Schumacher: "Ich bin hier noch nicht fertig"

Weil ihm sportlicher Erfolg viel wichtiger ist als Geld, will Ralf Schumacher in der Formel 1 nicht aufgeben, sondern noch einmal alles probieren

(Motorsport-Total.com/Premiere) - Sechs Grand-Prix-Siege, sechs Pole Positions, acht schnellste Rennrunden, 326 Punkte, in den letzten acht Jahren sechsmal unter den Top 6 der Fahrer-WM, 2001 und 2002 sogar als Vierter, 15. der ewigen Punktewertung der Formel 1, vor Größen wie Juan Manuel Fangio, Emerson Fittipaldi oder Graham Hill - für seine nackten Zahlen muss sich Ralf Schumacher nicht verstecken.

Titel-Bild zur News: Ralf Schumacher

Ralf Schumacher hat mit der Formel 1 noch nicht abgeschlossen

Dennoch befindet er sich derzeit in der vielleicht schwierigsten Phase seiner Karriere, denn mit zwei WM-Zählern aus sechs Rennen konnte er bisher bei weitem nicht an die vor Saisonbeginn aufgestellte Prognose heranreichen, 2007 seinen ersten Grand Prix für Toyota zu gewinnen. Freilich liegt dies in erster Linie an der mangelnden Konkurrenzfähigkeit des TF107, doch auch gegen seinen Teamkollegen Jarno Trulli sah er oft schlecht aus, so dass die Medien heftige Kritik an ihm üben.#w1#

Bilanz gegen Trulli: 0:6 und 2:4

"Es interessiert mich weniger, ob es 0:6 steht, und ich will auch gar keine Erklärungen dafür finden." Ralf Schumacher

Und das nicht ganz zu Unrecht: Im Qualifyingduell liegt Schumacher mit 0:6 hinten, an Punkten steht es 2:4, bei vier gemeinsamen Zielankünften wurde er dreimal nach dem Italiener abgewunken. Aber: "Es interessiert mich weniger, ob es 0:6 steht, und ich will auch gar keine Erklärungen dafür finden. Es hat einfach dieses Jahr im Qualifying nicht so gut geklappt. Meistens hatte ich Verkehr oder andere Probleme. Aber darum geht es gar nicht", sagte der 31-Jährige in Montréal.

Momentan sei nämlich nicht das teaminterne Duell sein größtes Problem, sondern vielmehr die Gesamtleistung von Toyota: "Generell hinken wir unserer Performance hinterher und wir sammeln nicht genug Punkte. Teams, die am Anfang des Jahres hinter uns waren, haben uns überholt. Das sind ganz andere Dinge als Qualifyingresultate, mit denen ich mich jetzt auseinandersetzen muss", erklärte Schumacher.

Mitverantwortlich für sein bescheidenes Abschneiden ist unter anderem, dass der TF107 nicht ideal zu seinem Fahrstil passt, wohingegen Trulli mit dem weiß-roten Flitzer noch verhältnismäßig gut zurechtkommt. Das Argument, der Deutsche müsse sich eben den Gegebenheiten anpassen, kann nicht ganz vom Tisch gewischt werden - aber auch Toyota muss wohl etwas unternehmen, um ihm in nächster Zeit entgegenzukommen.

Starke Abhängigkeit vom Material

"Es ist hier keine GP2, wo alle das gleiche Material haben und man einfach zehn Meter später bremst und dann fährt man die Zeit." Ralf Schumacher

Die starke Materialabhängigkeit ist er jedenfalls leid: "Das ist der Nachteil der Formel 1: dass der Fahrer absolut abhängig vom Auto ist. Es ist hier keine GP2, wo alle das gleiche Material haben, man einfach zehn Meter später bremst und dann fährt man die Zeit. Das ist lange vorbei. Alles hängt von so vielen Faktoren ab. Das ist frustrierend, weil man manchmal als Fahrer nicht zeigen kann, wie schnell man ist", seufzte Schumacher.

Dennoch empfindet er die Saison 2007 "überhaupt nicht" als schwierigste seiner Karriere: "Es waren schwierige Situationen, schwierige Jahre dabei. Ich denke, mit dieser Kritik, die in den letzten Wochen auf mich reingeprallt ist, kann ich ganz gut leben. Manchmal ist das sogar hilfreich, manchmal auch subjektiv, dann interessiert sie mich weniger. Das ist halt eine Zeit, da muss man durch. Ich konzentriere mich auf das Wesentliche, nämlich mein Team nach vorne zu bringen. Alles andere ist mir egal."

Medienberichte kratzen nicht an seinem Ego

Adrian Sutil vor Ralf Schumacher

Bild mit Symbolcharakter: Schumacher in Monaco hinter einem Spyker Zoom

Dementsprechend wenig kümmert sich der Wahlösterreicher um die kritischen Medienberichte oder die ständigen Nörgeleien irgendwelcher Experten, die ihm schon das Ende seiner Formel-1-Karriere prophezeien. Das Handtuch zu werfen, kommt für ihn nämlich überhaupt nicht in Frage, weil er bei allen bereits erreichten Erfolgen noch eine große Rechnung mit der Königsklasse des Motorsports offen hat: den Gewinn der Weltmeisterschaft.

