• 24.05.2002 09:56

  • von Marcus Kollmann

Stoddart: Die Sache mit Phoenix ruiniert Minardi

Im Gespräch verrät Stoddart warum Minardi eventuell die letzte Saison fährt und spricht über Phoenix und Tom Walkinshaw

(Motorsport-Total.com) - Als Mark Webber beim Saison-Opener in Melbourne als Fünfter sich und dem Minardi-Team die ersten WM-Punkte beschenkte, da kannte die Freude im italienischen Team unter australischer Führung keine Grenzen, doch die Freude ist längst der Sorge um die weitere Existenz des Teams, welches Ende der Saison 2000 schon einmal vor dem Aus stand, gewichen.

Titel-Bild zur News: Paul Stoddart (Teamchef)

Stoddart droht mit Rückzug aus der Formel 1

Exakt 22 Mitarbeiter, verriet Paul Stoddart am Donnerstag in Monaco, habe man bereits entlassen müssen. Doch daran ist nicht allein die schwierige Situation Schuld, in der sich die kleinen Teams in der Formel 1 befinden, sondern die Bemühungen von Charles Nickerson. Der hatte nämlich einige Chassis aus der Konkursmasse des Pleite gegangenen Prost-Teams gekauft und verfolgt das ehrgeizige Ziel in dieser Saison ein zwölftes Team an den Start zu bringen. Zwar erteilte der High Court in London dem britischen Geschäftsmann jüngst eine Abfuhr, indem man sich der Auffassung der FIA anschloss, wonach Nickerson zwar die Chassis, nicht jedoch das Recht zur Teilnahme an der Weltmeisterschaft gekauft habe, doch noch ist ein Ende in dieser Angelegenheit nicht abzusehen.

Von den weiteren Entwicklungen im Fall Phoenix hängt laut der Aussage von Minardi-Teamchef Paul Stoddart jedoch ab, wie lange sich sein Team noch in der Formel 1 halten wird. "Dadurch ist unser gesamtes Weiterentwicklungsprogramm in Ledbury gekippt und es stehen weitere Jobs auf dem Spiel", erklärte der Australier am Donnerstag und teilte mit, dass ihn die unendliche Geschichte mit Phoenix krank mache.

Stoddart: Hinter Nickerson und Phoenix steckt Tom Walkinshaw

Grundsätzlich geht es um die Beteiligung an den TV-Einnahmen die dem Prost-Team zugestanden hätten und um die 12 Millionen US-Dollar betragen sollen. Für die Verteilung dieser Summe gibt es nach der Liquidation von Prost Grand Prix verschiedene Möglichkeiten, denn eine eindeutige Regelung gibt es offensichtlich nicht. Eine Möglichkeit ist die, dass Phoenix, sollte das Team durchsetzen können als Nachfolger von Prost an den Start zu gehen, alles bekommt. Eine weitere wäre, dass das Geld unter allen verbliebenen elf Formel-1-Teams aufgeteilt wird. Möglich wäre jedoch auch, dass die nach dem Prost-Konkurs auf ihren Forderungen sitzen gebliebenen Zulieferer und die Angestellten ausgezahlt werden. Paul Stoddart jedoch sieht in seinem Minardi-Team, welches nicht nur die wenigsten Angestellten hat, sondern auch mit dem kleinsten Budget auskommen muss, das Team welchem das Geld am ehesten zusteht. Angeblich sollen alle anderen Team-Bosse zugestimmt haben, dass Minardi das Geld bekommt - mit Ausnahme einer Person: Tom Walkinshaw. Der Arrows-Teamchef ist ohnehin das Zünglein an der Waage. Stoddart sieht in dem Schotten überhaupt den Initiator der ganzen Phoenix-Sache, denn zufällig ist Nickerson ein guter Freund von Walkinshaw und dieser hatte sich ja schließlich auch bereit erklärt mit seiner Firma TWR technische Unterstützung zu geben, wodurch Phoenix überhaupt erst in der Lage wäre an den Rennen teilzunehmen. Kein Wunder, dass Stoddart auf den Arrows-Teamchef nicht gut zu sprechen ist.

Stoddart: Werde keinen Deal mit Walkinshaw machen, sondern mich in so einem Fall aus der Formel 1 zurückziehen

Als Inhaber der Fluglinie European-Aviation weiß Stoddart, wie es ist, um das Überleben in der Geschäftswelt zu kämpfen. Während er letztes Jahr noch sein Privatvermögen zur Finanzierung der Saison aufbrachte, so muss sich Minardi dieses Jahr vollkommen eigenständig finanzieren.

Die Finanzspritze durch die Überweisung der Anteile an den TV-Geldern, die eigentlich Prost Grand Prix zugestanden hätten, ist deshalb äußerst willkommen, denn Stoddart selbst sieht in der jetzigen Situation nicht ein erneut Geld in das Team zu stecken, vor allem nicht wenn es am Ende in die "falschen Hände" gerät: "Die Frage, die man sich selbst stellen muss, ist, ob ich die 12 Millionen in das Team stecken würde? Im Augenblick kann ich das nicht beantworten, denn ich weiß es nicht. Die Vorstellung, dass ich versuchen muss das Geld irgendwie aufzubringen, erfüllt mich nicht gerade mit Freude. Wenn die Situation nicht endgültig gelöst wird, dann glaube ich, dass ich im kommenden Jahr nicht mehr hier sein werde. Ich bin in die Formel 1 des Sports wegen gekommen, nicht um politische Spielchen zu spielen", sagt der Australier, der in der Klage von Phoenix gegen die FIA mit einer Berufung seitens des Nickerson-Teams rechnet: "Auch wenn das Gericht eine klare Entscheidung getroffen hat, so rechne ich nicht damit, dass der Fall nun ad acta gelegt ist. Das Geld ist bis zur endgültigen Klärung eingefroren und ich möchte ehrlich gesagt meinem Geld nicht hinterher jagen und Tom Walkinshaw durch die Gerichtsinstanzen folgen müssen. Wenn ich einen Deal mit ihm abschließen muss, dann werde ich mich aus der Formel 1 zurückziehen."

Wie es in solch einem Fall um die Zukunft des Minardi-Teams bestellt wäre, kann man sich denken. Als mögliche Retter in der Not wäre nur vorstellbar, dass zum Beispiel Asiatech, die ohnehin ihr eigenes Team planen, die Führung übernimmt oder es gelingt einen genauso Motorsport-begeisterten und wohl situierten Geschäftsmann wie Stoddart zu finden, der sein Geld in das Team steckt.