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  • 05.08.2004 09:13

  • von Fabian Hust

Surer: "Wenn das Auto passt ist Ralf beeindruckend"

In Teil 2 unserer Interviewserie spricht Surer unter anderem über die Fahrerwahl bei McLaren, Williams, Toyota und Sauber

(Motorsport-Total.com) - Frage: "Mit Montoya und Räikkönen hat McLaren-Mercedes kommendes Jahr eine explosive Fahrerpaarung. Wie glauben sie, werden die beiden miteinander auskommen und kann man mit zwei so starken Fahrern in einem Feld mit einer so hohen Leistungsdichte überhaupt Fahrerweltmeister werden?"
Marc Surer: "Wir müssen erst einmal abwarten, wie das Verhältnis aussehen wird. Ich denke, dass es für Montoya nicht einfach sein wird, den Kimi Räikkönen zu knacken. Ich halte ihn für eine harte Nuss. Es wird sich wohl sehr bald herauskristallisieren, wer von den beiden die Nase vorne haben wird. Vielleicht taucht dieses Problem gar nicht auf, das von außen jetzt aufzutauchen scheint."

Titel-Bild zur News: Ralf Schumacher (BMW-Williams)

Surer hält Ralf Schumacher für einen starken Fahrer - wenn das Material stimmt

Frage: "Fernando Alonso wurde spätestens im letzten Jahr zum kommenden Superstar hochgeschrieben. In diesem Jahr steht er ein wenig im Schatten seines Teamkollegen Jarno Trulli. Ist Alonso für sie ein Ausnahmefahrer?"
Surer: "Ja, für mich ist Fernando Alonso ein zukünftiger Weltmeister. Jarno Trulli hat zumindest in der Qualifikation noch jeden Teamkollegen in Grund und Boden gefahren. Da kann man in die Vergangenheit zurückblicken, die Statistik sagt das eindeutig aus. Auch ein Heinz-Harald Frentzen hat gegen ihn kein Land gesehen, als die beiden in einem Team fuhren. Das kann er einfach."#w1#

"Der Alonso ist mit Sicherheit der bessere Rennfahrer, denn im Rennen hatte er ja oft die Nase vorne gehabt. Er hat noch Nachholbedarf, was das Abstimmen eines Autos angeht, dafür ist er einfach noch zu jung. Er ist einfach noch nicht komplett. Aber er macht Fortschritte, das hat man auch in diesem Jahr gesehen, wo das Auto zu Beginn des Jahres sehr schwierig abzustimmen war. Je besser das Auto wird, desto besser wird auch er. Das ist schon ein Mann der Zukunft."

Surer hält Trennung von Coulthard für richtig

Frage: "McLaren-Mercedes wird sich nach neun Jahren von David Coulthard trennen. Ist dies die richtige Entscheidung?"
Surer: "Ja, es wird höchste Zeit, dass dort einmal frischer Wind reinkommt. Ich bin nur gespannt, ob sie es schaffen, Montoya glatt zu bügeln, sodass er seine Aussagen zivilisiert rüberbringt. Er ist ja zum Glück einer der wenigen, die noch sagen, was sie denken. Darauf bin ich wirklich gespannt..."

Frage: "David Coulthard ist sich sicher, dass er auch 2005 für ein konkurrenzfähiges Team fahren wird. Würden sie den Schotten einem Team empfehlen und wenn ja welchem?"
Surer: "Es gibt nicht viele gute Fahrer auf dem Markt. So gesehen ist die Situation relativ einfach. Wenn ich Jaguar-Teamchef wäre, dann ist dies wohl der beste Fahrer, den ich bekommen kann. Sie müssen ihn unbedingt nehmen."

Surer und das "Heidfeld-Problem"

Frage: "Ist Heidfeld ein Thema für BMW-Williams?"
Surer: "Er ist sicherlich ein Thema, was sind denn die Alternativen? Entweder man versucht es mit jungem Blut oder man versucht es eben mit einem Fahrer, der gute Leistungen gezeigt hat und auf dem Markt ist. Und wie gesagt, da gibt es nicht viele."

