Stoddart: "Minardi wird 2005 dabei sein"
Paul Stoddart kämpft weiter, sein Team wird 2005 wieder am Start sein, egal in welcher Form - doch der Australier wirkt resigniert
(Motorsport-Total.com) - Frage: "Der Taifun, der sich in Richtung Japan bewegt, wurde nun zu einem Super-Taifun erklärt. Welche Vorbereitungen habt ihr für morgen und für den Sonntag getroffen? Wie wird das Qualifying dadurch beeinflusst? Wenn es gestrichen wird, wie wollt ihr es nachholen?"
Paul Stoddart: "Ich denke, dass zunächst die Fans die größten Verlierer dabei sein werden. Die Teams werden das sicher überleben. Wir werden alle Luken verrammeln und das Beste aus dem morgigen Tag machen, wenn wir dann fahren sollten. Wenn nicht, dann wird der Sonntag eine Lotterie werden. Ich bin sicher, dass es noch Zank darüber geben wird, was am Ende dabei herauskommt. Ob wir nun in umgekehrter Reihenfolge starten, nach Meisterschaftsstand, nach dem Zieleinlauf des vergangenen Rennens oder ob wir Bernie Ecclestones Idee wieder aufgreifen und Lose ziehen. Aber am Ende werden wir irgendwie schon zu einer Startaufstellung kommen, hoffentlich beeinflusst der Taifun dann nicht das Rennen am Sonntag. Es wäre schlimm genug, wenn wir morgen kein Qualifying hätten, aber es wäre sehr schlecht, wenn wir das Rennen abbrechen müssten."#w1#

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Minardi-Teamchef Paul Stoddart gibt nicht auf - auch 2005 ist er dabei
Frage: "Du hast darum gebeten, auch 2005 die aktuellen PS04B-Chassis einsetzen zu dürfen, weil die neuen Regeln sehr spät kommen und ein kleines Team sich dann die Entwicklung nicht mehr leisten kann. Welchen formellen Weg musst du dabei gehen? Und bist du zuversichtlich, dass das funktionieren wird?"
Stoddart: "Zunächst muss es von den Teamchefs erlaubt werden. Aber ich möchte noch klarstellen, warum ich darum bitte. Es ist nicht wegen der Kosten. Die spielen zwar auch eine Rolle, aber wenn man sich unsere Position ansieht, dann haben wir jetzt noch kein Technisches Reglement. Wir alle haben gedacht, dass die neuen Regeln in etwa so sein würden, wie FIA-Präsident Max Mosley sie vorgeschlagen hatte, aber letztendlich wissen wir das heute noch nicht. Wie alle anderen Teams sind auch wir das Risiko eingegangen, ein neues Auto um einen Motor herum zu bauen, den wir im nächsten Jahr bekommen sollten. Plötzlich stellt sich heraus, dass Jaguar und Cosworth aussteigen. Nun müssen wir uns der Realität stellen, und die könnte so aussehen, dass es im kommenden Jahr keinen Motor mehr für unabhängige Teams geben wird - zumindest nicht der Motor, mit dem alle gerechnet haben. Das ist ein Fall von Höherer Gewalt."
Langsam aber dabei - Minardi 2005
"Das ist kein Geldproblem, es ist ein Problem der Unmöglichkeit. Wir haben alles getan, was wir können, damit Minardi auch im nächsten Jahr dabei ist. Wir haben dabei etwas Glück, denn wir können, wenn wir dazu gezwungen sind, einen eigenen Motor einsetzen. Der wird natürlich langsamer sein. Und weil das so ist, haben wir die anderen Teams gefragt, ob wir für ein Jahr nicht nach den Regeln der Saison 2004 fahren können. Das Regel-Hickhack entstand ja, weil die FIA die Autos um - ich zitiere - drei Sekunden verlangsamen wollte. Jeder versteht, dass Minardi schon jetzt mehr als drei Sekunden langsamer ist, hier gibt es also kein Sicherheitsproblem. Es geht darum, die unabhängigen Teams in der Formel 1 zu halten. Wir sind eine vom Aussterben bedrohte Art. Beim vergangenen Rennen wurden verschiedene Aussagen getätigt, dass Jordan und Minardi nicht mehr in Melbourne dabei sein werden. Diese Art des Verhaltens hat mich unter Druck gesetzt, von möglichen Sponsoren, Fahrern und anderen, die fragten: 'Wird Minardi 2005 in Melbourne am Start sein?'"
