRT. Nur so kann ich mich motivieren", erläutert Glock. In einer ähnlichen Situation befindet sich Nico Hülkenberg.
Als Formel-1-Debütant hat der Williams-Pilot einen schweren Stand gegen Teamkollege Rubens Barrichello. "Ich habe Rennen, in denen ich überrundet werde und die Spitze einfach so an mir vorbeifliegt. Dann bin ich immer neidisch und denke: Haben die das gut mit so viel Haftung! Aber wenn ich dann an Timo vorbeifahre, muss er ja doppelt neidisch sein", sagt der GP2-Champion.
Sutil: Die Anfangsjahre machen sich bezahlt
Sutil stimmt zu: "Für Timo ist es noch schlimmer, weil er mit Toyota in einem Topteam angefangen hat. Und jetzt ist er mit einem ganz neuen Team so viel langsamer. Ich kenne das aber selbst auch. Ich habe drei Jahre in so einer Mannschaft verbracht", erklärt Sutil vor dem Grand Prix auf dem Hockenheimring. "Letztendlich werden wir bezahlt, um unseren Job gut zu machen."
"Schneller als das Auto kannst du aber nun einmal nicht fahren. Trübsal blasen, nur weil die anderen ein besseres Auto haben, ist kontraproduktiv. Wenn ich mit meiner Leistung zufrieden bin, bin ich glücklich. Und das ist in einem schlechten Auto weitaus schwieriger als in einem guten", findet der Force-India-Pilot, der zur Saisonhälfte 2010 ein durchaus positives Zwischenfazit zieht.
"Ich habe zu Saisonbeginn gehofft, dass wir regelmäßig unter die ersten Zehn fahren. Das tun wir. Es dauert eben drei, vier Jahre, bis du dir den Respekt der Mannschaft erarbeitet hast. Jetzt endlich liegt mein Force India fast so, wie ich es will", hält Sutil fest und fügt hinzu: "Ich selbst habe auch aus meinen Fehlern gelernt. 2009 hatte ich erstmals ein gutes Auto, habe damit aber oft zu viel riskiert."¿pbvin|512|2941|inside|0|1pb¿
Der Teamkollege als wichtigster Maßstab
"Jetzt bin ich im Auto entspannter, ruhiger und weiß, was ich kann. Deshalb kann ich mehr Leistung bringen", meint der Deutsche. Hülkenberg wertet seinen bisherigen Formel-1-Einstand "ganz klar mit einem Minus" und erläutert seinen Standpunkt: "Im vergangenen Jahr war mein Team mit Nico Rosberg regelmäßig in den Top 10. Jeder dachte, in diesem Jahr legen wir noch eine Schippe drauf."
"Es kam aber eher andersherum. Kein Speed, technische Probleme und ich habe zu viele Fehler gemacht", fasst der 22-Jährige zusammen. Glock hat einen Ratschlag parat: "Nico muss den Druck jetzt einfach ausblenden. Aber er weiß selbst gut genug, wie er damit umzugehen hat. Nico ist in einer ähnlichen Situation wie ich sie bei Toyota hatte", hält der frühere GP2-Titelträger fest.
"In Rubens Barrichello hat er einen Teamkollegen, der sehr erfahren ist. Bei mir war das Jarno Trulli, der Überqualifyer - und jeder hat mich nur an Trulli gemessen. Das ist seine erste Saison und jeder weiß, dass er Auto fahren kann. Das hat er in der GP2 gezeigt. Das wird er auch noch in dem einen oder anderen Rennen zeigen. Dass du in deinem ersten Jahr ein paar Fehler machst, ist völlig normal."