Williams und die Stallregie: Wäre Bottas schneller gewesen?

Das Williams-Team sorgte für eine spannende Startphase im Grand Prix von Großbritannien, verstrickte sich aber in interne Stallregie-Diskussionen

(Motorsport-Total.com) - Nach einer sensationellen Startphase der beiden Williams-Piloten Felipe Massa und Valtteri Bottas im Grand Prix von Großbritannien war man sich im Team von Frank Williams nicht sicher, ob eine Stallorder helfen würde, die Mercedes hinter sich zu halten. Bottas wurde zuerst via Teamradio gesagt, dass er seinen Teamkollegen nicht überholen sollte. Nachdem er aber den Anschein machte, schneller fahren zu können, gab man dem Finnen das Freizeichen. Allerdings konnte er daraufhin nicht an Massa vorbeigehen.

Titel-Bild zur News: Felipe Massa, Valtteri Bottas

Mehrere Runden lang versuchte Valtteri Bottas an Felipe Massa vorbeizugehen Zoom

Nun wurde nach dem Rennen auf dem Silverstone-Circuit spekuliert, ob Williams dadurch eine Podiums- oder womöglich sogar Sieg-Chance vergab, indem man Bottas zuerst nicht überholen ließ beziehungsweise keine Stallorder aussprach.

Auf 'Sky Sports F1' meinte der 25-Jährige: "Es ist im Nachhinein schwierig zu sagen, was möglich gewesen wäre. Ich war zu Beginn schneller und hatte ein oder zwei gute Chancen, an ihm vorbeizukommen. Aber ich sollte ihn nicht angreifen. Natürlich ist es für mich enttäuschend. Ich bin aber sicher, dass dahinter gewisse Überlegungen standen", zeigt sich Bottas zerknirscht aber einsichtig.

Bottas: Hätte einen Abstand herausfahren können

Der Finne ist sich aber sicher, dass man die Situation besser hätte lösen können. "Wenn man schneller ist als das Auto in Front, aber man nicht vorbeifahren darf, dann ist es schwierig. Wir werden das besprechen", führt er fort. Er bekräftigt mit Nachdruck, dass er einen Abstand herausfahren hätte können, hätte er Massa früher überholen dürfen. "Ich denke, dass ich eine halbe Sekunde pro Runde herausfahren hätte können, weil ich auf der Runde in die Box fast eine Sekunde schneller war."

"Niemand sollte jemanden vorbeilassen. Das ist kein Racing, aber ich wäre gerne gegen ihn gefahren, als ich die besten Chancen dazu hatte", stellt der Williams-Pilot klar, dass er kein Fan von Stallregie ist. Das Team wollte keine Zeit in Zweikämpfen verlieren, sondern mit beiden Autos von Mercedes wegziehen. "Das war eine enttäuschende Situation für mich, aber das lässt sich nachher leicht sagen." Sein Fazit: "Vielleicht hätten wir manche Dinge im Rennen besser machen können."

Felipe Massa musste in der Vergangenheit schon so manch einen Teamkollegen auf Anweisung des Teams vorbeiziehen lassen. Unvergessen ist der Funkspruch von Rob Smedley an seinen damals noch im Ferrari-Cockpit sitzenden Kumpel. Massa sollte Fernando Alonso im Deutschland-Grand-Prix 2010 vorbeilassen. "Fernando is faster than you", wurde dem Brasilianer damals gefunkt. 2014 wiederholte sich diese Meldung, allerdings mit dem Vornamen von Massas aktuellen Teamkollegen Valtteri Bottas. Trotz keinerlei Anweisungen des Teams im Rennen am Sonntag konnte der Brasilianer den Spitzenplatz nicht halten und wurde am Ende Vierter.


Großer Preis von Großbritannien

Smedley: Piloten sollten sich nicht gegenseitig aufhalten

Die Sichtweise des 34-Jährigen erweist sich als diametral entgegengesetzt zu jener von Bottas. Auf die Frage, ob er seinen Teamkollegen vorbeigelassen hätte, meint Massa bei 'Sky Sports F1': "Nein, weil ich mit den harten Reifen schneller war. Das wäre nicht das Richtige gewesen. Er hatte auch das DRS, was es ihm erleichtert hat, mir zu folgen auf den Geraden."

Williams-Chefingenieur Smedley verweist darauf, dass man kein Risiko eingehen wollte: "Dass durch einen internen Zweikampf die Mercedes wieder heran- oder sogar vorbeikommen. Wir haben Valtteri gesagt, dass er gern überholen darf, wenn es schnell und sauber abläuft", so der Brite bei 'Sky Sports F1'. "Wenn es aber ein Manöver wird, dass unsere beiden Autos kurz einbremst und Mercedes Chancen eröffnet, ist es doch Unsinn. So haben wir es gesagt."

"Das wäre nicht das Richtige gewesen." Felipe Massa über Teamorder

Die beiden Piloten sollten sich nicht gegenseitig aufhalten - dies sei "normal und richtig". Smedley ist sich sicher: "So muss man es doch machen. Auf diesem Weg haben wir uns gegen die schnelleren Autos abzusichern versucht, um eine Chance auf den Sieg zu bekommen."

"Wir haben Valtteri gesagt, dass er gern überholen darf, wenn es schnell und sauber abläuft." Rob Smedley

Experte Marc Surer meint gegenüber 'Sky': "Wenn man zwei Autos in Führung hat, muss man doch ganz klar sagen, jetzt sollte man die Aufgaben teilen - einer früher rein, einer später rein - damit einer die Chance hat, die frischen Reifen zu nutzen." Er kritisiert, dass Hamilton die Situation dank der Williams-Uneinigkeit ausnutzen konnte.