• 18.06.2002 10:36

Schumi und die VW-Polo-Fahrt auf dem Nürburgring

Der Nürburgring-Geschäftsführer über die Ferrari-Stallorder, das Jubiläum, die Neuerungen und die Auswirkungen der Fußball-WM

(Motorsport-Total.com/dpa) - Ein stolzes Jubiläum, neuer Glanz - und der Rubel rollt. Der legendäre Nürburgring präsentiert sich zum 75. Geburtstag in jugendlicher Frische und beschert der Eifel-Region trotz Fußball-WM einen Boom wie nie zuvor. Die Rekordmarke von über 350.000 Zuschauern wird an diesem Formel-1-Wochenende am Ring erwartet, die weltberühmte Strecke bringt der Umgebung geschätzte 200 Millionen Euro an Umsatz im Jahr, sagte Walter Kafitz, Geschäftsführer der Nürburgring GmbH, vor dem Großen Preis von Europa in einem 'dpa'-Gespräch. Allein die Formel 1 beschert den Geschäftsleuten in der Eifel den Angaben zufolge rund 15 Millionen Euro Gewinn. Denn immer mehr Fans strömen hin - "Schumi" sei Dank. "Die Leute wollen ihre Helden sehen. Und der größte aller Helden ist Michael Schumacher. Immer noch", so Kafitz.

Titel-Bild zur News: Schumacher und Barrichello

Diese Szene fand Kafitz alles andere als gut

Der so Verehrte freut sich auf sein Heimrennen, nur unweit von Kerpen entfernt. "Ich kann mich noch gut an das erste Mal erinnern, als ich auf dem Nürburgring fuhr. Es war in einem VW Polo vor einer Formel-3-Testfahrt", blickte Michael Schumacher zurück. Aber er schaut auch gerne nach vorn: "Am meisten freue ich mich auf die Gefühle, die am Sonntag bei der Formationsrunde hoch kommen werden."

Die Historie des Nürburgrings ist jedoch untrennbar mit der Konkurrenz verbunden. Vor 75 Jahren fand das erste Autorennen auf der Eifel-Rennstrecke statt - Sieger am 19. Juni 1927 war Rudolf Caracciola im Mercedes. Zur Feier des Tages fahren die aktuellen Silberpfeil-Piloten David Coulthard und Kimi Räikkönen am Mittwoch eine Runde im Caracciola-Auto. Die neue "Mercedes-Arena" wird vorgestellt, eine Statue des fünfmaligen Weltmeisters Juan Manuel Fangio enthüllt. "Mercedes und der Nürburgring, das ist eine echte Liebesbeziehung", so Mercedes-Motorsportchef Norbert Haug.

Die Formel 1 ist eine Goldgrube für die Nürburgring-Umgebung. 90 Prozent der Besucher kommen von auswärts und bescheren den Hoteliers gute Geschäfte. Aber auch im restlichen Jahr strömen die Touristen an den Ring, zahlreiche andere Veranstaltungen locken, Freizeit-Angebote gibt es permanent. Der Vertrag mit der Formel 1 läuft vorerst bis 2004. Kafitz: "Aber auch dann werden wir in der Pole Position sein."

Die 7,5 Millionen Euro teure "Mercedes-Arena" erhöht die Zuschauer-Kapazität in diesem Jahr um 8.000 auf 150.000 und verlängert den Kurs um 588 m auf 5,144 km. "Die Arena ist eine zusätzliche Attraktion für das Wichtigste, das wir haben, unsere Zuschauer", so Kafitz. In den vergangenen acht Jahren waren insgesamt rund 50 Millionen Euro in neue Boxen-Anlagen, Start- und Zielturm sowie Pressezentrum investiert worden.

Die Fußball-WM hat den Nürburgring-Veranstaltern keine Einbußen gebracht, versicherte der Geschäftsführer. Erstmals wurden die Karten bereits vor dem letztjährigen Grand Prix für das diesjährige Rennen bestellt. Die alte Kapazität wäre seit langem ausverkauft. Durch die neuen Tribünen waren einige Karten noch in der Renn-Woche zu haben.

Härter trafen die Veranstalter die heftigen Reaktionen der Fans nach der Ferrari-Stallorder von Spielberg. Auch sie spürten den Unmut der Motorsport-Interessierten. Kafitz schrieb an Formel-1-Chef Bernie Ecclestone. "Das ist eine Veräppelung der Zuschauer. Ich hoffe, dass so etwas nicht mehr vorkommt", wertete der Geschäftsführer das Ferrari-Vorgehen. Nun habe sich der Ärger "Gott sei Dank" gelegt.

Aber: "Die Zuschauer sind als Konsumenten eine Macht." Dass Michael Schumacher in der WM mit 43 Punkten Vorsprung führt, tut dem Interesse offenbar keinen Abbruch. "Wir erleben hier die letzte Chance für Mercedes und BMW, noch in den WM-Kampf einzugreifen", formulierte Kafitz die sportliche Attraktion - froh, dass der erste von zwei deutschen Grand Prix so früh in der Saison terminiert ist.