• 25.09.2008 10:51

  • von Roman Wittemeier

Surer: "Lewis war zum Überholen gezwungen"

'Motorsport-Total.com'-Experte Marc Surer hält die Strafe für Lewis Hamilton immer noch für falsch - GPDA setzt Schikanen auf die Tagesordnung

(Motorsport-Total.com) - Die Strafe für Lewis Hamilton in Belgien zeigt auch nach dem Urteil der FIA-Berufungsrichter am Dienstag noch weitere Folgen. Die Mitglieder der Fahrergewerkschaft GPDA wollen sich in Singapur zusammensetzen, um erneut über das Abkürzen von Schikanen zu sprechen. Das bestätigte GPDA-Direktor Mark Webber in einem Interview mit der britischen 'BBC'. Anlass sei nicht nur der Fall Hamilton, so der Red-Bull-Pilot: "Es gab auch in Monza einige solcher Fälle. Da haben die Piloten zwar keinen Platz gewonnen, aber Zeit."

Titel-Bild zur News: Surer

Diskussionen um Belgien-Schikane: Marc Surer hält das Urteil der FIA für falsch

Die Frage ist nach wie vor, wie man sich nach dem Abkürzen einer Schikane als Pilot richtig verhalten soll. Die FIA hatte eine entsprechende Regel vor dem Monza-Rennen bereits konkretisiert. Die Fahrer müssen im Falle eines Positionsgewinns nicht nur ihren Platz wieder hergeben, sondern neuerdings auch mindestens eine Kurve abwarten, bis sie einen neuen Angriff auf den Gegner wagen. Genau dies hatte Lewis Hamilton in Spa-Francorchamps nicht getan und damit für die kontroverse Diskussion gesorgt.#w1#

Hat Kimi Räikkönen eine Teilschuld?

"Ich halte die Strafe nicht für gerechtfertigt", erklärte 'Motorsport-Total.com'-Experte Marc Surer. "Man muss auch sehen, wie die Situation entstanden ist. Kimi bremst deutlich zu früh, sodass Lewis fast zum Überholen gezwungen wird. Weil Kimi so früh in die Eisen steigt, muss er nach links gehen und außen an ihm vorbeifahren. Dann löst Kimi die Bremse und schießt mit einem Überschuss in die Schikane rein. Lewis wird dadurch abgedrängt und weicht aus, um eine Kollision zu verhindern. Für mich hat er alles richtig gemacht."


Fotos: Großer Preis von Singapur, Impressionen


"Es ist schon schwierig", gab auch Webber zu. "Wir haben die Sicherheit in den Schikanen zwar durch das Asphaltieren deutlich verbessert, aber dadurch auch gleichzeitig neue Möglichkeiten geschaffen. Lewis hätte in der Bus-Stop-Schikane niemals einen Angriff von außen auf Kimi gewagt, wenn die Auslaufzone dort nicht asphaltiert gewesen wäre. Aber wir sind auf einem guten Wege. Die Fahrer sehen sicherlich alle ein, dass wir in solchen Fällen bald noch etwas mehr zurückstecken müssen."

Aus Sicht des Australiers gab es im Fall Hamilton nur wenig Zweifel: "Es ist absolut klar, dass Lewis durch das Abschneiden der Schikane einen guten Schwung für die folgende Kurve hatte. Ich glaube, die meisten hielten es für etwas frech, dort in der nächsten Kurve sofort wieder anzugreifen. Ich persönlich hätte es anders gemacht."

Zwei Ex-Piloten gegen zwei aktuelle Fahrer

Surer hielt dagegen: "Das Überholen wäre sowieso passiert, denn für einen Moment hatte Lewis seine Nase vor dem Ausgang der Bus-Stop-Schikane schon vorne. Das heißt, er hat am Eingang in die Schikane sogar geführt." Der Schweizer fügte mit Blick auf das Urteil der FIA-Richter an: "Wenn man das alles berücksichtigt, dann war die Strafe viel zu hart. Natürlich hatte er durch das Abkürzen einen kleinen Vorteil, aber man muss auch sehen, was in der Schikane passiert und wie die Situation entstanden ist."

Mark Webber

Mark Webber will mit seinen Kollegen in der GPDA Klarheit schaffen Zoom

Die Meinung des Schweizers wird vom Ex-Champion Jackie Stewart gestützt. "Lewis hat in Belgien nichts falsch gemacht", sagte der Schotte im 'Evening Standard'. "Ich glaube wirklich, dass man sich die Sportgerichtsbarkeit mal genau anschauen muss. Das sind doch Teilzeit-Amateure, die aber großen Einfluss auf den Sport haben. Das müssen wir ändern, sonst verlieren wir an Glaubwürdigkeit. Wir müssen da Vollzeit-Profis einsetzen. Wenigstens führt Lewis nach wie vor in der Meisterschaft und die Wetteraussichten sind so, dass er in Singapur im möglichen Regen wieder wegziehen kann."

Die Ex-Piloten schützen den jungen Briten, die aktuellen Fahrer sehen das FIA-Urteil als richtig an. Auch GPDA-Präsident Pedro de la Rosa teilte die Meinung von Webber. Auch der Spanier sieht weiteren Diskussionsbedarf. Kurios jedoch: Während Webber eine GPDA-Sitzung bekanntgab, wollte De La Rosa die Gewerkschaft aus den Diskussionen komplett heraushalten. Er hatte den Ball sofort an die FIA weitergeleitet.