Südkorea: Renault peilt 200. Formel-1-Pole-Position an
Nach Sebastian Vettels perfektem Japan-Wochenende will Renault in Südkorea die 200. Pole erreichen, doch der Kurs ist aus Motorensicht eine Herausforderung
(Motorsport-Total.com) - Die Formel 1-Weltmeisterschaft setzt ihr Asien-Gastspiel fort: Nur eine Woche nach dem Großen Preis von Japan steht mit dem Grand Prix von Südkorea das zweite Rennen in Fernost auf dem Programm. Wie viele der aktuellen GP-Kurse hat auch der Korean International Circuit zwei Gesichter: Im ersten Abschnitt dominieren die Geraden - hier stehen vor allem eine hohe Motorleistung und bestmögliche Beschleunigung im Fokus. Der zweite Teil besteht aus einer Abfolge sehr flüssig zu fahrender Kurvenkombinationen. Hier bleibt den Piloten keine Zeit zum Verschnaufen, denn eine wirkliche Gerade gibt es in diesem Streckenabschnitt nicht.

© Red Bull/Getty
Der Kurs in Südkorea sorgt jedes Jahr für Überraschungen - auch für die Motoren Zoom
Die Anforderungen an die Triebwerke und an die nötige Balance zwischen Power und Fahrbarkeit auf dem Korean International Circuit sind am ehesten mit denen des Nürburgrings oder des Sepang International Circuit in Malaysia zu vergleichen. So zählen auch im "Land der Morgenröte" eine gute Fahrbarkeit in den mittelschnellen und langsamen Kurven, ein spontanes Ansprechverhalten beim Beschleunigen nach den Schikanen und Haarnadelkurven sowie eine hohe Spitzenleistung für die drei längeren Geraden.
Apropos Geraden: Die längste Vollgaspassage führt nicht über Start und Ziel. In Yeongam kommt diese Ehre dem Abschnitt zwischen den Kurven 2 und 3 zu. Bei 1,150 Kilometern Länge laufen die Triebwerke hier rund 15 Sekunden lang bei Maximaldrehzahl. Demgegenüber ist die Startziel-Gerade 700 Meter lang, die Passage zwischen den Turns 3 und 4 misst 560 Meter. Der Vollgasanteil im ersten Streckenabschnitt liegt somit bei über 80 Prozent.
Kompromiss zwischen Beschleunigung und Topspeed
Das passende Getriebe-Setup ist aufgrund der anspruchsvollen Strecken-charakteristik von essenzieller Bedeutung. Die Ingenieure von Renault legen den Fokus auf den idealen Kompromiss zwischen bestmöglicher Beschleunigung und maximaler Höchstgeschwindigkeit. Eine falsche Abstufung der einzelnen Gänge kann dazu führen, dass die Piloten im Drehzahlbegrenzer landen. Die Folge: ein spürbarer Zeitverlust.
Aufgrund des daraus resultierenden fehlenden Topspeeds können die Konkurrenten zudem auf den Geraden leicht zum Überholen ansetzen. Die wechselhaften Wetterbedingungen erschweren die Getriebeabstimmung zusätzlich. Die Nähe zum Gelben Meer und die geringe Höhe über Normal-Null sorgen dafür, dass sich die Windrichtung innerhalb eines Tages mehrfach verändert. Dies müssen die Ingenieure bei der Abstimmung von Motor, Getriebe und Aerodynamik berücksichtigen.
Hoher Verbrauch
Den 700 Meter langen Streckenabschnitt zwischen den Kurven 6 und 9 können die Piloten mit dem passenden Fahrzeug-Setup mit Vollgas durchfahren. Allerdings spielen auch hier die vorherrschenden Wetterbedingungen sowie das Grip-Level der Strecke eine bedeutende Rolle. Diese Faktoren können auch die Traktion in den langsameren Kurven im letzten Sektor negativ beeinflussen.