"Minardi wird 2005 dabei sein, und in der ersten Instanz fragen wir die Teamchefs nach Unterstützung, um nach den Regeln des Jahres 2004 zu fahren. Ich muss sagen, dass es da viel Unterstützung gibt. Bereits mehr als die Hälfte der Teams haben zugestimmt. Ich werde nicht sagen, wer ja und wer nein gesagt hat. Einige Teams sind nicht daran interessiert, aber das wird im Laufe der Zeit noch kommen. Wenn wir die Teams hinter uns haben, dann müssen wir die FIA befragen. Da ist natürlich nichts garantiert, der schlimmste Fall wäre, dass wir in Melbourne mit einem Auto nach den Regeln des Jahres 2005 stehen, mit einem Motor, der da hinein geschustert wurde. So müssten wir das dann machen, und dann werden wir langsam sein."
Frage: "Wie steht es eigentlich um das Team? Welchen Motor werden ihr fahren, einen Cosworth oder euren eigenen?"
Stoddart: "Wenn wir müssen, dann können wir den Motor aus unserem eigenen Programm des Jahres 2001 einsetzen. Auto und Motor sind auf dem aktuellen Stand der Regeln, wir passen das jedes Jahr an. Aber das wäre nicht richtig für die Formel 1 und nicht richtig für Minardi. Einige haben mich immer wieder gefragt, warum wir an diesem Auto festhalten, denn konkurrenzfähig ist es ja nicht. Aber wir haben das Auto aus 2001 an die Regeln für 2003/2004 angepasst und wir werden es an die der Saison 2005 anpassen. Ich möchte mit diesem Auto nicht in Melbourne sein, das möchte ich klarstellen. Aber ich werde mich auch nicht durch die Politik aus diesem Sport vertreiben lassen."
Zur Not tritt Minardi mit einem Motor der Saison 2001 an
Frage: "Seid ihr bei der Motorenfrage einer Lösung nun etwas näher?"
Stoddart: "Überhaupt nicht. Ich habe den Leuten bei Cosworth eine sehr direkte Frage gestellt. Zu diesen Leuten haben wir eine sehr gute Beziehung, aber in ihrer derzeitigen Situation, in ihrer Krise, können sie keine Entscheidungen treffen. Ich muss also den allerschlimmsten Fall annehmen. Was kann ich tun, wenn es keinen Motor gibt, keine Hilfe und niemanden, der uns unterstützt? Ich werde in Melbourne mit meinem eigenen Motor antreten, den mir keiner nehmen kann. Dann werden wir aber unheimlich langsam sein. Wir waren in all den Jahren nie ein Problem beim Überrunden, wir haben den Weg frei gemacht. Aber es wäre nicht sehr weiße, wenn ein Minardi sechs oder acht Mal im Rennen überrundet wird. Das ist verrückt."
Frage: "Toyotas Teamchef Tsutomu Tomita hat erklärt, dass es jetzt zu spät sei, über Kundenmotoren für 2005 zu verhandeln."
Stoddart: "Da hat er recht. Es ist zu spät, um über Motorenlieferungen nachzudenken, daher spreche ich auch von Höherer Gewalt. Wir werden auf einen Weg gezwungen, den wir nicht beschreiten wollen. Nicht, weil uns niemand unterstützen möchte. Es ist Oktober und wir haben weder ein Technisches Reglement noch Motoren. Das ist keine sehr gute Position."
Frage: "Glaubst du, dass Cosworth noch eine Zukunft hat?"
Stoddart: "Ja, das glaube ich. Cosworth ist ein wenig wie Minardi. Sie haben mehr Leben als eine Katze und hatten mehr Besitzer als wir. Sie werden überleben. Aber wird der neue Eigner, wer immer das sein wird, bezahlbare Formel-1-Motoren für 2005 anbieten? Darauf haben wir keine Antwort und es wäre verantwortungslos weiterzumachen, als ob über Nacht alles in Ordnung kommen wird. Wir müssen das jetzt aussortieren."
