Stracke an der Strecke: Arrivederci, Michael!
'F1Total.com'-Reporterin Inga Stracke über die Italiener und die Wahrheit, Michael Schumachers neuen Job und den Wein von Jarno Trulli
(Motorsport-Total.com) - Hallo, liebe Formel-1-Fans! Was für ein Panorama auf der Anfahrt! Was für eine Woche - und sie hat jede Menge Arbeit nach sich gezogen...

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"Schumi" wird 'F1Total.com'-Reporterin Inga Stracke in Zukunft sehr fehlen
Da kann man ja schon wehmütig werden: Wenn ich mich an meinen allerersten Grand Prix erinnere, es ward 1994 zu Hockenheim, nichts ahnend und naiv stand ich vor dem Benetton Motorhome und wartete auf den ausgeschiedenen Michael Schumacher, als eine Meute aufgedrehter TV- und anderer Medienkollegen ankam und mich fast überrannte. Als der "Meister", der sich damals noch in der Phase zwischen Selbigem und Lehrlingsdasein befand, dann aus dem Truck kam und einfach links die Treppe hinunterhüpfte, um der Meute zu entkommen, stand ich schon wieder in der Pole Position - und damit genau falsch, weil ich zum zweiten Mal umgerannt wurde, jede Menge blaue Flecken und ein kaputtes Kopfhörerkabel hatte und um eine Menge Erfahrungen reicher war.#w1#
Unsere Inga geht noch lange nicht in Rente...
Tja, das wird mir dann schon irgendwie fehlen, wenn er dann wie angekündigt nach dem Brasilien-Grand-Prix zurücktritt. Und wie wird das Gedränge groß sein, wenn er - in welcher Funktion und wann auch immer - wieder auftaucht? Viel älter als ich ist er ja nun nicht, aber ICH kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, demnächst in Rente zu gehen...

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Monza ist berühmt für die flammende Leidenschaft der Ferrari-Tifosi Zoom
Naja, glauben wir es ihm dennoch mal, auch wenn er ja durch die vielen Jahre bei Ferrari fast schon zum Italiener geworden ist. Und dass die nun nicht immer die Wahrheit sagen, hat sich am Monza-Wochenende ein ums andere Mal gezeigt. Der Presseparkplatz war - wie immer - zu klein, dazu auf einem so sandigen Platz, dass man morgens ein rotes Auto abstellte und abends ein braun-graues vorfand. Das Ganze mit ein wenig Regen vermischt - zum Beispiel am Freitagabend: lecker!
Doch kommen wir wieder zum Thema: der italienische Parkplatzwächter! Mit dem kleinen und staubigen Platz konnte ich ja leben, doch liegt dieser halb im Wald und zieht sich eine ganze Ecke nach hinten, wo durchaus ab und an leicht zwielichtige Gestalten lungern. Beleuchtet ist dort rein gar nichts, und ich muss zugeben, auch wenn ich kein Hasenfuß bin, es ist doch nicht ganz angenehm, abends alleine im Dunkeln zum Auto laufen zu müssen. Also bat ich bei der morgendlichen Ankunft den Parkplatzwächter, der mich eifrig in die hinterste Lücke unter einem Baum verwies, ob ich nicht bitte etwas weiter vorne - dort war auch noch Platz - parken könnte, wo man abends wenigstens noch die Hand vor den Augen sehen könne. Oh nein, das ging nicht, aber er sei 24 Stunden hier und würde mich gerne mit der Lampe zum Auto geleiten oder es mir gar nach vorne an die beleuchtete Straße holen.
Keine Spur vom Parkplatzwächter
Wer war abends weit und breit nicht zu finden? Der Wächter! Keiner hatte ihn gesehen. Stundenlang. Das gleiche Spiel jeden Tag, und da in Monza - netterweise - jeden Abend ein anderes Team zum Abschied der Europasaison und damit verbunden der Motorhomes einlud, war es halt doch jeden Abend spät und dunkel. Gut, ich bin heil wieder zurückgekommen, aber lustig war es nicht und mein leicht geschwollener Knöchel dankt es dem Pinocchio nicht, dass er nicht die Wahrheit sprach und ich unsanft in einer Baumwurzel hängen blieb!

