• 02.09.2001 22:53

  • von Fabian Hust

Sonntags-Pressekonferenz

Michael Schumacher, David Coulthard und Giancarlo Fisichella sprechen über den Großen Preis von Belgien

(Motorsport-Total.com) - Frage: "Michael, du hattest zwei Mal gute Starts, aber Williams hat sich selbst aus dem Rennen geworfen und sich nach hinten befördert?"
Schumacher: "Ja, mit Sicherheit. Für meinen Bruder ist das natürlich Pech. Wenn du sagst, dass ich einen guten Start hatte, dann glaube ich nicht, dass das stimmt. Ich denke, dass der Kerl neben mir (Fisichella) einen tollen Start hatte. Ich weiß nicht, von welcher Position er kam, aber er hätte mich fast überholt, aus diesem Grund würde ich sagen, dass wir einen durchschnittlichen Start hatten und ich nur meine Position verteidigen konnte dank Williams, da ich nicht gegen sie kämpfen musste. Wenn man den ersten Start gesehen hatte, dann sind sie einfach weggezogen und ich hatte keine Chance. Ich denke, dass wenn Ralf beim Start von Rang zwei losgefahren wäre, dann hätte er mich in der ersten Kurve geschnappt. Aber das werden wir nie herausfinden und ich hatte ab diesem Moment ein problemloses Rennen und ich bin logischerweise erleichtert."

Titel-Bild zur News: Michael Schumacher

Schumi: "Bei Zigarre und Bier denke ich im Sofa an den Rekord..."

Frage: "Wie leicht war es, die Konzentration zu behalten?"
Schumacher: "Ich bin bis zum zweiten Stopp voll gefahren und habe dann etwas zurückgesteckt. Ich dachte, dass ich einen extra Vorsprung für einen zusätzlichen Boxenstopp herausfahren sollte, da ich schneller als Giancarlo war und David nicht vorbeikam, konnte ich eine solche große Führung aufbauen. Ich habe einmal meine Konzentration verloren, als ich in Kurve 15 zu weit nach außen getragen wurde, ich spielte einfach mit zu vielen Knöpfen gleichzeitig herum und ich wäre beinahe in die Leitplanken gekracht. Da hat nicht viel gefehlt. Wenn man am Limit fährt, kann so etwas passieren."

Frage: "David, hättest du jemals vorhersagen können, dass du so viel Zeit des Rennens in den Heckflügel eines Benettons schauen würdest?"
Coulthard: "Nein, nein. Giancarlo fuhr ein tolles Rennen, offensichtlich lief sein Auto besser als bisher in dieser Saison und er war in allen Stellen schnell: aus der La Source und der Stavelot heraus, aus diesem Grund war es sehr schwierig, dicht an ihn heranzufahren und ich wusste, dass meine Chance beim Boxenstopp kommen würde und ich denke, dass ich die Chance verlor, als ich in der Blanchimont auf einen der Minardi auflief und ich sagte zum Team über Funk 'Ich denke, dass es eng werden wird'. Und dann lag er vor mir auf die Strecke und kam dank einem zu Überrundenden in der La Source aus dem Rhythmus und ich konnte ihm in der Eau Rouge näher kommen und ihn dann ausbremsen. Das Wochenende im Rückblick bin ich natürlich über den zweiten Platz zufrieden und hoffe, dass es Luciano zu 100 Prozent gut geht und er im nächsten Rennen wieder fahren kann und dann können wir alle über dieses Wochenende ein wenig positiv denken."

Frage: "Wenn man sich dein Auto anschaut, dann war es komplett mit Öl bedeckt. Von wem war das Öl?"
Coulthard: "Ich habe zu Giancarlo gesagt, dass ich noch nie hinter einem so versauten Auto gefahren bin. Ich musste mein Visier fast auf jeder einzelnen Geraden sauber wischen und ich hatte bald keine Abreißvisiere mehr. Er hat es über die Ziellinie geschafft und er hat wohl das ganze Öl versprüht, dadurch wurde er natürlich eine Menge schneller, aber vielleicht war er da ganz schön an das Limit gekommen?"