Und er fährt noch, "weil ich noch Spaß habe. Es ist ja zum Glück nicht so, dass ich noch fahren muss. Auch entgegen aller Meldungen fahre ich nicht des Geldes wegen, sondern ich möchte einfach weiterfahren, weil ich mit dem Thema noch nicht abgeschlossen habe. Meine Formel-1-Karriere war bisher eine sehr schöne Zeit, aber nicht von dem Erfolg gekrönt, den ich mir gewünscht habe. Deshalb bin ich hier noch nicht fertig - und ich werde auch nicht aufhören."

Immer noch im Schatten des Bruders

"Der größte Unterschied sind Ross Brawn, Rory Byrne und Jean Todt." Ralf Schumacher

Leicht wird es ihm von den Leuten im Fahrerlager manchmal nicht gemacht, was zum Teil daran liegen mag, dass er wohl immer im Schatten seines Bruders Michael stehen wird, der mit sieben WM-Titeln die Geschichtsbücher umgeschrieben hat. Viele halten "Schumi II" noch heute vor, dass er nur dank des großen Namens in die Formel 1 gekommen sei, dabei steht längst außer Frage, dass er seinen Weg wohl auch als Hans Meier gemacht hätte.

Doch im Gegensatz zu seinem Bruder, der zwischen 1996 und 2000 aus der Bruchbude Ferrari das beste Team der Formel 1 geformt hat, gelingt es dem jüngeren Schumacher nicht, aus Toyota ein Siegerteam zu machen. Dabei wären die Voraussetzungen so gut: 400 Millionen Euro Jahresetat stehen den in Köln stationierten Japanern zur Verfügung - mehr als jedem anderen Rennstall. Und kaum jemand hat technisch so gute Voraussetzungen, was die Fabrik angeht.

Aber: "Der größte Unterschied sind Ross Brawn, Rory Byrne und Jean Todt", erklärte Schumacher. "Die würden uns natürlich weiterhelfen, ganz klar. Das sind ganz große Namen, die viel Erfahrung haben und die damals auch aus Benetton-Zeiten wussten, wo man anfassen muss. Somit haben sie das Problem schnell in den Griff bekommen. Die Zeiten sind aber auch anders geworden. Damals waren es nur zwei Teams, die gegeneinander gekämpft haben. Die ganze Formel 1 hat sich verändert."

Was würde "Schumi I" bei Toyota bewegen?

"Michael war sicherlich ein großer Bestandteil, aber er konnte auch nicht das Auto bauen." Ralf Schumacher

Damit will er keineswegs die Erfolge seines Bruders schmälern, sondern vielmehr darauf hinweisen, dass man die beiden Situationen nicht vergleichen kann: "Michael war sicherlich ein großer Bestandteil, aber er konnte auch nicht das Auto bauen. Michael war dieser Baustein, der dazukam, um das Ganze erfolgreich zu machen, aber ohne die Hilfe seines Teams hätte er auch nichts ausrichten können", argumentierte der Toyota-Pilot.

Nun steht erst einmal auf dem Programm, in der laufenden Saison wieder auf die Siegerstraße zurückzukehren, denn falls die Negativserie anhalten sollte, würde es Schumacher wohl schwer fallen, für 2008 ein Cockpit in der Formel 1 zu finden. Sein Vertrag bei Toyota läuft am Jahresende aus, die bisherige Megagage von geschätzten 14 Millionen Euro - damals noch von Willi Weber ausgehandelt - wird er künftig wohl nicht mehr bekommen.

Gage steht nicht im Vordergrund

Hans Mahr

Hans Mahr wird Ralf Schumachers neuen Vertrag für 2008 aushandeln Zoom

Das Finanzielle sei "reine Verhandlungssache, da gibt es keine fixe Zahl. Grundsätzlich ist es in der Formel 1 so, dass wir Glück haben, dass wir eine Sportart sind, in der relativ viel Geld bezahlt wird. Das ist schön, aber es ist nicht meine Motivation", stellte Schumacher klar. Sprich: Ihm und seinem Manager Hans Mahr ist wohl bewusst, dass es primäres Ziel sein muss, ein gutes Cockpit zu finden - notfalls auch für weniger Geld.

Welches Cockpit das sein wird, steht aber noch nicht fest: "Das kann ich jetzt noch nicht beurteilen, ich weiß es nicht. Dafür ist es noch viel zu früh. Wir verhandeln gerade mit Teams, mit unserem Team sind wir in Gesprächen. Aber wie gesagt: Es ist einfach noch zu früh", so der Deutsche. Nur auf eines könne man sich mit hundertprozentiger Sicherheit verlassen, nämlich darauf, dass er auch 2008 noch Formel 1 fahren wird.