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Silberner Fake-Boxenstopp: Cleveres Spiel oder Regelverstoß?

Mercedes wollte Williams mit einem Fake-Boxenstopp überlisten, doch ist dies nur ein unterhaltsames Psychospielchen oder nicht eigentlich sogar verboten?

(Motorsport-Total.com) - "Ihr denkt, ihr könnt uns reinlegen, oder was?", fragte Susie Wolff ihren Ehemann Toto während des gestrigen Grand Prix von Silverstone per SMS und schickte ein süffisantes "ha, ha, ha" hinterher. Denn der Trick von Mercedes, die Williams-Jungs mit einem angetäuschten Boxenstopp zum frühzeitigen Service zu bewegen, schlug fehl. Und Williams-Testfahrerin Susie Wolff konnte sich zu diesem Zeitpunkt weiter freuen, dass ihre Jungs weiter in Front lagen.

Titel-Bild zur News: Lewis Hamilton

Bevor Lewis Hamilton abgefertigt wurde, täuschte Mercedes einen Stopp vor Zoom

"Es war ein Spiel, das nicht funktioniert hat", muss Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff im Nachhinein eingestehen. In Runde 14 schickte sein Team die Mechaniker zum Boxenstopp heraus, um so vorzugeben, dass man Lewis Hamilton oder Nico Rosberg zum Reifenwechsel beordern würde. Damit wollte man die in Führung liegenden Williams zum Stopp zwingen, damit ihnen am Ende die Reifen ausgehen - vergebens. "Zumindest war es ein wenig Unterhaltung", lacht Toto Wolff.

Doch war es tatsächlich nur Unterhaltung oder war es sogar ein Verstoß gegen die Regeln? "Ich denke, dass es gegen die Regeln ist, wenn man keinen richtigen Stopp vorhat", betont Williams' Technikchef Pat Symonds. Denn die Formel 1 ist spätestens seit dem Vorfall mit Mark Webber am Nürburgring 2013 im Sicherheitswahn. Damals wurde ein Kameramann in der Boxengasse von einem umherfliegenden Rad getroffen und verletzt.

Seitdem dürfen sich Personen nur unter strengen Auflagen in der Boxengasse bewegen. Tatsächlich ist im Sportlichen Reglement der FIA ein solcher Passus verankert. Artikel 23.11 besagt: "Das Teampersonal darf sich in der Boxengasse nur unmittelbar vor der Arbeit am Auto aufhalten und muss sofort nach Beendigung der Arbeit wieder zurückgezogen werden." Mercedes beorderte jedoch seine Mechaniker in die Boxengasse, ohne dass sie dort wirklich etwas vorhatten.

"Ihnen ist es nicht systematisch erlaubt, weiter anzutäuschen und die anderen unter Zugzwang zu bringen", erkennt auch Ex-Pilot David Coulthard bei der 'BBC'. Steht Mercedes also eine Strafe bevor? In der Vergangenheit waren solche Taktikspielereien in der Formel 1 Usus, und auch jetzt dürfte sich die Angelegenheit in der rechtlichen Grauzone bewegen, schließlich kann sich ein Fahrer immer noch kurz vor der Boxeneinfahrt umentscheiden und seine Crew damit unnötig aus der Garage geholt haben.

Die Kommentare von Toto Wolff belegen allerdings, dass Mercedes den Taktikkniff mit Absicht gemacht hat. Daran gestört hat sich allerdings auch Williams nicht: "Wir sind nicht darauf hereingefallen. Man muss einfach versuchen, sie zu überlisten", tut Pat Symonds die Sache ab. Allerdings dürfte nicht ausgeschlossen sein, dass die FIA in Zukunft ein Auge darauf haben wird, wenn ein Team wieder unnötig Personal in der Boxengasse parkt - auch wenn Toto Wolff den Unterhaltungswert betont.