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Irgendwie spürt man im Königlichen Park von Monza einen besonderen Charme... Zoom
Wie es die Italiener um Monza zur Grand-Prix-Zeit so mit der Wahrheit halten, musste auch ein Formel-1-Fahrermanager erfahren. Aufgrund von Sponsorenmeetings war er erst spätabends zum gebuchten Hotel gekommen und bekam ein Zimmer das - nach seinen Angaben - eine mittlere Abstellkammer war. Auf die Frage, ob es bitte kein anderes Zimmer gebe, wurde er vom Nachtportier unfreundlich mit einem Nein und er könne ja gehen, wenn es ihm nicht passe, angeknurrt.
Nach einer unbequemen Nacht wurde er morgens freundlich von einer hübschen Italienerin an der Rezeption begrüßt, die ihm nicht nur zugesagt, ihn umgehend in ein besseres und größeres Zimmer umzuquartieren, sondern auch gerne ein weiteres Zimmer für einen verspätet anreisenden Sponsorenpartner parat hatte. Und gerne würden seine Koffer vom Personal in das neue Zimmer gebracht, er müsse sich um gar nichts kümmern. Sämtliche des nächtens entstandene Vorurteile gegenüber Italienern über Bord schmeißend ging Kollege Fahrermanager an die Strecke zur Arbeit, um abends einen entrüsteten Anruf des Sponsors entgegenzunehmen, der sich kein 90/190-Zentimeter-Bett mit ihm in der Besenkammer teilen wolle.
Ein Hotelier, der 2007 kaum noch Gäste haben wird...
Im Hotel angekommen fand er sich dem empörten Sponsor und dem knurrenden Nachtportier gegenüber, der ihn anschrie, was das solle, er habe ihm doch schon gesagt, es gebe keine Zimmer für ihn. Die hübsche Dame vom Morgen sei seine Freundin gewesen, die habe sowieso nichts zu sagen. Aha. Nach einem aufgebrachten Wortwechsel ob der offensichtlichen Misskommunikation fanden sich Manager und Sponsor samt Koffer auf der Straße und der knurrende Portier stellte sich als Besitzer des Etablissements heraus, das sich sicher darauf freuen darf, in Zukunft viele freie Zimmer zu haben.

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Auch das ist Monza: Panineria und Caffetteria direkt an der Rennstrecke Zoom
Was die Zukunft angeht, so hatte ich eine kleine Kostprobe, was die Formel 1 ab 2009 bringen könnte. Im Rahmen der Diskussionen um widergewinnbare Energie und damit benzinsparende Motoren habe ich die Reise nach Monza in einem Hybridauto angetreten. Das Navigationsdisplay sieht mitunter aus wie ein Mäusekino - man kann genau sehen, wann der Motor mit Sprit und wann mit der aufgeladenen Batterie betrieben wird. Super leise ist er auch, vor allem im Stillstand, so dass ich am Anfang an den Ampeln öfters dachte, er sei ausgegangen. Auf der vor allem auf der Hinfahrt vom Stau geprägten Reise war diese benzinsparende Variante richtig klasse, für die Strecke Köln-München-Monza und zurück hat das Auto nur etwas über drei Tankfüllungen verbraucht!
Experimentiert haben wir im Kollegenkreis - auf freundliche Einladung von Toyota am Donnerstagabend, und zwar mit den verschiedenen Geschmacksarten der Weine aus dem Hause Jarno Trulli. Richtig lecker, muss ich sagen! Gott sei Dank musste ich danach nicht mehr zurück pilotieren, wenngleich ich keine Probleme gehabt hätte, den Schlüssel ins Zündschloss zu bekommen, denn das wäre ja nicht notwendig gewesen...
Italienische Polizei entspricht ganz dem Klischee
Egal, ob Zündschloss oder nicht, die italienische Polizei hatte es sich jedenfalls zur Aufgabe gemacht, gründlich über alles zu wachen. So mussten die Carabinieri Passnummer und Name eines jeden im Fahrerlager notieren. Das sagte mir der in Zivil gekleidete Kollege jedenfalls, als er mit Stielaugen auf meinen Pass schaute, den um den Hals zu tragen er mir zuvor angemahnt hatte. Komisch nur, dass er diese Kontrolle nur bei den ankommenden Damen der Schöpfung anwandte, frei nach dem Motto: "Blondinen bevorzugt!" Wie gut, dass sich nicht allzu viel in Italien geändert hat, auch wenn offensichtlich die Fahrzeuge der Polizei von Lamborghinis auf doch recht eigenartige Gefährte downgegradet wurden.

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Die italienischen Polizisten kontrollierten vor allem die Pässe von Blondinen... Zoom
Apropos Fahrzeug: das netteste Gerücht des Wochenendes (abgesehen von Renault, McLaren, Red Bull, Torro Rosso, BMW und doch wieder Ferrari) zum Thema Michael Schumacher war, er habe bereits einen neuen Pilotenvertrag abgeschlossen - als neuer Fahrer des Papamobils...
Und damit sind wir auch schon am Ende des Monza-Wochenendes angelangt. Der Oscar für den besten Spruch geht an Sebastian Vettel: Er erklärte, man könne ja sogar nackig im Fahrerlager herum laufen, es würde keiner merken, weil alle so auf die Entscheidung von Michael Schumacher fixiert seien. Und der Preis für den geselligsten Abend geht an die GP2: Die Formel-1-Nachwuchsserie hatte am Sonntagabend ihre Saisonfinalparty samt Siegerehrung und einer Versteigerung zugunsten der Gonzalo-Rodriguez-Stiftung für uruguayanische Straßenkinder. Ich hatte hierfür auch etwas gespendet - ein Bild aller Formel-1-Piloten mit den Originalunterschrften. Auf diesem Wege mein Dank an den großzügigen Ersteigerer!
Bis bald, Eure Inga Stracke von der Strecke!