Stoddart: Silverstone findet 2005 statt
Frage: "Die Tabakwerbung in der Formel 1 steht vor dem Ende, aber die GPWC und Marlboro haben angekündigt, auch nach 2006 weiter in der Formel 1 zu sein. Könnte das der Formel 1 schaden?"
Stoddart: "Wir müssen darauf achten, was nach dem 31. Juli im kommenden Jahr passieren wird. Wenn Jean Todt oder Bernie (Ecclestone) ins Gefängnis müssen, dann wäre es wohl das Ende des Tabaks in der Formel 1. Aber die Situation bei 'Philip Morris' ist anders. Sie sind in der Lage, auch ohne Schriftzug Werbung zu machen."
Frage: "Glaubst du, dass es nächstes Jahr in Silverstone ein Rennen geben wird?"
Stoddart: "Ja. Ich habe schon vorher gesagt, dass es ein Rennen geben wird. Jeder der sein Geld darauf verwetten möchte: Diese Wette ist sicher. Warum das dann alles passiert? Ein Wort: Politik!"
Frage: Glaubst du, dass zur Formel 1 auch die Tradition gehört?"
Stoddart: "Ich würde das gerne auf die Teams ausdehnen. Ich möchte das ganz ehrlich sagen. Ich fürchte mich vor dem Tag, an dem nur ein halbes Dutzend Hersteller in der Formel 1 sind, denn damit hält man nicht an der Tradition der Formel 1 fest. Und bei den Kursen gibt es natürlich auch historische. Manchmal werden die Anlagen an der Strecke als Argument genannt. Wir alle wissen, dass es gute und schlechte Anlagen gibt, und Silverstone ist weder oben noch unten angesiedelt sondern irgendwo in der Mitte. Das ist also kein wirkliches Argument."
Frage: "Erwartet ihr, dass ihr für einen 18.oder 19. Grand Prix bezahlt werdet?"
Stoddart: "Es geht um mehr. Die Teams bekommen 23 Prozent des gesamten Finanzkuchens der Formel 1. Dieser wird dann unter den Teams verteilt. Wenn wir also über ein 18. oder 19. Rennen sprechen, dann kostet das den Teams Geld. Niemand wird für weniger als zwei Millionen Dollar zu einem Rennen reisen können, das ist sogar noch niedrig angesetzt. Also müssen wir entschädigt werden. Aber man sollte nicht glauben, dass die Formel-1-Teams gierig wären. Bei 23 Prozent Anteil sind wir das sicher nicht."
Frage: "Der Rennbetrieb für morgen ist nun abgesagt. Die Qualifying-Prozedur am Sonntag kann aber nicht geändert werden, denn das wäre ein Eingriff in das Sportliche Reglement. Man bräuchte dann die Zustimmung aller Teams."
Stoddart: "Da bin ich doch sehr erfahren. Und ich wünsche viel Glück dabei, denn bisher haben wir das nicht geschafft."
Frage: "Ein neues Team kommt in die Formel 1 (Midland F1). Der Boss Alex Shnaider sagt, dass die Beteiligung in Zukunft noch mehr wert sein wird. Gleiches hast du vor drei oder vier Jahren auch gesagt. Stimmt diese Annahme noch?"
Stoddart: "Das sind zwei Punkte. Ich halte wahrscheinlich den Rekord für Kaufangebote: 23, darunter ein geplatzter Cheque über zehn Millionen Dollar, der hängt in meinem Büro an der Wand. Die Teilnahme an der Formel 1 hat also offensichtlich keinen Wert. Prost und Arrows gingen, nun kommen wir vielleicht unter die Minimummarke der Teams, wenn Jaguar auch geht. Für uns ist das ein Kampf ums Überleben bis zum Ende des Concorde-Agreements. Ich habe aufgehört, daran zu glauben, dass vor Ende 2007 noch etwas passiert. Wenn jemand kommt und denkt, dass man den Wert mit der Teilnahme steigern kann, okay. Aber ich kenne diesen Weg, und er ist nicht einfach. Aber ich wünsche ihnen Glück."

