• 08.06.2007 19:09

Sauber: "Ich war zu einem radikalen Schnitt bereit"

Der ehemalige Teamchef berichtet, wie es zur Übernahme des Teams durch BMW kam und warum er heute alles andere als ein Rentner ist

(Motorsport-Total.com) - Es war 1993, als Peter Sauber in die Formel 1 einstieg. Im vergangenen Jahr ging das Team erstmals unter der Flagge von BMW an den Start, der Name Sauber lebt aber nicht nur in Form des Namens in der Teambezeichnung weiter. Auch der 63-jährige Sauber ist weiterhin im Team tätig, als Berater.

Titel-Bild zur News: Peter Sauber

Sauber ist froh, dass er mit BMW einen guten neuen Teambesitzer gefunden hat

Wie es zu seinem Verkauf seines Teams an die Bayern gekommen ist und warum er auch heute noch viel zu tun hat, verrät er im Interview mit unseren Kollegen des emagazine der Credit Suisse

Frage: "Wann dachten Sie das erste Mal ans Thema Nachfolge?"
Peter Sauber: "Vor etwa acht Jahren habe ich mir im Stillen Gedanken darüber gemacht, wie es weitergehen könnte, wenn ich einmal 60 oder 65 Jahre alt sein werde. Sauber ist ein extrem spezialisiertes KMU in einer exotischen Branche. In der Formel 1 kann man nicht einfach irgendeinen Industriemanager einsetzen. Der Absturz wäre geradezu vorprogrammiert. Zwischen 1990 und 2005 sind nicht weniger als 28 Rennställe verschwunden..."#w1#

"Die Leidenschaft für den Motorsport kann man nicht erzwingen." Peter Sauber

Frage: "Setzten Sie Erwartungen in ihre beiden Söhne?"
Sauber: "Natürlich habe ich mir das überlegt, aber die Formel 1 ist für private Rennställe ein Hochrisikogeschäft. Zudem hat meine Familie kein Benzin im Blut. Der eine Sohn ist Jurist, der andere Elektroingenieur. Das ist gut so: Die Leidenschaft für den Motorsport kann man nicht erzwingen."

Frage: "Wie ging es weiter?"
Sauber: "Vorerst überhaupt nicht. Mir ging es wie vielen anderen Unternehmern auch. Ich dachte den Gedanken nicht zu Ende. In der Hektik und Intensität des Formel-1-Rennsports habe ich die Nachfolgeproblematik vor mir her geschoben."

"Unsere Gespräche liefen plötzlich in eine ganz andere Richtung." Peter Sauber

Frage: "Und dann trat BMW an Sie heran..."
Sauber: "Nein, so war es nicht. Um Kosten zu sparen, suchte ich einen neuen Motorenpartner. Ich habe daher mit einigen Herstellern geredet, auch mit BMW. In dieser Phase kam es zu ernsthaften Problemen in der Zusammenarbeit zwischen Williams und BMW, so dass unsere Gespräche plötzlich in eine ganz andere Richtung verliefen."

Frage: "Welches waren Ihre Bedingungen?"
Sauber: "Mir ging es um die mittelfristige Sicherung des Standorts Hinwil und der damit verbundenen Arbeitsplätze. Hätte BMW alles nach München verlegen wollen, wären wir nicht ins Geschäft gekommen. Die Gefahr einer Verlegung war aber gering: Der Windkanal ist die beste Lebensversicherung. Wir haben einen der besten, wenn nicht den besten Windkanal der Formel 1. Darüber hinaus mussten natürlich die sportlichen Perspektiven stimmen."

"Ich hätte allerdings noch sehr gerne ein Jahr oder zwei weitergemacht." Peter Sauber

Frage: "Und Sie lösten das Nachfolgeproblem."
Sauber: "In der Tat. Ich hätte allerdings noch sehr gerne ein Jahr oder zwei weitergemacht. Aber das trat dann plötzlich in den Hintergrund. Ich wusste einfach, dass ich diese optimale Lösung wahrnehmen musste."

Frage: "Wieso haben Sie sich nicht vollständig von Ihrem Unternehmen gelöst?"
Sauber: "Ich war zu einem radikalen Schnitt bereit, aber es war der ausdrückliche Wunsch von BMW, dass der Name BMW Sauber sei, ich 20 Prozent der Aktien behalte und Mitglied des Verwaltungsrats werde. Entscheidend ist, dass ich mich nicht ins operative Geschäft einmische. Ich habe ganz bewusst mein Büro in Hinwil aufgegeben."

Frage: "Und die Trennung von Ihrem Team?"
Sauber: "Natürlich sehe ich die Mitarbeitenden etwas weniger als früher, aber ich besuche ja zehn Rennen pro Saison. Das sind dann immer einige Tage. Und ich bin auch hin und wieder im Windkanal. Bei solchen Besuchen nehme ich mir sogar mehr Zeit als früher und lasse mir von den Ingenieuren alles sehr genau erklären. Und ich lade nach wie vor alle Mitarbeitenden mit einem langjährigen Dienstjubiläum zu einem Nachtessen in die 'Kronenhalle' ein, jetzt eben auf privater Basis."

"Ich habe nicht viel mehr freie Zeit als früher." Peter Sauber

Frage: "Nun verfügen Sie über viel Freizeit..."
Sauber: "Der Eindruck täuscht. Ich habe nicht viel mehr freie Zeit als früher. Leider bin ich längst nicht mehr so effizient wie einst. Das ist das, was mich am meisten stört. Ich hatte stets Leute um mich herum, die mich organisatorisch unterstützten. Alleine ist das viel schwieriger. Und auch heute habe ich oft Termine am Nachmittag."

Frage: "Dies aber nach einem gemütlichen Morgen zu Hause bei Ihrer Frau."
Sauber: "Während Jahrzehnten ging ich frühmorgens aus dem Haus. Meine Frau hat sich auf diese Situation eingestellt und ihr Leben entsprechend organisiert. Solche Gewohnheiten kann man nicht von einem Tag auf den anderen ändern. Deshalb mietete ich ein Büro im Seedamm-Plaza."

"Man kann sich übrigens gar keine Vorstellung davon machen, wie viel Post ich dort erhalte. Hunderte von Einladungen zu karitativen, sportlichen, kulturellen oder wirtschaftlichen Anlässen. Ich muss aber sehr selektiv vorgehen, damit es nicht zu viel wird. Und wenn ich alle Anfragen selbst beantworten wollte, wäre ich den ganzen Tag über damit ausgelastet."

Frage: "Unternehmen Sie Ferienreisen? Feiern Sie auf einer Yacht luxuriöse Feste?"
Sauber: "Wir haben eine Ferienwohnung in Laax, und unser Ziel ist es, den Juli und den Februar dort zu verbringen. An einem Februar-Weekend Ski zu fahren, ist 36 Jahre lang undenkbar gewesen. Das werden wir nun nachholen, solange es die Gesundheit zulässt. Ich fahre nun auch wieder vermehrt mit dem 'Töff' (Motorrad ). Eine Yacht oder andere derartige "Spielzeuge" zu besitzen, hat mich nie gereizt. In dieser Beziehung ist mein Leben - für Außenstehende - nach wie vor nicht spektakulär."