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  • 24.09.2019 13:33

  • von M. Reyer, Co-Autoren: A. Cooper, J. Noble, S. Mitchell

Schwarz-weiße Flagge: "Wir wissen, was erlaubt ist und was nicht"

Formel-1-Teams und -Fahrer befürworten die Wiederbelebung der schwarz-weißen Flagge - Leclerc-Manöver in Monza ein Präzedenzfall

(Motorsport-Total.com) - Die Wiederbelebung der schwarz-weißen Flagge und das aggressive Fahrverhalten von Charles Leclerc gegen Lewis Hamilton in Italien haben für viel Gesprächsstoff in den vergangenen Wochen gesorgt. Die Fahrer begrüßen die neue Vorgehensweise der FIA-Rennleitung. Michael Masi lobt die Zusammenarbeit.

Titel-Bild zur News: Romain Grosjean, Nico Hülkenberg

Hartes Racing auch in Singapur Zoom

"Wir wissen, was wir tun dürfen und wofür wir die Flagge bekommen. Ich bin nicht dagegen. Es ist gut, dass klar geregelt wird, was erlaubt ist und was nicht", spricht sich Red-Bull-Pilot Max Verstappen für die neue Regelinterpretation aus.

Die schwarz-weiße Flagge wurde nach neun Jahren entstaubt und beim Grand Prix von Belgien zum ersten Mal seit dem Malaysia-Grand-Prix 2010 wieder gezeigt. Es ist die "Gelbe Karte" in der Königsklasse, mit einer Verwarnung gleichzusetzen.

Vergleich mit Monza 2018: "Fahren jetzt härter"

Im Rennen in Monza kam die wiederentdeckte Flagge erneut zum Einsatz, als sich Leclerc gegen Rivalen Hamilton um die Führung hart verteidigte. "Mir gefällt hartes Racing. Wenn man Monza mit dem Vorjahr vergleicht, dann wurden die Regeln ganz sicher ein wenig verändert. Wir fahren jetzt härter, das ist gut so."

Wurde Leclerc für das Abdrängen von Hamilton in Italien nur die Flagge als Verwarnung gezeigt, wurde Verstappen 2018 noch für ein ähnliches Verhalten gegen Valtteri Bottas mit einer Fünf-Sekunden-Strafe bestraft. "Sie tun wirklich alles dafür, das Racing kaputtzumachen", wetterte der Red-Bull-Pilot damals.

Bereits seit dem Urteil in Österreich - Verstappen wurde für das Abdrängen von Leclerc in Kurve 3 nicht bestraft - geht die Rennleitung mit strittigen Manövern lockerer um, im Sinne des Mottos "let them race". Die Piloten werden diese Auslegung ausnutzen, glaubt der Niederländer.

Er selbst auch? "Jeder", antwortet der 21-Jährige. Schließlich bietet die schwarz-weiße Flagge nun mehr Spielraum. Statt sofort mit einer Strafe bedroht zu werden, wird den Fahrern zuerst die Gelbe Karte gezeigt. Erst bei einem weiteren heiklen Manöver wird härter eingegriffen.

"Ich denke, es ist sehr klar, was akzeptabel ist. Wir hatten eine Diskussion darüber im Fahrermeeting", verrät McLaren-Rookie Lando Norris. "Ich glaube, dass alle Fahrer genau wissen, was gemeint ist. Im Prinzip können wir ein bisschen härter gegeneinander fahren."

Dennoch sei auch klar, wofür weiterhin eine Strafe fällig ist. "Wir erhalten dadurch eine Warnung, dass wir sehr aggressiv fahren. Wiederholt man das, wird man womöglich bestraft." Auch Mercedes-Fahrer Valtteri Bottas ist mit dem Leclerc-Manöver klar geworden, was erlaubt ist und was nicht.

Leclerc-Manöver "das Limit": Masi erwirkt Konsens

"Sie haben klargestellt, dass Charles' Manöver in Monza am Limit war, dennoch wird bei einem ähnlichen Vergehen zuerst die Flagge gezeigt und nicht sofort gestraft. Das ist das Limit." Das sei jedoch schwierig, auf andere Situationen umzulegen, schließlich sei jede Kurve anders.

FIA-Rennleiter Michael Masi weiß um dieses Problem: "Ja, das stimmt. Das wurde auch hervorgebracht. Jede Strecke ist anders, jeder Zwischenfall ist anders, jeder Fahrer ist anders. Man muss jeden einzelnen an der Sachlage beurteilen."

Generell ist der Australier daran interessiert, die Grenzen gemeinsam mit den Fahrern und Teams festzulegen. "Ich habe festgelegt, wo für mich die Grenzen liegen und die Fahrer haben am Ende zugestimmt, dass wir gemeinsam weiter daran arbeiten werden, um diese Grenzen ihrer Ansicht nach zu bestimmen."

Das war der Konsens, den er mit den Fahrern getroffen hat. Von Wochenende zu Wochenende werde die Sachlage besser. "Ich habe aus meiner persönlichen Sicht gesagt, ich will mit ihnen zusammenarbeiten, inklusive aller Teams, um gemeinsam einen Standpunkt zu vertreten." Das versteht Masi unter größtmöglicher Transparenz.

Bis Saisonende werde daher feststehen, wo die Grenzen liegen und wo sich Grauzonen verbergen. Die schwarz-weiße Flagge sei ein erster guter Schritt gewesen. Der Rennleiter freut sich, dass alle Fahrer und Teams für die Wiederbelebung sind. "Es ist einfach eine andere, öffentliche Art und Weise, zu verwarnen. Früher wurde das eins zu eins via Boxenfunk mit dem Team geklärt, jetzt weiß es jeder."

Masi erklärt, dass für ihn am wichtigsten sei, ein Gesamtbild davon zu erhalten, was welche Partei will. "Ich bin nicht dafür zu sagen: 'Das ist jetzt so, wie es ist!' Das ist mein erstes Jahr. Es geht darum, mit allen daran zu arbeiten." Dass so viel über die Flagge diskutiert wurde, hat er nicht erwartet: "Es ist keine neue Erfindung. Es scheint, dass die Initiative von allen befürwortet wird."