Frage: "Giancarlo, kannst du uns sagen, was dein Auto so schnell gemacht hat?"
Fisichella: "Wir hatten hier das neue Aerodynamikpaket und das Auto war deutlich konkurrenzfähiger, leichter zu fahren und es war einfacher, ein gutes Setup zu finden und wir hatten mehr Grip. Sogar während dem Rennen hatten wir eine sehr gute Balance, besonders nach ein paar Runden, da ich zu Beginn eine Menge Untersteuern hatte, aber dann war die Balance gut. Wir haben im Vergleich zu den anderen nur ein paar km/h auf der Geraden verloren, aber vielleicht gibt es in Monza einen weiteren Schritt und wir sind im Hinblick auf das nächste Rennen sehr optimistisch."

Frage: "Du hattest bei deinem zweiten Stopp eine sehr ungewöhnliche Reifentaktik. Du hast nur die Hinterräder deines Autos gewechselt, kannst du erklären warum?"
Fisichella: "Ja, das war meine Entscheidung. Es gab ein Problem mit neuen Reifen zu Beginn, sie zeigten Graining und es war besser, bei den gleichen Reifen zu bleiben. Ich war am Ende des Rennens vorne mit den gleichen Reifen unterwegs, hinten mit neuen. Es war die richtige Wahl. Wir haben sehr gut gearbeitet. Ich hatte zwei extrem gute Starts, besonders der zweite von der sechsten Position auf Rang zwei und ich bin glücklich. Es ist ein großartiger Tag und ich möchte dem ganzen Team danken."

Frage: "Michael, das nächste Rennen ist in Italien, es wird wohl eine große Party in Monza geben?"
Schumacher: "Ja, das kann man sich ausmahlen. Auf der anderen Seite wollen wir doch weiterhin gut sein und vielleicht wird es dort für uns ein wenig schwieriger, wenn man sich die Charakteristik dieser Strecke anschaut. Von Hockenheim wissen wir, dass Williams dort sehr konkurrenzfähig ist, wir müssen also sehr hart arbeiten und schauen, was wir gegen dieses starke Paket, was sie haben, machen können. Wir werden es mit Sicherheit probieren, so wie wir es hier probiert haben aber wir sollten sowieso einen guten Grund haben, dort unten zu feiern."

Frage: "Du warst jetzt auch hier wieder schneller als die anderen. Warum?"
Schumacher: "Ja, um ehrlich zu sein. Ich denke nicht, dass der Benetton normalerweise ein Auto ist, das vorne mit fährt, es war also eine ein wenig ungewöhnliche Situation, auch wenn sie ganz klar einen guten Speed gezeigt haben. Aber ich denke, dass David hätte schneller fahren können. Als er erst einmal vorbei war, konnte er das auch, ich hatte also einen Extra-Bonus, durch den ich auf und davon fahren konnte."

Frage: "Sogar nach dem ersten Start bist du Ralf weggezogen?"
Schumacher: "Ich weiß nicht, ob er auf einem Stopp war, während ich auf zwei war, aber wenn er auf zwei war, dann waren wir klar sehr schnell. Wir haben das schon heute Morgen im Warm Up angedeutet, dass unser Paket sehr konkurrenzfähig ist. Ich weiß nicht warum, aber ich bin in das T-Car gewechselt, da ich mich dort viel wohler gefühlt hatte und das lief wirklich perfekt. Ich wechselte in das Einsatzauto und konnte dort nicht die gleiche Leistung zeigen, warum auch immer. Weißt du, wenn alles passt, dann kann man solche Leistungen wie heute zeigen und heute passte einfach alles. Ich hatte Glück, dass ich einen solchen Start hatte und Fisico zwischen mir und den anderen für den späteren Teil des Rennens hatte."