Frage: "Aber irgendwie scheinen sich am Mönchengladbacher die Geister zu scheiden, warum?"
Surer: "In meinen Augen hat Nick Heidfeld das Problem, dass er noch nie ein Highlight setzen konnte. Er ist zwar gute Rennen gefahren und kam mit Sauber auch auf das Podium, aber es waren nie Rennen, wo man 'Wow!' gesagt hätte. Es waren meistens seine Teamkollegen, die das geschafft haben."

"Man kann dies natürlich alles mit Pech, mit dem falschen Moment an der Box oder was weiß ich abtun, aber das fehlt dem Nick. Er ist schnell genug, das wissen wir, er kann es eigentlich mit jedem aufnehmen. Aber irgendwie ist bisher dieses Highlight nicht gekommen. Ein Beispiel: Letztes Jahr ging Heinz-Harald Frentzen in Indianapolis eine Runde vor ihm an die Box und das war entscheidend. Auch Nick hätte damals auf den dritten Platz fahren können. Er ist halt eine Runde später an die Box gegangen und wurde dann Fünfter.

"Das sind genau diese Dinge. Wäre es umgekehrt gelaufen, dann wäre Nick in aller Munde gewesen. Schlussendlich war es der Routinier, der es richtig gemacht hat. Warum auch immer, ob ihn das Team zum richtigen Zeitpunkt an die Box bestellt hat, ich weiß es nicht. Das ist genau dieses Quäntchen, das ihm irgendwie fehlt, dieser Beweis, dass er zu außerordentlichen Leistungen gut ist."

Ralf Schumacher ist für Toyota der richtige Mann

Frage: "Ralf Schumacher ist für 2005 bei Toyota bestätigt. In Köln lobt man den Kerpener über den Klee. Ist der Kerpener für sie der richtige Mann für die Japaner und ist er ein kommender Weltmeister?"
Surer: "Man muss es mal so sehen: Jetzt, wo Ralf Schumacher bei BMW-Williams fehlt, ging ja nix mehr bei Williams. Ralf hat also wohl doch einen großen Einfluss auf die Entwicklung und die Abstimmung des Autos. So gesehen ist der Ralf ein guter Mann für Toyota. Den Beweis hat er jetzt unfreiwillig angetreten, weil das Team in diesen paar Rennen mit dem verbesserten Williams nichts zustande gebracht hat. Für die Entwicklung und Abstimmung des Autos haben sie meiner Meinung nach einen guten Mann geholt. Wenn jetzt auch noch der Trulli kommt, der dann die ganzen Pole Positions herausfahren kann, dann haben sie wirklich eine gute Paarung."

Frage: "Hat Ralf Schumacher Qualitäten, die ein durchschnittlicher Fahrer im Feld nicht besitzt?"
Surer: "Das kann man absolut so sagen. Hinzu kommt: Er hat bewiesen, dass er in einem guten Auto unschlagbar ist. Wie er den Montoya versägt, wann auch immer sein Auto gut funktioniert, das ist schon beeindruckend. Nun muss Toyota ihm nur noch ein gutes Auto hinstellen."

Frage: "Was schwierig wird..."
Surer: "Genau... (lacht)"

Warum es Sauber gerne mit Neulingen versucht

Frage: "Peter Sauber hat erklärt, dass er durchaus kommendes Jahr wieder einen Formel-1-Neuling verpflichten will. Das Risiko ist es ihm wert, um vielleicht erneut einen Kimi Räikkönen zu entdecken. Halten sie diesen Schritt für zu gewagt, jetzt, wo die Schweizer wieder auf dem Weg nach vorne zu sein scheinen?"
Surer: "Wenn Sauber sicher gehen möchte, dass man immer die maximalen Punkte holt, dann müssten sie eigentlich den Nick zurückholen. Auf der anderen Seite ist es so, dass sie die guten Jahre immer mit neuen Piloten hatten, wenn wir einmal zurückblicken. In diesem Jahr hat Giancarlo Fisichella mit Sicherheit das erreicht, was sie sich von ihm erwartet hatten. Er war besser und hat aus aussichtslos erscheinenden Situationen viele Punkte geholt. Solch einen Fahrer haben sie 2005 nicht mehr. Wenn sie den Nick zurückholen, dann haben sie einen Piloten, den sie kennen. Er kann mit dem Auto sicherlich in die Punkte kommen, wenn das Auto gut ist. Er kann also den Job machen, den man von ihm erwartet."

