powered by Motorsport.com
  • 18.08.2003 15:05

"Schumi II" kämpft um seine letzte WM-Chance

Unter höchster Geheimhaltung hat das Williams-Team seine Verteidigungsstrategie vorbereitet - "War ein normaler Rennunfall"

(Motorsport-Total.com/sid) - "Schumi II" vor Gericht: Ralf Schumacher kämpft am Place de la Concorde in Paris um seine letzte WM-Chance.

Titel-Bild zur News: Ralf Schumacher

Steht morgen vor Gericht: Ralf Schumacher

Unter höchster Geheimhaltung hat sein Rennstall BMW-Williams den Einspruch vor dem Schiedsgericht des Automobil-Weltverbandes FIA gegen Strafe nach dem Unfallchaos von Hockenheim vorbereitet. Wenn der 27-Jährige beim Großen Preis von Ungarn am Sonntag (24. August) tatsächlich zehn Startpositionen nach hinten rücken muss, wären die letzten Titelträume dahin und eine Teamorder zugunsten seines Kollegen Juan Montoya (Kolumbien) möglich.

"Ralf wird nach Paris einfliegen. Wer zum Williams-Team gehört, können wir nicht vorher verkünden. Auf jeden Fall werden wir juristisch vertreten", sagte Liam Clogger im Vorfeld der am Dienstag beginnenden Verhandlung dem Sport-Informations-Dienst. Der Williams-Pressesprecher wollte weder über die Verteidigungsstrategie noch über die von Experten als gering eingeschätzten Erfolgschancen des mit 2000 Dollar bezahlten Einspruchs gegen die "Steward-Entscheidung Nr. 41" spekulieren: "Bei einem echten Gerichtsverfahren würde man vorher auch nichts sagen."

Fest steht, dass im FIA-Sitzungssaal eine Aufregung wie bei einem großen Prozess herrschen wird. Erstmals bei einem Verfahren des "Court of Appeal" wird n-tv in einer Livesendung ab 10.00 Uhr Fernesbilder übertragen, obwohl das Urteil erst am Mittwoch verkündet werden soll. Und Ralf Schumacher, der sich in den letzten Tagen in mediterranen Gefilden vom Stress der letzten Wochen erholte, will nach den Pleiten der letzten Wochen in Paris wenigstens einen Erfolg am grünen Tisch feiern. "Ich habe mir die Zeitlupe immer und immer wieder angeschaut. Das war ein normaler Rennunfall", sagt er.

BMW-Motordirektor Mario Theissen unterstützt diese Meinung, wenn auch mit Abstrichen. "Ich halte es für sinnvoll, den Fall gründlich zu durchleuchten", sagt Theissen. Ralf Schumacher war nach dem Start beim Großen Preis von Deutschland stark nach links gezogen, dadurch kam es zu einer Dreier-Kollision mit Ferrari-Pilot Rubens Barrichello (Brasilien) und Kimi Räikkönen (Finnland) im McLaren-Mercedes. Für das Trio war das Rennen danach beendet. "Ralf Schumacher gestand ein, bei diesem Manöver nicht auf die Position der anderen Autos geachtet zu haben", teilte die FIA nach der ersten Anhörung mit und verdonnerte den Kerpener zur Zehn-Positionen-Strafe.

Von diesem Eingeständnis will Ralf Schumacher nichts mehr wissen. "Für mich gabs ja nur einen Gegner, und das war Barrichello. Ihm gegenüber habe ich auf meine Position geachtet. Raikkönen konnte ich ja gar nicht sehen", sagt Schumi II: "Weder habe ich das absichtlich gemacht, noch habe ich mehr Risko genommen als sonst. Ich brauche für Budapest keine Strafe, ich bin eh schon bestraft genug." Schließlich ist der WM-Rückstand auf seinen führenden Bruder Michael vier Rennen vor Schluss auf 18 Punkte (53:71) angewachsen.

Vielleicht noch schlimmer: Teamkollege Montoya ist um 12 Punkte enteilt und zum schärfsten Rivalen von Ralfs Bruder Michael im Ferrari avanciert, der seinen sechsten Titel anpeilt.Längst wird im WM-Endkampf über eine Williams-Teamorder zugunsten von Montoya spekuliert, die Ralf Schumacher nur mit Zähneknirschen akzeptieren würde. "Ich bin Angestellter von Williams und fahre zum Wohle des Teams, selbst wenn ich lieber einen Schumacher als Weltmeister hätte", erklärt er.

Patrick Head, Technischer Direktor von Williams, erklärte, dass man diese Maßnahme dann ergreife, wenn einer der beiden Fahrer rechnerisch keine Titelchance mehr habe. "Unsere Abmachung mit beiden Fahrern ist klar und wird auch von ihnen akzeptiert", sagte Head. Die FIA-Verhandlung ist somit die letzte Chance für Ralf Schumacher, einem möglichen Bremsbefehl zu entgehen. Zehn Startpositionen Abzug bedeuten in Ungarn sehr viel - Überholen ist auf dem Kurs nahezu unmöglich.