Frage: "War der einzige Schreckmoment jener in der Stavelot?"
Schumacher: "Ja, das war der einzige Moment. Ich bin ganz offensichtlich zu weit nach außen gerutscht, da ich den Scheitelpunkt ein wenig verpasste. Ich erwartete kein Problem, aber als ich auf dem Randstein aufsaß, da verlor ich für einen Moment die Lenkung und machte mir ein wenig Sorgen, in die Mauer zu krachen, aber zum Glück kam ich aus dieser misslichen Lage wieder raus."

Frage: "Entschädigt das für die Niederlage gegen England letzte Nacht im Fußball?"
Schumacher: "Um ehrlich zu sein haben wir das gestern schon gesagt, weil Ross' Frau angerufen hat und sagte 'hört mal her, heute Nacht ist es England, morgen Deutschland'. So sollte es laufen und so kam es dann auch. Ich bin darüber sehr glücklich, ein wenig traurig über das, was gestern passierte aber ich denke, dass es 26 Jahre her ist, dass England Deutschland in Deutschland geschlagen hat, damit kann man leben."

Frage: "Wurde dir in der Startaufstellung über Luciano Bericht erstattet?"
Schumacher: "Ja, ich wurde von Jean über die Situation informiert, wir wussten also zu diesem Zeitpunkt, dass er bei Bewusstsein ist und dass es nicht zu schlecht aussieht. Klar waren wir nicht voll im Bilde und wir wussten nur, dass er in Ordnung ist, ein paar Prellungen hat und sich nicht sehr gut fühlt, den Umständen aber gut in Form ist."

Frage: "Die Tatsache, dass ein Autos in den Reifen abtauchen kann - werdet ihr das untersuchen?"
Schumacher: "Weißt du, bei solchen Geschwindigkeit passiert das automatisch. Man hat diese Reifen als eine Knautschzone. Ich weiß nicht, ob die Reifen Luciano Schwierigkeiten bereitet haben abgesehen von der Tatsache, dass es vielleicht etwas länger gedauert hat, ihn zu bergen. Aber das ist etwas, das wir analysieren müssen. Ich denke, dass die Fahrer, die FIA und jeder gut gearbeitet hat, denn man muss daran denken, dass wir vor ein oder zwei Jahren blanke Leitplanke dort hatten und wenn das immer noch der Fall gewesen wäre, dann hätten wir einen riesen Crash gehabt. Auf der anderen Seite lernt man, dass man sich immer noch verbessern muss. So wie es passiert ist, ist es ein wenig ungewöhnlich, aber man wird leider nie die totale Sicherheit haben."

Frage: "David, von neun auf zwei, du musst ziemlich glücklich sein?"
Coulthard: "Ich bin ganz glücklich über das Ergebnis, aber es sieht nicht so gut aus, wie es ist, denn eine Menge Autos sind ausgefallen. Ich denke, drei Autos sind schon vor dem Start ausgefallen, aber ich hatte auch so eine Menge Spaß. Spa ist eine Strecke, auf der man überholen kann, wenn man ein schlechtes Qualifying hatte, weil wenn einer durch die Eau Rouge ein wenig vom Gas geht, gibt das einem Schwung und so habe ich Jenson und Giancarlo überholt - auch wenn sie beide ziemlich flott unterwegs waren. Sie müssen seit Beginn der Saison einen ganz schönen Schritt nach vorne gemacht haben, das ist eine Schande! Der zweite Platz ist unter diesen Bedingungen wirklich das beste, was ich erreichen konnte. Ich bin also zufrieden, bedenkt man, wie mein Wochenende begonnen hat, das Qualifying lief und die Jungs haben mir erneut ein zuverlässiges Auto an die Hand gegeben."

Frage: "Was ist mit dem ganzen Öl - war das das ganze Rennen über?"
Coulthard: "Das kam aus dem Heck vom Renault, ich habe noch nie so viel Öl auf meinem Auto gesehen seit dem ich in Le Mans gefahren bin und das war ein 24-Stunden-Rennen! Es war einfach unglaublich, sie müssen einen große Öltank haben. Du bekommst Öl auf dein Visier, du musst es abwischen und das kann einen ganz schön irritieren, aber das ist Teil des Rennsports. Ich hatte einen neuen Helm, der ist jetzt hin!"