"Wenn sie jemand Neues holen, dann kann dieses unbeschriebene Blatt ein Knaller werden oder halt nicht. Ich glaube schon, dass es der Motivation eines Teams gut tut, wenn man einen Fahrer hat, der herzerfrischend Gas gibt, der vielleicht ein paar Fehler macht, zwischendurch aber auch ein paar Highlights setzt. Ich kann die Denkweise des Teams schon verstehen, denn wenn man jemanden holt, den man kennt, ist halt alles eben Routine. Bei einem neuen Fahrer ist immer dieses Kribbeln da, so nach dem Motto 'Vielleicht reißt er es dieses Mal'."

Ferrari kann jeden Fahrer haben

Frage: "Glauben sie, dass ein Top-Team wie Ferrari einem Neuling in naher Zukunft eine Chance geben wird?"
Surer: "Als Testfahrer ist das sicherlich eine Möglichkeit, so wie Ferrari Felipe Massa ein Jahr lang hat testen lassen. Ich denke, dass man sich den besten Fahrer sichern kann, wenn man Ferrari heißt, egal, ob dieser gerade frei ist oder nicht frei ist. Zu Ferrari will jeder. Ferrari hat dieses Problem ganz einfach nicht. Wenn die einen Platz frei haben, dann werden sich darum die Fahrer reißen, auch wenn sie irgendwo noch unter Vertrag stehen. Ferrari muss sich da am wenigstens Sorgen machen."

Frage: "Franck Montagny, Anthony Davidson, Björn Wirdheim, Ryan Briscoe, Timo Glock und Bas Leinders - was halten sie von diesen jungen Testfahrern der Teams? Wen sollten und könnten wir 2005 als Stammfahrer sehen?"
Surer: "Davidson drängt sich natürlich auf, denn er ist immer super Zeiten gefahren und hat dabei nur ein einziges Mal Schrott fabriziert. Natürlich hat er ein gutes Auto, aber er hat die Leistung auch regelmäßig gezeigt. Das war schon eine sehr starke Leistung, er drängt sich wirklich auf, dass er irgendwo unterkommt."

"Was Leinders angeht - er ist schwierig einzuschätzen. Wenn du mit einem solchen Auto rumfährst, dann ist es schon eine Kunst, wenn man nicht abfliegt. Der Timo ist auch mit einem Auto unterwegs, das sehr schwierig zu fahren ist. Damit kommt nur der Nick klar. Wenn Pantano oder Glock damit unterwegs sind, dann sieht das immer unheimlich aus. Dass er da nicht von der Strecke fliegt, ist schon ein kleines Wunder. Er muss zudem immer mit einem Kompromiss leben, da er Reifen testen muss und sich nicht intensiv um das Setup kümmern kann. So gesehen hat er gute Leistungen gezeigt und sich dadurch empfohlen."

"Franck Montagny sehen wir nicht am Freitag, er ist also schwierig einzuschätzen. Ich denke, dass ihm Renault eine Chance gegeben hätte, wenn er ein wirklich großes Talent ist und nicht Fisichella geholt hätte. Für den französischen Konzern und den französischen Reifenhersteller wäre es natürlich ideal, wenn dort auch ein Franzose drinsitzen würde. Ich glaube einfach, dass dieser Montagny nicht der Überflieger ist, sonst würde er im Renault sitzen."

Lesen Sie am Freitag den dritten Teil unserer Interviewserie mit Marc Surer