• 24.05.2002 10:35

Mosley: "Stallorder schadet Image der Formel 1 nicht"

Der Brite äußert sich im Interview über die Gründe der Ladung von Ferrari vor den Weltrat und die Bedeutung der Stallorder

(Motorsport-Total.com/dpa) - Ausgerechnet eine gut gemeinte Geste kann Michael Schumacher vor den Sportbehörden schaden und im Rennen um den ersehnten fünften WM-Titel zum Stolperstein werden. Vor dem Formel-1-Highlight der Saison hat Weltverbands-Präsident Max Mosley mögliche Konsequenzen am "grünen Tisch" für den Weltmeister und sein Ferrari-Team aufgezeigt.

Titel-Bild zur News: Max Mosley

Mosley: Image der Formel 1 hat durch die Stallorder nicht gelitten

Schumachers Verhalten bei der Siegerehrung nach dem umstrittenen Grand Prix in Österreich ist einer der "Anklagepunkte" bei der Anhörung vor dem Weltrat des Internationalen Automobilverbandes (FIA)am 26. Juni, bestätigte Mosley in einem Interview vor dem Großen
Preis von Monaco, in dem er auch über mögliche Konsequenzen für die "Roten" sprach.

Frage: "Alles spricht über die Ferrari-Stallorder. Welche Meinung hat der FIA-Präsident zu diesem Thema?"
Max Mosley: "Ich muss mich einigermaßen vorsichtig ausdrücken. Denn die ganze Sache kommt vor den Weltrat. Es hat schon immer Stallorder gegeben. Wenn wir sie verbieten würden, wäre es unmöglich, ein solches Verbot durchzusetzen. Denn es gibt so viele verschiedene Wege, Stallorder zu praktizieren, ohne dass es jemand merkt."

Ferrari wird sich wegen der Vorgänge auf dem Podest rechtfertigen müssen

Frage: "Wie lautet dann der konkrete Vorwurf, weshalb Ferrari und die Fahrer vor den Weltrat zitiert werden?"
Mosley: "Erstens: Das Podest. Man sagt, die Siegerehrung war nicht in Ordnung. Zweitens: Obwohl Teamorders nicht verboten sind, ist es verboten, etwas zu tun, das dem Wettbewerb schadet."

Frage: "Die Fans waren so sauer wie nie. Muss sich die FIA Sorgen um das Image der Formel 1 machen?"
Mosley: "Ich glaube, dem Image der Formel 1 schadet es nicht. Es könnte vielleicht dem Image von Ferrari schaden. Aber jeder weiß,
dass es eine Sache von Ferrari ist, nicht der Formel 1 bzw. der FIA."

Frage: "Aber es gibt doch jetzt viele Leute, die sagen: Formel 1 ist kein Sport. Also geht es doch zu Lasten des Images?"
Mosley: "Es gibt viele Sportarten, in denen der eine dem anderen hilft. Auch im Fußball zum Beispiel. Der eine kann schießen, aber der andere kann besser schießen, dann gibt er den Ball dem anderen. Im Ergebnis steht immer der, der geschossen hat."

In Sachen Bestrafung ist "alles möglich"

Frage: "Muss man das Reglement im Punkt Teamorder klarer formulieren?"
Mosley: "Kann man eigentlich nicht. Denn man kann nur sagen: Okay, Teamorders dürft ihr machen. Aber ihr dürft den Wettbewerb nicht kaputt machen. Es gibt zwei Wettbewerbe. Das ist kompliziert. Es gibt das einzelne Rennen, und es gibt die Weltmeisterschaft. Es ist eine Ansichtssache. Und es gibt natürlich zwei Seiten des Arguments. So ist es immer. Man kann nicht präzise sein."

Frage: "Das Reglement nennt nie konkret ein Strafmaß für ein
Vergehen. Was ist theoretisch in so einem Fall wie Ferrari möglich?"
Mosley: "Alles ist möglich."

Frage: "Von Straffreiheit bis lebenslänglicher Sperre?"
Mosley: "Theoretisch. Es ist wie im normalen Leben. Es gibt
Sachen, wo es von Null bis Lebenslänglich gehen kann. Je mehr man
versucht, Strafen für gewisse Dinge zu fixieren, desto größer ist die
Chance, etwas Unrechtes zu tun."

Reaktionen auf Ferrari-Stalloreder größer als nach Sennas Tod

Frage: "Die FIA ist in einer Zwickmühle. Man kann ihr vorwerfen, jetzt durch Punktabzüge die Weltmeisterschaft spannend zu machen und damit zu manipulieren."
Mosley: "Wenn wir überhaupt nichts tun würden, sagen alle: Das ist wegen Ferrari, Ferrari greift man nie an. Aber der Schiedsrichter kann sowieso nie gewinnen. Der kann nur schlecht aussehen."

Frage: "Hat es Sie überrascht, dass es in Spielberg und auch in den Tagen danach so heftige Proteste gegeben hat?"
Mosley: "Ja. Ich habe mehr Faxe und e-mails bekommen als zu der Zeit, nachdem Ayrton Senna tödlich verunglückt war. Es waren Leute aus dem Publikum, die irgendwo her unsere Fax-Nummer hatten. Es war erstaunlich. Aber man muss sich darüber freuen, dass sich so viele Leute für die Formel 1 interessieren."

Frage: "Besteht nicht die Gefahr, dass TV-Zuschauerzahlen abnehmen?"
Mosley: "Ich glaube nicht. Viele haben in den Faxen erklärt: Ich schaue mir das nie wieder an. Aber ich glaube, tatsächlich werden wir jetzt mehr Zuschauer haben. Denn die Leute reden drüber."