Frage: "Giancarlo, wo hast du plötzlich den ganzen Speed hergeholt?"
Fisichella: "Wir haben so viel Power wie immer, aber wir hatten unser neues Aerodynamik-Paket, welches viel besser ist, das Auto ist einfacher zu fahren, man hat mehr Grip und kann ein gutes Setup finden. Schon am Freitag fanden wir die Einstellungen, um konkurrenzfähig zu sein und dann entschieden wir uns, das Rennen mit dem selben Reifensatz für vorne durchzufahren. Das war die richtige Wahl. Immer ein paar Runden nach dem Stopp war die Lenkung schwergängig, aber dann wurde es besser."

Frage: "Wie kam David an dir vorbei?"
Fisichella: "Bernoldi war vor uns und ich verlor ein wenig Abtrieb und David überholte mich fast in der Haarnadelkurve - es war sehr eng, aber dann packte er mich auf der Geraden. Ich hatte keine Chance, meinen zweiten Platz zu verteidigen, aber Dritter ist für heute großartig."

Frage: "Er konnte dich aber für zehn Runden nicht überholen..."
Fisichella: "Es war sehr aufregend, im Rennen auf zweiter Position zu fahren. Auch das Team war happy und ich hörte oft über Funk 'mach Druck, Druck, sei nicht faul!'. Ich machte also Druck, gab mein Bestes und auch David machte Druck, aus diesem Grund war es nicht einfach."
Schumacher: "Das ist Flavio, wie er leibt und lebt!"

Frage: "Michael, was ging dir durch den kopf, also du Ralf auf der Startaufstellung mit den Rädern in der Luft gesehen hast?"
Schumacher: "Ich habe mich natürlich für ihn enttäuscht gefühlt, das war mein erstes Gefühl. Ich hatte das zuerst gar nicht bemerkt, erst als wir die Startaufstellung verließen sah ich im Rückspiegel, dass er aufgebockt war und dachte 'was stimmt da nicht?' und erkundigte mich über Funk, aber es war schon zu spät für ihn."

Frage: "Habt ihr beide euch vor dem Rennen über die Strategie ausgetauscht?"
Schumacher: "In der Vergangenheit, als er weiter hinten stand und ich vorne war, haben wir uns vielleicht ein wenig mehr ausgetauscht, aber im Moment mit dem Wettbewerb, in dem wir stehen, reden wir nicht über diese Dinge. Weder ich noch er möchte mir die Taktik verraten. Wir verlieren also nicht einmal die Zeit, uns darüber zu unterhalten. Wir reden über eine Menge anderer Dinge."

Frage: "Giancarlo, hast du einen manuellen Start gewählt?"
Fisichella: "Nein, Launch control, die verwenden wir schon seit vielen Rennen, seit Silverstone glaube ich."

Frage: "Giancarlo, wirst du das Benetton-Team im nächsten Jahr vermissen?"
Fisichella: "Nach vier Jahren fällt es nicht leicht zu gehen, ich mag die Jungs sehr, die Ingenieure und ich bin ein wenig enttäuscht. Besonders weil das Benetton-Team beginnt, schnell zu werden. Aber das Problem war der Einjahresvertrag und bei Jordan bekomme ich drei Jahre, ich musste also über meine Zukunft nachdenken. Ich hoffe, dass es die richtige Wahl war, wir werden es nächstes Jahr sehen."

Frage: "Michael bedeutet dir der 52. Sieg etwas besonderes, da dich ja Statistiken nicht so besonders interessieren?"
Schumacher: "Es hat nicht erste Priorität, aber es bedeutet mir etwas, die Nummer 1 zu halten. Ich bin darüber sehr erleichtert, aber ich werde darüber noch erleichterter sein, wenn ich eines Tages zurückgetreten im Sofa sitzen werde und dann halte ich eine Zigarre und ein Bier in der Hand und denke darüber nach."