© xpbimages.com
Renaults Einsatzleiter Remi Taffin kennt die Tücken des Kurses in Yeongam Zoom
Nach Kurve 9 folgt eine Reihe von Kurven, die im zweiten, dritten und vierten Gang mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von ungefähr 215 km/h durch-fahren werden. Der Stop-and-go-Charakter dieses Abschnitts führt zu einem relativ hohen Kraftstoffverbrauch.
Taffin erkennt Parallelen zu Suzuka
"Den RS27-V8-Motoren fordert der Kurs in Yeongam alles ab", weiß Caterham-Pilot Witali Petrow. "Bestmöglicher Topspeed, die passende Getriebeabstufung und optimales Ansprechverhalten stehen hier im Fokus. In den flüssigen Kurvenpassagen muss der Motor sehr fein dosierbar und gut fahrbar sein. Wir fahren hier auf einer der längsten Geraden im gesamten Formel-1-Kalender. Da erleichtert ein gut funktionierendes Energie-Rückgewinnungssystem KERS natürlich das Überholen enorm. Außerdem hilft es, sich gegen die Angriffe der Konkurrenten zur Wehr zu setzen."
Renaults Einsatzleiter Remi Taffin erkennt Parallelen zu Suzuka: "Die Grands Prix von Japan und Südkorea liegen nicht nur geografisch und zeitlich recht dicht beieinander. Auch die Streckencharakteristik ähnelt sich. Wie in Suzuka stehen auch in Yeongam hoher Topspeed und bestmögliche Beschleunigung im Fokus der Ingenieure von Renault. Dies gilt insbesondere für den ersten Sektor, der mit drei langen Geraden aufwartet."
Getriebeabstimmung als Schlüssel
"Der Schlüssel für eine hohe Endgeschwindigkeit und bestmögliche Beschleunigung liegt hier vor allem im passenden Getriebe-Setup", weiß Taffin. "Insbesondere die Abstufung der siebten Fahrstufe muss passen, damit die Fahrer auf den Geraden nicht in den Drehzahlbegrenzer kommen. Trotz des hohen Vollgasanteils von rund 80 Prozent ist dieser Abschnitt für die Motoren nicht besonders anspruchsvoll. Denn die Belastungen für das Kühlsystem und den Ölkreislauf sind relativ gering."
"Im zweiten Streckenabschnitt stehen eine optimale Abstimmung der Motorbremse sowie die Traktion beim anschließenden Beschleunigen im Fokus. Dieser Aspekt ist für die Rundenzeit von großer Bedeutung, denn durch kraftvolles Beschleunigen und schnelles Ansprechen lässt sich viel Speed auf die nächste Gerade mitnehmen und entsprechend Zeit gewinnen. Insbesondere im ersten Abschnitt dieses Sektors stehen einige flüssige Kurvenkombinationen auf dem Programm. Die schnell aufeinanderfolgenden Richtungswechsel bedeuten für den Motor eine stark Beanspruchung. Diese Sektion, insbesondere der Abschnitt zwischen Turn 6 und 9, ähnelt in gewisser Weise den berühmten 'Esses' von Suzuka."
200. Renault-Pole im Visier
"Der letzte Sektor des Korean International Circuit zeichnet sich durch seinen Stop-and-Go-Charakter aus", erklärt der Renault-Einsatzleiter. "Kurze Beschleunigungsphasen und Rechtskurven wechseln sich ab. Das treibt den Benzinverbrauch in die Höhe. Dieser Kurs vereint im Grunde drei Rennstrecken in sich. Die größte Herausforderung besteht darin, die ideale Abstimmung des RS27-V8 für alle drei Sektoren zu finden, ohne zu große Kompromisse eingehen zu müssen."
"Nach dem Sieg von Sebastian Vettel in Suzuka ist die Weltmeisterschaft so spannend wie nie zuvor in diesem Jahr. Daher freuen wir uns besonders auf das Rennen in Südkorea. In Suzuka fuhr Sebastian für Renault zudem die 199. Pole-Position heraus. Auf dem Korean International Circuit wollen wir natürlich die 200. Pole feiern. Das wäre ein weiterer Meilenstein in der erfolgreichen Formel 1-Geschichte von Renault Sport F1."

